Bilderbuch-Bundesfeier

Eine grosse Festgemeinde, ein reibungsloser Ablauf, ein prächtiges Höhenfeuer, ein ebensolches Feuerwerk und eine herrliche Sommernacht prägten die Bundesfeier auf dem Hönggerberg.

Die ersten Kinder versammeln sich für den Lampionumzug.
Lampions, Höhenfeuer und ein ganz persönliches, kleines Feuerwerk.
Eine Nationalhymne für drei Generationen.
Nur während der Nationalhymne gab es freie Sitzplätze auf dem Hönggerberg.
Nicole Barandun-Gross, Festrednerin 2016.
Ein lockerer Quartiervereinspräsident Alexander Jäger vor seiner Begrüssungsrede.
In «der Schweiz» lässt es sich doch gut spielen.
Schweizerischer geht es fast nicht: Berner Sennenhund zeigt Flagge.
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Die 1.-August-Feier auf dem Hönggerberg, wie immer vom Turnverein Höngg (TVH) und dem Quartierverein Höngg (QVH) gemeinsam organisiert und durchgeführt, erwies dieses Jahr einem Traditionsanlass alle Ehre. Auch wenn sich der Sommer bis Ende Juli noch keinen grossen Namen gemacht hatte, am Tag der Bundesfeier stimmte alles und so begannen sich nach 17 Uhr die Festbänke zu füllen, und auf dem Turnplatz machten die ersten Kinder vom Spielangebot des TVH Gebrauch. Die Männer am Grill legten die ersten Würste auf und die Getränkeausgabe kam auf Touren – beide würden an diesem Abend noch viel zu tun bekommen, hatten aber stets alles im Griff beziehungsweise eben in den Grillzangen. Auch im Griff hatte Melanie Serschön die Tasten ihres Keyboards: Vielen Hönggerinnen und Hönggern war die Polizistin bisher nur als ehemalige Kreisschefin der Quartierwache 10 bekannt, und nicht als Alleinunterhalterin, die in ihrer Freizeit ein Publikum musikalisch zu unterhalten vermag.

«Heimat ist mehr als nur ein Flecken Erde»

Kurz nach 20 Uhr begrüsste QVH-Präsident Alexander Jäger die Festgemeinde offiziell und kündigte die Festrednerin an, Nicole Barandun-Gross, Präsidentin des Gewerbeverbandes der Stadt Zürich (GVZ). Rhetorisch geschickt deutete sie bloss an, was im selben Moment landesweit an 1.-Augustreden zum Thema werden würde, ohne sich selbst jedoch darin zu verlieren. Dafür erzählte sie von ihren eigenen Kindheitserinnerungen und von Ferien, die sie kürzlich mit ihrer Familie in Russland verbrachte – und schlug so eine Brücke zu dem, was für sie Heimat bedeutet. Sie erinnerte daran, dass man Heimat – bei allem Stolz, den sie selbst für die Schweiz empfindet – nicht mit Nationalität verwechseln sollte: «Ich halte es da eher mit Stefan Zweig, der so schön sagte ˂Heimat ist mehr als nur ein Flecken Erde. Sie ist eine Gesamtheit aus Erinnerungen, Empfindungen und Emotionen˃». Und so würden für sie vor allem auch die Menschen, mit denen sie zusammenlebt, den Begriff Heimat definieren, und sie beobachte mit Sorge die Entwicklung in anderen Ländern, wo man den Zusammenhalt des Volkes nicht in der gemeinsamen Kultur, der Verfassung, den Werten und Zielen sehe, sondern die gemeinsame Abstammung als sogenanntes «Volk» betone. 

