Altes Leichenhaus als neue «Bonehouse»-Lounge

Der Reformierten Kirche steht das Wasser finanziell zunehmend bis unters Kirchturmdach. In Anbetracht schwindender Steuereinnahmen sind innovative Ideen gefragt. Einmal mehr kommt eine davon aus der (noch) eigenständigen Kirchgemeinde Höngg.

4
Am passenden Ambiente der «Bonehouse»-Lounge wird bereits gearbeitet.
Dieser einmalige Ausblick auf die Stadt Zürich wird sich den künftigen Besuchern der neuen Lounge bieten.
1/2

Dass die Kirche Höngg, wie alle Reformierten Kirchgemeinden, mit sinkenden Steuereinnahmen zu kämpfen hat, ist ein offenes Geheimnis. Dass sie deshalb auf neue Einnahmequellen angewiesen ist ebenso. So wurde zum Beispiel im Zusammenhang mit der Finanzierung des neuen Familien- und Generationenhauses «Sonnegg» ins Spiel gebracht, das alte Sigristenhaus an der Regensdorferstrasse 46 für «einen neuen Wohnungsbau zu aktivieren beziehungsweise ertragsorientiert zu überbauen». Oder, in einem möglichen späteren Prozess, im Kirchgemeindehaus an der Ackersteinstrasse durch zusätzliche Vermietungen neue Erträge zu generieren oder gar nicht mehr benötigte Räume «an einen Dauermieter abzugeben oder zu verkaufen». Und, wie im «Höngger» vom 21. März 2013 nachzulesen ist, überlegt man sich, das Land gleich neben dem Alterswohnheim Riedhof, an der Ecke Riedhofstrasse/Reinhold-Frei-Strasse, im Baurecht abzugeben.

«Bonehouse»-Lounge an Top-Lage

Weil dies jedoch alles nur längerfristig Erträge verspricht, will die Reformierte Kirchgemeinde Höngg nun quasi schneller Wasser zu Wein machen und geht unter die Lounge-Betreiber, denn, und dies ist längst nicht nur der Kirche aufgefallen, in Höngg gibt es bislang keine Lounge, die ihren Namen verdienen würde. Konkret: Es gibt überhaupt keine, ausser man zählt die Sitzecke im Restaurant Desperado als solche.
Die Reformierten aber haben bereits ein passendes Objekt im Auge: Das 1902 erbaute ehemalige Leichenhaus, gleich unterhalb der Kirchhofmauer am Wettingertobel. Von dort aus hat man einen Blick über die ganze Stadt bis zu den Alpen, so schön wie sonst von keinem öffentlichen Platz im Höngger Dorfzentrum aus – dies alleine ist ein Garant für ein volles Haus und volle Kassen. Kommt hinzu: Der doppeldeutig-knackige Name, auf den man sich bereits geeinigt hat. «The Bonehouse» darf als nicht ganz stichhaltige Anlehnung an die frühere Nutzung, vor allem aber an die Nähe zum bis ins 15. Jahrhundert zurückdokumentierten Friedhof neben der Kirche gedeutet werden. Er nimmt aber auch den morbid-trendigen Chic auf, welcher durch die TV-Serie «Der Bestatter» massgeblich geprägt wurde.

Nur die Stadt muss noch mitmachen

Das Land unterhalb der Kirchhofmauer, auf dem das ehemalige Leichenhaus steht, das längst nicht mehr als solches genutzt wird, gehört der Stadt Zürich und ist seit 1989 im Inventar der Gartendenkmalpflege. Das Gebäude selbst wird heute von Grün Stadt Zürich (GSZ) als Geräteraum mit Garderobe genutzt. Beides, aktuelle Nutzung und Gartendenkmalpflege, stehen dem «Bonehouse» noch im Weg. Doch in der Kirchenpflege zeigt man sich zuversichtlich, wie ein Insider dem «Höngger» verraten hat: «Da lässt sich bestimmt eine Win-win-Situation erreichen, denn durch eine kultivierte Belebung des Gebäudes würde man auch auf die heute des Nachts schon zahlreichen – wohlverstanden lebenden – Menschen in der Parkanlage Einfluss nehmen können. Was der Stadt letztendlich einiges an Entsorgungs- und Reinigungsgebühren sparen dürfte, von anderen Einsätzen gar nicht zu reden.»

Einnahmen versus Totenruhe?

Sogar gegen das allfällige Argument, ein Lounge-Betrieb an dieser sensiblen Stelle könnte mit Paragraf 168 des Schweizerischen Strafgesetzbuches über die «Störung der Totenruhe» kollidieren, sieht man sich gewappnet: «Der Artikel dreht sich hauptsächlich um physische Aspekte der Totenruhe, und dass Lounge-Besuchende mit diesen in Konflikt kommen, kann man sich nicht ernsthaft vorstellen», so der Insider. Doch er ergänzt: «Beim Gesetzesteil, in dem es um <beschimpfenden Unfug> oder <Beschädigungen an Totengedenkstätten< sprich Grabsteinen geht, ist allenfalls heikler, sobald genug Alkohol im Spiel ist.» Doch dem will man mit entsprechend geschultem Barpersonal begegnen, das darin ausgebildet ist, notfalls trickreich Wein unter den Augen der Gäste auch mal wieder in Wasser zurückzuverwandeln.

Keine Party in der Krypta

Die Reformierte Kirche Höngg ist auch in ihren letzten Jahren als eigenständige Kirchgemeinde – bevor sie dann am 1. Januar 2019 in einer städtischen Gross-Kirchgemeinde aufgehen wird – an Innovationsdrang kaum zu bremsen und wird auch mit diesem Projekt wieder Vorbild sein für andere Gemeinden. Doch dass sich die Kirchgemeinde Grossmünster bereits überlegt, das Hauptschiff ihres Gotteshauses  jeden Freitagabend als Gothic-Partyraum und die Krypta mit der Statue von Karl dem Grossen als Darkroom zu nutzen, ist tatsächlich eine Stadtlegende.

Dieser Artikel erschien am 1. April 2015. Alle darin gemachten Aussagen und festgehaltenen Zitate sind den genannten Personen angedichtet und sollten in der Realität nicht mit diesen in Verbindung gebracht werden. Die behandelten Themen sind reine Hirn- oder andere Gespinste der Redaktion der Quartierzeitung «Höngger» – vor einer realen Adaption wird in gewissen Fällen ausdrücklich nicht gewarnt.

4 Kommentare


Themen entdecken