Bildung ist der Weg aus der Armut

Vor zehn Jahren rief die Hönggerin Eva Winizki die Organisation «Ugandan Empowerment & Career Development» ins Leben. Heute führen ihre ehemaligen Schützlinge die Idee selbstständig und erfolgreich weiter.

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Die UECD feiert ihr 10-Jahre-Jubiläum.

«Alles begann damit, dass ich als Psychologin nach Ghana ging, um ethnologische Studien über traditionelle afrikanische Heiler zu machen», erzählt Winizki, die heute als Unternehmensberaterin und Paartherapeutin arbeitet. Das Interesse für Afrika hat sie von ihrem Vater in die Wiege gelegt bekommen, dieser war Kunstsammler und hatte sich auf den afrikanischen Kontinent spezialisiert. Auf einem interkulturellen Kongress in Wien lernte sie später Kolleginnen und Kollegen aus Uganda kennen und wurde eingeladen, an der Makerere Universität in Kampala Vorträge und Workshops zu leiten. Ihr Thema war die Ablösung der Jugendlichen, insbesondere der Vergleich der hiesigen kulturellen Abläufe im Vergleich zu den ritualisierten Traditionen in ruralen Gebieten Afrikas. 2004 wurde sie von zwei Jugendlichen angefragt, ob es ihr möglich wäre, sie im Studium zu unterstützen. «In Uganda haben die Menschen auf dem Land so gut wie keine Möglichkeiten, an die Universität zu gehen. Die Eltern verkaufen Land und Tiere, um wenigstens das erste Semester eines ihrer Kinder zu bezahlen, aber schon nach einem halben Jahr ist das Geld weg und sie können nichts mehr verkaufen», erzählt Winizki. Also sagte sie zu, unter der Bedingung, dass der Junge, Ronald, das Mädchen, Doreen, während der gesamten Studienzeit beschützen würde. «Das war und ist auch heute noch – leider – nötig: Gleich im ersten Semester wurde Doreen von Rebellen entführt, Ronald hatte den Auftrag, sie zu befreien, was ihm zum Glück auch gelungen ist», erinnert sich die Psychologin zurück.

Selbständig die Verwaltung übernommen

Nachdem sie ihre Ausbildungen erfolgreich abgeschlossen hatten – sie ist jetzt Hebamme an der Universitätsklinik, er Anwalt bei einer grossen Kanzlei – wollten sie ihrer «Schweizer Mama» etwas zurückgeben. Sie boten an, eine Organisation zu gründen, die jungen Menschen ein Studium ermöglichte und sie dabei zu begleiten. «Sie machten es zu ihrem eigenen Projekt, und das ist die Grundvoraussetzung sowohl für die Existenz als auch den Erfolg einer NGO», meint Winizki im Gespräch. «Beides steht und fällt mit ihnen, wir haben keine Leute vor Ort, wir haben keine eigenen Schulen gebaut, sondern nutzen die vorhandenen, und übrigens guten, Universitäten der Hauptstadt». Das Fundraising übernahm die Schweizerin mit der Gründung des Vereins UECD Switzerland in Zürich. Natürlich ist die Finanzierung an einige strikte Auflagen geknüpft: Auf zwei Mädchen kommt ein Junge, der unterstützt wird. «Wir legen grossen Wert auf Frauenförderung, aber wie bereits erwähnt, ist es für Frauen allein zu riskant, es braucht immer auch einen Beschützer. Wenn die jungen Uganderinnen erst einmal einen Abschluss haben, sind sie viel selbstbewusster und stehen auf eigenen Beinen». auf dem Land haben sie ohne Berufsausbildung drei Möglichkeiten: Entweder sie werden mit einem älteren Mann verheiratet, bleiben in der eigenen Familie oder landen in der Prostitution. Mit einem Bachelor von der Universität und der Erfahrung in einer Stadt zu leben, erhalten sie Chancen auf eine Anstellung oder bauen sich die Selbstständigkeit auf. «Sich selbstständig zu machen, seinen eigenen Job zu kreieren, hat in Afrika Tradition». Wer von UECD unterstützt wurde, verpflichtet sich, fünf Jahre im Vorstand mitzuarbeiten.

