ETH Hönggerberg
Bevölkerung grundsätzlich wohlwollend gestimmt
Am vergangenen Dienstag luden ETH und Stadt Zürich sowie der Quartierverein Höngg die Bevölkerung zu einem Dialog- und Informationsabend zum Masterplan «ETH Campus Hönggerberg 2040» ein.
13. Juni 2018 — Patricia Senn
Im Hörsaal HCI G 3 herrschte erwartungsvolle Stimmung, als die Projektverantwortlichen des Masterplans «ETH Campus Hönggerberg 2040» vor die versammelten Gäste traten. Es sei ein Generationenprojekt, eröffnete Roman Dellsperger, der den mit 2,5 Stunden doch recht langen Anlass souverän moderierte. Deshalb freue es ihn umso mehr, dass unter den Anwesenden auch ein Kind zu finden sei. Neben Ulrich Weidmann, Vize-Präsident für Personal und Ressourcen der ETH Zürich und Stadtrat André Odermatt, Vorsteher des Hochbaudepartements, sass auch Alexander Jäger, Präsident des QV Höngg, vorne mit am Tisch. Stadtrat Odermatt kam gleich in der Begrüssung auf den Elefanten im Raum zu sprechen: Die Vergrösserung des Bauvolumens auf dem Hönggerberg, insbesondere die vier Hochpunkte. Solche Bauvorhaben weckten erfahrungsgemäss Befürchtungen, die es ernst zunehmen gelte. «Wir wollen hier oben mehr machen, haben aber auch den Anspruch, es gut zu machen», versicherte er.
ETH will keine Wachstumsstrategie fahren
Weidmann, der selber 20 Jahre in Höngg und zehn Jahre in Affoltern gelebt hat, wollte gleich zu Beginn klarstellen, dass die ETH keine Wachstumsstrategie fahre, sie habe nicht das Ziel grösser zu werden, sondern besser. In seinem einführenden Referat erklärte der Vize-Präsident für Personal und Ressourcen die Inhalte des Masterplans «ETH Campus Hönggerberg 2040». Weidmann betonte, dass die geplanten Hochpunkte keine Folge einer Modeerscheinung und auch kein männliches Imponiergehabe seien, sondern ein pragmatisches Bekenntnis zu Innenverdichtung. Bei der gezeigten Vision handle es sich ausserdem nicht um ein Bauprogramm, sondern um eine Planungsgrundlage. Stadtrat Odermatt seinerseits erklärte den politischen Prozess bei der Umsetzung des Masterplans. Dazu braucht es eine BZO-Teilrevision und neue Sonderbauvorschriften (SBV). Die drei wichtigsten Unterschiede der neuen SBV zur aktuellen liegen in der Erhöhung der Volumenbeschränkung auf 1’900’000 m3, in der Erhöhung der möglichen Gebäudehöhe und der Erweiterung des Perimeters unter anderem um die Fläche, auf der das Portalgebäude auf Höngger Seite zu stehen kommen soll. Mit der Teilrevision der BZO soll das Carré auf dem Hönggerberg einheitlich zoniert werden. Die Freiräume werden durch die SBV klar definiert, ebenso wie die öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss und die Durchwegungen. Was es nicht geben werde, seien Inventarentlassungen auf Vorrat. Der Stadtrat ermunterte die Anwesenden, am offiziellen Mitwirkungsverfahren teilzunehmen. Die Hinweise aus der Bevölkerung seien wichtig, schliesslich seien die Anwohner*innen oft die besten Expert*innen für ihr eigenes Quartier.
Eiche nicht unmittelbar gefährdet
Nach dem informativen Teil wurden die Anwesenden in die Aula entlassen, wo sie sich an fünf «Marktständen» bei den jeweiligen Experten im Detail über die Bereiche Freiräume, Höhenentwicklung, Mobilität, Gesamtprojektleitung und politische Prozesse erkunden konnten. Dreiviertelstunden lang wurde angeregt diskutiert, es zeigte sich, dass die Anwohner*innen bereits sehr gut informiert waren, wie auch die Projektverantwortlichen in der anschliessenden Paneldiskussion bemerkten. Überraschenderweise war der Schattenwurf des Hochhauses auf der Affoltemer Seite ein brisanteres Thema als das Portalgebäude auf der Höngger Seite. Es wurde angeregt, dass die Hochpunkte auf den Visualisierungen anders dargestellt würden, nicht wie aktuell als reiner Volumenkubus, sondern mit realistischeren Proportionen. Wie bereits erwähnt, sei kein weiterer Ausbau von Wohnraum vorgesehen. Am Herzen lag einigen Anwesenden auch eine alte Eiche, die am Boulevard steht und von der dritten Bauetappe betroffen wäre. Diese müsste wohl entfernt werden. Weidmann gab jedoch zu bedenken, dass diese Etappe weit in der Zukunft liegt, und die Stelle erst betroffen wäre, wenn alle anderen Baufelder aufgebraucht seien. Dazu müsste ausserdem eine Schutzentlassung beantragt werden, da die Eiche in der Inventarzone des Albert-Steiner-Gartens steht. Und dafür müsste die ETH nachweisen können, dass es keine andere Alternative gibt, als auf dieser Parzelle etwas zu realisieren. «In den nächsten 30 Jahren findet so etwas nicht statt», versicherte der Vize-Präsident. Positiv beurteilt wurde die Durchwegung und die Offenheit des Areals. Auch sonst gab es viele durchaus wohlwollende Reaktionen. Weiterhin wirft der Umgang mit der Emil-Klöti-Strasse Fragen auf, ein Thema, dass die Stadt, die ETH und der Kanton in Zukunft angehen müssen.