Angesichts auch in Europa subjektiv steigender terroristischer Akte ging Nicole Barandun auch auf die Sicherheitsthematik ein und auf die individuell wie auch als Gesellschaft zu beantwortende Frage, wie weit man Einschränkungen der persönlichen Freiheit in Kauf nehmen wolle, um grösstmögliche Sicherheit zu erreichen. Den Fokus in diesem Zusammenhang legte sie jedoch darauf, dass für die Schweizer Bevölkerung «Sicherheit» immer auch wirtschaftliche Sicherheit bedeute. Diese habe sich quasi zu einer Selbstverständlichkeit entwickelt, auf welche man, im Gegensatz zur persönlichen Sicherheit, kaum je einen Gedanken verwende. Weniger würde man höchstens noch an die politische Sicherheit denken, obwohl diese doch die Grundvoraussetzung für Ordnung und Stabilität sei. Was das Fehlen dieser politischen Sicherheit, speziell wenn sie mit eingeschränkter Meinungsfreiheit einher geht, bedeutet, illustrierte sie anhand einiger Erlebnisse, die sie auf einer Reise nach St. Petersburg gemacht hatte: Sie habe sich dort, mit diesen freundlichen und offenen Menschen, wunderbar über Gott und die Welt unterhalten können, sei aber auf Schweigen gestossen, als sie über Politik habe reden wollen. Ein Unbehagen sei ihr da begegnet, das hierzulande, wo jeder frei seine Meinung kundtun könne, undenkbar sei. «Meinungsfreiheit ist für uns Schweizer zentral, ohne dass wir uns jeden Tag bewusst sind, wie wichtig sie für uns und für unsere Art der Demokratie ist», schlussfolgerte die Rednerin. Und auch wenn man sich hin und wieder über den Röschti- oder andere Gräben hinweg nicht einig sei, das sei gut so, denn «in der Streitkultur zeigen sich die Stärken einer freiheitlichen Gesellschaft. Öffentliche politische Auseinandersetzungen sind der Gradmesser einer freien Gesellschaft. Dieses Leben müssen wir hochalten, politisch verteidigen und pflegen». Als Präsidentin des Gewerbeverbandes der Stadt Zürich betonte sie nicht zuletzt aber auch, dass nur in einer freiheitlichen Gesellschaft auch eine offene Wirtschaft gedeihen könne, und dass wirtschaftliche Sicherheit ebenso wichtig sei wie politische, denn: «Beides bedingt sich gegenseitig. Nur politische Sicherheit ermöglicht wirtschaftliche Entwicklung. Und nur ein Leben ohne drückende wirtschaftliche Sorgen ermöglicht eine stetige Auseinandersetzung mit den politischen Fragen durch alle Bürger und nicht nur einer privilegierten Elite». Diese Auseinandersetzung müsse aber auch stattfinden: «Wer eine Meinung hat und sie vertreten will, muss sich in unserem System betätigen. Dazu muss man nicht gleich Politiker werden», so die ehemalige Kantonsrätin, «man kann das Geschick der eigenen Umgebung auch auf andere Art in die Hände nehmen, indem man sich zum Beispiel in einem Verein oder in der Jugendarbeit engagiert. Überall hat man die Chance, die Werte einer offenen, freiheitlichen und toleranten Gesellschaft hochzuhalten und zu vermitteln». In diesem Sinne war Baranduns Geburtstagswunsch an die Schweiz, «dass sich wieder mehr von uns für die Geschicke unserer gemeinsamen Heimat einsetzen. Und zwar nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten. Höngg scheint mir in dieser Hinsicht mit aktiven Vereinen, mit zahlreichen Handel- und Gewerbebetrieben, und Menschen, die ihren Wohnort schätzen und sich für ihn engagieren, ein gutes Vorbild zu sein». Baranduns Rede wurde mit grossem Applaus verdankt und gleich darauf hiess es «Aufstehen für die Nationalhymne», die wenn auch meistens abgelesen so doch andächtig gesungen wurde.

Hymne, Lampions, Feuerwerk

Kaum war der letzte Ton verklungen, lichteten sich die Festbänke: Während viele sich bereits einen guten Platz suchten, um später ihr Feuerwerk zu zünden oder das Feuer zu betrachten, machten sich Kinder und Familien für den Lampionumzug bereit. Ein langer Zug wurde es, der sich da vom Turnplatz aus zum Wald hinunterzog, in diesem verschwand und später, ein prächtiges Bild, dem Waldrand entlang zum Turnplatz zurückkehrte. Erst jetzt war die Zeit gekommen, um das grosse Feuer zu entzünden: Das Höngger Höhenfeuer, so hiess es, sei bekannt dafür, als letztes der ganzen Stadt Zürich entzündet zu werden. Die leichte Verspätung dieses Jahr wurde also nur einem Ruf gerecht, den Höngg bestimmt mit einem Augenzwinkern trägt. Dann aber gab es kein Halten mehr: Prächtig züngelten die Flammen in den Nachthimmel und konkurrenzierten dort mit allerhand Feuerwerk, das über den ganzen Hönggerberg verteilt gen Himmel stieg. Einem kleinen Wunder gleich kam, dass das völlig ausgetrocknete Rapsfeld gleich neben dem Holbrig nicht in Brand geschossen wurde. Doch so neigte sich erst gegen Mitternacht auf dem Hönggerberg eine Bundesfeier ihrem Ende entgegen, die sich bilderbuchmässig präsentiert hatte.

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