Politik
Bestellen und bezahlen
In diesen Tagen beschäftigen sich die Parlamente aller Stufen mit den Budgets des kommenden Jahres. Für viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist es ein Höhepunkt im Amtsjahr, wenn sie bestimmen können, wie viele Mittel den Regierungen zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben zur Verfügung stehen sollen.
16. Dezember 2014 — Eingesandter Artikel
Ich möchte die Bemühungen für einen sparsamen Umgang mit Steuergeldern und eine ausgeglichene Rechnung nicht lächerlich machen. Doch bei der diesjährigen Debatte im Kantonsrat ist mir wieder einmal aufgefallen, wie viele Fraktionen ihre politischen Forderungen während des Jahres bei der Budgetdebatte wieder vergessen.
Wenn wir im Restaurant sitzen und Speis und Trank bestellen, so ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir vor dem Gehen unsere Rechnung begleichen. Alles andere ist Zechprellerei. Wenn wir während des Jahres in einem Parlament sitzen und in Voten und Vorstössen die Förderung irgendeiner Tätigkeit durch die öffentliche Hand verlangen, so vergessen dies viele Parlamentsmitglieder vor lauter Sparbemühungen bei der Budgetdebatte.
Man soll sich an eigene Forderungen erinnern
Einige Beispiele: Während des Jahres ruft vor allem die grösste Fraktion des Kantonsrates nach mehr öffentlicher Sicherheit. Doch die Budgets von Justizbehörden und Polizei werden gekürzt. Das hat zur Folge, dass zum Beispiel die Strafverfolgungsbehörden weiterhin ohne mobile Computer arbeiten müssen, womöglich Gefängnisstrafen ausgesetzt werden oder der erst gerade erreichte Sollbestand der Kantonspolizei nicht gehalten werden kann.
In der Finanzdirektion wird eine Stelle für die Korruptionsbekämpfung nicht bewilligt. Welche Konsequenzen hat denn da das Parlament aus der BVK-Affäre und den Bestechungen des ehemaligen Chefs des Kantonalen Wirtschaftswesens, Raphael Huber, gezogen? In beiden Fällen hat der Kantonsrat immerhin eine PUK mit einer Untersuchung beauftragt, welche auch Empfehlungen für die Zukunft publizierte.
Oder in der Gesundheitsdirektion wurden trotz der Warnungen des bürgerlichen Gesundheitsdirektors bei den Ausbildungen der Assistenz- und Oberärzte fünf Millionen Franken gespart. Gleichzeitig wird von den gleichen bürgerlichen Kreisen immer wieder beklagt, dass immer mehr ausländische Ärzte in den Zürcher Spitälern tätig sind. Mit solchen Beschlüssen wird die Attraktivität von Zürich für den Ärztenachwuchs bestimmt nicht verbessert.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die so sparbewusste Parlamentsmehrheit im Kantonsrat auch bei der Budgetdebatte an ihre eigenen Forderungen für einen attraktiven Wohn-, Arbeits- und Bildungsstandort Zürich erinnert, wo sich die Bevölkerung sicher fühlen kann und auch die Gesundheitsversorgung für alle auf einem guten Niveau ist.
Benedikt Gschwind, Kantonsrat SP10
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