Null-Toleranz bei Missbrauch

Mittlerweile konnten 20 junge Menschen durch das Studium begleitet werden, und die meisten bleiben oft länger als fünf Jahre in der Organisation. Korruption sei ein Thema, je grösser die NGO werde, erzählt Winizki. «In erster Linie basiert unsere Zusammenarbeit auf Vertrauen, aber wir kontrollieren natürlich die Budgets und stehen im engen Kontakt mit dem Vorstand in Uganda, erst, wenn von ihnen das Ok kommt, zahlen wir die Semestergebühren auf das Konto der Studierenden ein». Für diese ist das ungewohnt viel Geld und eine grosse Verantwortung, damit umzugehen. Doch nur in zwei Fällen kam es bislang zu Missbrauch. «Hier müssen wir eine Null-Toleranz-Strategie pflegen, alleine schon als Signal an die anderen. Selbst wenn die Leute das Geld für wichtige Dinge wie Medikamente für Verwandte ausgeben, dürfen wir das nicht akzeptieren, auch wenn es für uns selber nicht einfach ist». Die höchste Hürde, die es zu nehmen gilt, damit man überhaupt unterstützt werden kann, ist das Gymnasium. «Wer es bis zum Abschluss geschafft hat, in dem er zum Beispiel neben der Schule gearbeitet hat, hat bereits bewiesen, dass er oder sie das wirklich durchziehen will und kann», erklärt Winizki dieses Auswahlkriterium. Trotzdem haben nicht alle, die gerne ans Gymnasium wollen, auch die Möglichkeit, – wieso nicht auf dieser Stufe schon fördern? «Auch Uganda hat die UNO-Verträge unterzeichnet, die das Land verpflichtet, Schulen zu betreiben und den Schulbesuch obligatorisch zu machen. Wir wollen ihnen nicht die Arbeit abnehmen, sondern dort einwirken, wo der Staat nichts mehr macht».

Armutsbekämpfung ist das Ziel

Zehn Jahre sind seit der Gründung der UECD vergangen. Ausgeschrieben wird das Projekt nirgends, dazu ist es viel zu klein, man erfährt über Empfehlungen davon. Zwei Studierende pro Jahr konnte man bislang unterstützen. «In diesem Jahr haben wir es geschafft, eine dritte Person aufzunehmen». Nach zehn Jahren, so heisst es, ist der Familien- und Freundeskreis an Spendern ausgeschöpft, «jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, die Organisation und das Fundraising zu professionalisieren», sagt Winizki. Das sei zurzeit die grösste Herausforderung. «Aber wir sind überzeugt, dass unser Projekt sinnvoll ist und sehen auch, dass es funktioniert, eben gerade deshalb, weil es keine Menschen von ausserhalb dazu braucht, sondern in Selbstverantwortung betrieben wird», betont sie. «Der einzige Auftrag, den die Schweizerische Entwicklungshilfe hat, ist Armutsbekämpfung über Bildung. Das ist auch unser Ziel, das werden wir verfolgen, solange es geht». Bildung gibt den Menschen auch Selbstbewusstsein, das ist bei der hohen Arbeitslosigkeit wichtig. Mit einer guten Berufsausbildung bleiben die Leute im Land und kommen nicht nach Europa, können ihren Kindern wieder eine Berufsausbildung ermöglichen und unterstützen ihre jüngeren Geschwister, eine Bildung zu erlangen – eine nachhaltige Entwicklungshilfe.

Weitere Informationen und Kontaktangaben unter www.uecd.ch.Verein UECD Switzerland, Ackersteinstr. 79.

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