Naturschutz auch rund um den Perimeter gewährleisten
Benjamin Kämpfen vom Natur- und Vogelschutz Verein Höngg gab zu Bedenken, dass die Hochhäuser an einer sensiblen Stelle stünden, wo jedes Jahr viele Zugvögel durchziehen. Für in der Nacht ziehende Vögel sei diese Barrikade ein grosses Hindernis. Ausserdem nehme bei einem Ausbau um fast 60 Prozent auch der Druck auf die Wälder und Landschaften rund um die ETH Hönggerberg zu. Er fordere deshalb im Namen des NVV kompensatorische Massnahmen und ein Nutzungskonzept.
In Bezug auf die Mobilität war natürlich der Meierhofplatz ein Thema. Die Befürchtung ist, dass der Verkehr am heute schon stark belasteten Knotenpunkt durch den Einsatz von zusätzlichen 80er-Busse ganz zum Erliegen kommt. Zu Spitzenzeiten sind es heute etwa 65 Busbewegungen pro Stunde, diese Zahl wird mit der Fahrplanverdichtung erhöht, liegt dann aber noch immer unter 70 Bewegungen. Zum Vergleich führte der Vertreter der VBZ, Oliver Tabbert, die Linie 46 an, die seit dem letzten Fahrplanwechsel zu Spitzenzeiten vier Busse mehr pro Stunde fährt. Dies habe bislang nicht zu einem zusätzlichen Verkehrschaos geführt. Für die Doppelgelenk-Trolleybusse, die zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt werden sollten, brauche es keine baulichen Anpassungen, informierte ausserdem Urs Nussbaum, Co-Leiter ETH-Mobilitätsplattform.
Mut zu mehr Transparenz
Architekt Marcel Knörr, der an diesem Abend ebenfalls anwesend war, glaubt, dass es nicht zu einem massiven Widerstand in der Bevölkerung kommen wird. Kritisch sieht er allerdings das Hochhaus auf der Affoltemer Seite aufgrund des Schattenwurfs. «Was mir an der Präsentation auch nicht gefallen hat, ist die Visualisierung der Hochhäuser», meinte Knörr. «Ich bin der Meinung, die Stadt sollte diese nicht als fast durchsichtige Glaskörper darstellen, sondern so, wie sie effektiv sind». Eine Forderung, die auch Alexander Jäger im abschliessenden Gespräch noch einmal einbrachte. Ausserdem wünsche er sich mehr Transparenz bei den Zahlen: «Die Projektverantwortlichen sprechen von einer Erhöhung der möglichen Baumasse um 30 Prozent», meinte Jäger, «dieser Vergleich bezieht sich jedoch auf die maximale Baumasse in den existierenden Sonderbauvorschriften, nicht auf den Ist-Zustand. Gemessen am heutigen Baustand wären es rund 58 Prozent mehr Baumasse, die möglich wäre». Auch was den Einsatz von Doppelgelenk-Trolleybussen angehe, regte er an, der Bevölkerung auch zu erklären, wieso dieser nun plötzlich möglich sei, nachdem er lange ausgeschlossen worden war. Sowohl von Seiten der ETH als auch von der Stadt wurden die Anregungen offen angenommen. «Es ist uns wirklich ernst mit dem Einbezug der Bevölkerung», betonte Ulrich Weidmann zum Schluss nochmals. Stadtrat Odermatt seinerseits werde vor allem auch die Frage nach dem Naturschutz rund um den Perimeter mitnehmen, das müsse im politischen Prozess unbedingt angeschaut werden. In diesem Sinne schwörte Stadtrat Odermatt die Versammlung ein: «Bleiben wir im Dialog, dann gibt es am Ende auch ein gutes Resultat».
Die öffentliche Auflage der Sonderbauvorschriften und der BZO dauert vom 2. Juni bis zum 31. Juli 2018. Weitere Informationen und Pläne unter https://www.stadt-zuerich.ch/hbd/de/index/staedtebau_u_planung/mitwirkung/oeffentliche_auflage.html
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