An der gleichen Leine ziehen

Begegnungen zwischen Hunden und Menschen verlaufen nicht immer optimal. Daran sind eigentlich immer die Menschen schuld – aber nicht nur die ­Hunde­halter*innen. Oft sind Unwissenheit oder Missverständnisse die Ursache ­für Konflikte.

Der Hund muss an die Leine, wie das die Katze wohl findet? (Foto: Ilias Islam)

Hunde sind des Menschen bester Freund. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Leute der Gesellschaft eines pelztragenden Mitbewohners erfreuen – vom Alaskan Malamute bis hin zum Zwergspitz. Auch in Zürich wächst die Anzahl der gehaltenen Hunde: Rund 8000 der treuen Vierbeiner sind im Jahr 2022 als Haustiere registriert. Damit nehmen auch die Begegnungen zwischen Hundehalterinnen, Spaziergängerinnen, Velofahrerinnen und Joggerinnen zu. Und das sorgt zuweilen für Konflikte oder Auseinandersetzungen.

Missverständnisse oder Unwissenheit
Esther M., Halterin mehrerer Hunde aus Höngg, hat sich aus diesem Grund bei der Redaktion gemeldet. Ihr liegt ein respektvoller Umgang miteinander am Herzen. Dennoch hat sie bereits des Öfteren unangenehme Erfahrungen gemacht, die durchaus vermeidbar gewesen wären. Grundsätzlich hat sie viel Verständnis dafür, wenn jemand nichts mit Hunden zu tun haben möchte und sich bedrängt fühlt, wenn ein Hund zu nahe kommt: «Ich weiss, dass es Hundehalterinnen gibt, die sich wenig verantwortungsbewusst verhalten. Begegnungen mit Hunden, die ohne Leine unterwegs und nicht gut abrufbar sind, können sehr viel Stress bedeuten und durchaus gefährlich werden. Da sind alle Hundehalterinnen in der Pflicht.»

Es gibt jedoch auch Situationen, die selbst für verantwortungsbewusste Hundehalterinnen brenzlig werden können. M. und ihre Hunde etwa haben nicht nur die vorgeschriebene Grundausbildung in der Hundeschule genossen, sondern zudem zahlreiche Weiterbildungen absolviert. Im Quartier sowie in Wald- und Waldesnähe sind ihre Tiere zudem stets an der Leine: «Ich würde sagen, unsere Hunde sind gut erzogen und wir tun unser Bestes, um Rücksicht auf die anderen zu nehmen. Doch Hunde sind immer noch Tiere und haben gewisse Instinkte.»

Mehrfach schon sind aus diesem Grund auf den Spaziergängen Konflikte entstanden, weil Velofahrerinnen und Joggerinnen sich so verhalten haben, dass der instinktive Schutztrieb bei ihren Hunden aktiviert wurde. «Wenn ein Velo aus dem Nichts von hinten auftaucht und eng an unserem Hund-Mensch-Rudel vorbeifährt, weckt dies bei meinen Hunden das Bedürfnis, mich zu beschützen. Auch Joggerinnen, die ohne Voranmeldung dicht an der Gruppe vorbeirennen oder gar zwischen den Hunden durchrennen, stellen eine Herausforderung dar.»

Die Tiere reagieren dann mit Bellen auf die «Eindringlinge» und versuchen, sie von ihrer Besitzerin fernzuhalten. Das kann trotz Leine zu sehr unangenehmen Situationen führen – selbst wenn das Verhalten aus Hundesicht nur logisch und artgerecht ist und in anderem Kontext vielleicht sogar eingefordert wird.

Beidseitige Rücksichtsnahme und Verständnis
Was M. bei solchen Begegnungen fehlt, ist ein Bewusstsein dafür oder auch nur das Wissen darüber, wie die Tiere auf bestimmte Situationen reagieren können. «Ich würde mir zum Beispiel wünschen, dass sich Velofahrende, die von hinten kommen, kurz durch ein Klingeln ankündigen und in angemessenem Tempo und Abstand an uns vorbeifahren. Auch bei Joggerinnen würde es Sinn machen, sich zu melden – und die Geschwindigkeit ebenfalls zu drosseln. Dann kann ich mich und die Hunde auf die Begegnung vorbereiten.» Erfordert keine grosse Arbeit, erspart aber unter Umständen eine Menge Ärger.

Ein anderes Problem, das von verschiedenen Hundehalterinnen wahr­­genommen wird, ist die Tatsache, dass Hunde oft ungefragt angefasst oder gestreichelt werden. Hier sollte, so der Wunsch, doch da­rauf Rücksicht genommen werden, dass nicht alle Hunde es mögen, von Fremden berührt zu werden.

Codex Veterinäramt
Ein Verhaltenskatalog, der in genau diesen Situationen helfen kann, ist die vom Veterinäramt des Kantons Zürich herausgegebene Broschüre «Codex Hund». Hier sind zehn einfache Grundregeln für Hundebesitzerinnen sowie sechs für Nichthundehalterinnen zusammengefasst, die Tipps für die geschilderten alltäglichen Begegnungen geben. Auch das richtige Verhalten für Personen, die Angst vor Hunden haben, wird thematisiert.
Für Kinder wurde eine eigene Broschüre erarbeitet, Lehrpersonen können sich mit ihrer Klasse zudem zu einem Kurs im Rahmen des Programms «Prevent a bite», das in Kooperation mit dem Zürcher Hundeverband durchgeführt wird, anmelden.

«Der Codex erklärt eine ganze Menge an Verhaltensregeln», so M. «Meiner Ansicht nach ist er jedoch noch viel zu wenig bekannt. Selbst ich habe ihn erst nach dem Auftreten eines Konfliktes erhalten. Es wäre sehr hilfreich, ihn auch unter Nichthundehalterinnen besser bekannt zu machen.» Damit weniger Missverständnisse entstehen und sich Hundeliebhaberinnen und Sportler*innen mit gegenseitigem Respekt begegnen können.

Tipps für Hundehalter*innen

Codex Hund
Unter dem Titel «Codex Hund» hat das Veterinäramt eine eigene Website mit Informationen zum Umgang mit Hunden geschaltet.

Kurse für Hundehalter*innen
Auch zu den für Hundebesitzer*innen vorgeschriebenen Kursen informiert das Veterinäramt. Momentan sind Welpen-, Junghund- und Erziehungskurse für Hunde ab einer gewissen Körpergrösse vorgeschrieben. Das Hundegesetz und die Hundeverordnung des Kantons Zürichs wird in naher Zukunft eine Änderung erfahren.

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