Dagmar schreibt
Apropos Gen Z
Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute über eine Begegnung, die anders verlief, als sie es erwartet hätte.
12. Oktober 2025 — Dagmar Schräder
Neulich, da war ich einmal wieder spazieren. Nicht ganz alleine, sondern, wie so oft, mit ein paar Hunden. Das gehört zu meinen Hobbys. Und tut Körper und Geist gut. An diesem Nachmittag hatte ich zwei Hunde dabei, einen grossen und einen ziemlich kleinen, und war mit ihnen auf einem Feldweg unterwegs. Die beiden Vierbeiner trotteten ohne Leine neben mir her, weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, wir genossen die Dreisamkeit. Ich hing meinen Gedanken nach, die Vierbeiner verfolgten im Feld eine Erfolg versprechende Mäusefährte.
Da überholte mich von hinten unverhofft ein «Elektrotöff». Der Fahrer war ein Jugendlicher, vielleicht 17 Jahre alt. Er fuhr laut- und grusslos an uns vorbei, rollte gut hundert Meter den Weg weiter und hielt plötzlich unvermittelt an. Der Teenie stieg von seinem Roller, steckte sich eine Zigarette an und blickte in unsere Richtung. Oh Mann, was soll denn das? Was will der Typ wohl, fragte ich mich. Muss der ausgerechnet hier anhalten? Fühlt sich wohl besonders cool, führte ich, die Augen innerlich verdrehend, meinen gedanklichen Monolog.
Ich erwog kurz, meine Route kurzfristig abzuändern und einfach umzukehren, verwarf diese Idee jedoch schnell wieder. Das hätte albern ausgesehen. Ausserdem war ich mir ehrlich gesagt auch nicht ganz sicher, ob die Hunde mein Kommando so schnell befolgt hätten, dass ich mich nicht durch wiederholtes Rufen vor dem Jüngling blamiert hätte. Und diese Blösse wollte ich mir auf keinen Fall geben.
Wir liefen also weiter auf ihn zu, in der Hoffnung, unbehelligt passieren zu können. Doch kaum waren wir auf seiner Höhe, räusperte er sich und sprach mich an. Oh nein, jetzt kommts, dachte ich mir. Entweder macht der Typ jetzt einen doofen Witz oder er sucht die Konfrontation. Ich gab mir also alle Mühe, möglichst viel Coolness und Selbstvertrauen auszustrahlen.
Aber meine Sorge war völlig unbegründet: «Was ist denn der Grosse für eine Rasse?», fragte der Junge. «Ein grosser Schweizer Sennenhund», antwortete ich ihm, leicht verwundert, dass er sich für so etwas überhaupt interessierte. Noch mehr erstaunte mich seine nächste Aussage: «Oh, wie schön. Hunde heilen einfach die Seele.» Ich traute meinen Ohren kaum. So ein poetischer Satz aus dem Mund eines Teenagers. «Hunde lassen einen nie allein», fuhr er fort. «Sie sind einfach immer für einen da. Mein Bruder hat auch einen. Und der hat mir schon in ganz vielen Situationen geholfen.»
Sprachs, lächelte mich an, grüsste höflich und rollte geräuschlos davon. Ich war zugegebenermassen etwas perplex. Der sonderbare Halbwüchsige hatte vollkommen recht: Hunde heilen tatsächlich die Seele. Manchmal nur schon durch die unerwarteten und wertvollen Begegnungen, die sie einem ermöglichen.
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