Alles Essig, oder was?

Ja, für einmal schon. Denn ursprünglich kommt der Essig «Pommel» aus Höngg. Das Familienunternehmen Zweifel produziert und verkauft nicht nur Hochprozentiges, sondern hat 1928 angefangen, Essig herzustellen. Pommel-Firmengründer Paul Zweifel erinnert sich im Gespräch mit dem «Höngger» an früher.

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Die damalige Essigfabrik (rot eingekreist) war eine Scheune.
Paul Zweifel mit dem bewährten Pommel- Essig.
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«1898 gründete mein Grossvater zusammen mit seinem Bruder die Firma Gebrüder Zweifel. Wir hatten Reben und Apfelbäume, aus welchen Wein und Obstsäfte hergestellt wurden. Der Wein war zu Beginn sogar wichtiger als der Most», erinnert sich der 77-jährige Paul Zweifel. 1928 bildete sich sein Vater Heinrich Zweifel in Berlin und im Südtirol in der Essigherstellung weiter. «Fortan war in der Scheune an der Holbrigstrasse, gleich gegenüber meinem Elternhaus, unsere Essigfabrik untergebracht. Früher wurde die Scheune auch als Pferdestall benutzt, denn meine Vorfahren waren Bauern.»

Obstessig war eine Neuheit

In der Scheune wurde ein sogenanntes Bildnerpaar aus Holzbottichen aufgestellt, in denen der Essig produziert wurde. Früher waren die Zutaten dafür Maiskolben ohne Körner, als Oberfläche für die Essigbakterien, und Apfelwein. Die Gärung dauerte zwei Wochen, danach konnte man aus dem Bildnerpaar 4000 Liter Essig gewinnen. «Am Schluss waren es drei Bildnerpaare, denn die Essig-Nachfrage stieg rasant, Obstessig war ganz neu auf dem Markt», so Paul Zweifel. Der erste Kunde war der Zürcher Frauenverein. Er erinnert sich, dass er mit seinem Bruder Hansheinrich und Freunden im Primarschulalter gerne in die vielen Tonnen gelagerter Äpfel oder in den Trockentrester gesprungen sei – nicht zur Freude der Mutter, mussten doch danach die Kleider gewechselt werden. Es wurde nur einmal pro Woche gebadet, nämlich am Samstag: «Eine Stunde dauerte es, um den Holzofen anzufeuern und das Wasser zu wärmen, dann hiess es vom Müeti: ‹Ab id Badwanne!›» Auch Apfelschlachten gehörten zu den wilden Spielen dazu: «Trieben wir es zu verrückt, warfen uns die Arbeiter aber ‹rassig› zur Bude hinaus. Wir haben uns schon einige Freiheiten herausgenommen », lacht Paul Zweifel. Als Teenager hätten er und sein Bruder dann die Lastwagen mit den mit Apfelwein oder Obstessig gefüllten Holzfässern beladen und dafür beim «Znüni» vom alkoholhaltigen Apfelwein der Arbeiter probiert – schliesslich hätten diese den doch auch getrunken und danach noch arbeiten können.

Pommel – Essig mit Äpfeln und Honig

Die ausgewogene Rezeptur mit Honig, Molke, Kräutern und rechtsdrehender Milchsäure hat der Baselbieter François Blöchliger ausgetüftelt. Paul Zweifel und seinem Vater Heinrich gefiel der Pommel-Essig so gut, dass sie zusammen mit François Blöchliger 1969 die Firma Pommel AG gründeten, die seit 2009 ganz in Zweifel-Händen ist. Heute ist Paul Zweifels Sohn Urs der Geschäftsführer. Noch immer wird der Pommel- Apfelessig nach der Orginalrezeptur produziert und in der gleichen, auffälligen Flaschenform verkauft. 1992 war die Flasche im «Magazin» des «Tages-Anzeigers» gar «Das Ding». Dank einer kurzen Erwärmung vor der Abfüllung kann auf Konservierungsstoffe verzichtet werden. Schweizer Äpfel bilden den Hauptbestandteil, aus deren Süssmost dann vergorener Apfelwein entsteht und aus diesem dann Apfelessig. «Oft wird Apfelsaftkonzentrat verwendet. Das ist bei uns nicht der Fall», so Paul Zweifel stolz.

Jetzt im Aargau hergestellt

In der Zeit von 1964 bis 1974 wurde der Pommel-Apfelessig in Höngg hergestellt. Danach wurde die Produktion in die aargauische Freiämter Mosterei, kurz Fremo, ausgelagert. «Wir hatten den nötigen Platz für die Essigherstellung hier in Höngg einfach nicht mehr, zudem roch es früher einmal nach Essig, dann wieder nach Chips aus unserer Chipsherstellung – je mehr Leute nach Höngg zogen, desto mehr störten sie diese Gerüche. » Die Kräuter werden in Höngg nach einem Geheimrezept gemischt und dann persönlich zur Fremo geliefert und dem Pommel-Essig beigemischt, genauso wie der Honig, der dem Essig den besonderen Geschmack verleiht und die Essigsäure mildert. Exportiert wird Pommel vor allem nach Deutschland und Luxembourg, früher auch nach Österreich. Die grössten Essig-Abnehmer sind Volg und Spar sowie Reformhäuser und Spezialitätenläden – und natürlich die Zweifel-Vinarien. «Pommel hat einen sehr guten Ruf, wir erhalten viele Kundenrückmeldungen, vor allem aus dem Gesundheitsbereich», freut sich Paul Zweifel. So verwenden viele Kunden ihn nicht nur für die Salatsauce, sondern auch für einen Apfelessigdrink, als feuchten Umschlag bei Insektenstichen oder als Fussbad – die Anwendungsmöglichkeiten sind unbegrenzt.

Pauls Salatsauce
1 Esslöffel Pommel-Essig
2 Esslöffel Rapsöl
½ Esslöffel Holunderblütensirup
Aromat oder Gewürzsalz «und suscht nüt».
Diese Sauce passe besonders gut zu Nüsslisalat, so Paul Zweifel, der jeweils noch einen Löffel Essig pur vom Salatbesteck probiert, um seiner Gesundheit etwas zuliebe zu tun.