Gemeinsam, barrierefrei und selbstbestimmt

Am letzten Sonntagmorgen bot die Heilig-Geist-Kirche ein ungewohntes Bild: Einige Stühle wurden entfernt, um Rollstühlen Platz zu machen. Liederblätter in Blindenschrift lagen auf. Menschen, die gehörlos sind, wurden in der Kommunikation unterstützt durch eine Gebärdensprach-Dolmetscherin. Das war der «Mitenand- Gottesdienst».

Menschen mit und ohne Behinderung geniessen den «Mitenand-Gottesdienst».
Hier wird das Vaterunser in Gebärdensprache gebetet.
Musiker Philipp Holenstein an der Querflöte.
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Ingeborg Hildbrand, Behindertenseelsorgerin, die den Gottesdienst vorbereitet hat, bespricht sich mit ihren Helfern. Neugierig kommen die Gottesdienstbesucher in die Kirche. Gemeinsam mit 31 Menschen mit sichtbarer, nicht sichtbarer oder intellektueller Behinderung Gottesdienst feiern, das hat es in Heilig Geist noch nicht gegeben.
Eröffnet wird der Gottesdienst mit einem Duett von Pius Dietschy, Orgel, und Philipp Holenstein, Querflöte, einem Musiker mit Behinderung. Ingeborg Hildbrand begrüsst die Gottesdienstbesucher, speziell die Bewohner vom Wohnzentrum Frankental, die den Gottesdienst mitgestalten. Sie haben Pakete, Taschen und Körbe mit Kerzen vor den Altar gelegt, die auf die Segnung warten. Denn am Fest Maria Lichtmess, das heute gefeiert wird, ist es ein alter Brauch, Kerzen weihen zu lassen.

Dank und Fürbitten werden vorgetragen

Das Jesuskind wird während dem Evangelium, begleitet von der Osterkerze, von Behinderten durch den Mittelgang nach vorne getragen und sanft auf den vorbereiteten Platz gelegt.
Der Dank und die Fürbitten werden von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne Behinderung vorgetragen; dazu wird jeweils eine Kerze angezündet. Gemeinsam wird das Lied «Du bisch s’Liecht vo dä Wält» gesungen.

Das «Miteinander» berührt

Das Miteinander, die spürbare Gemeinschaft von Menschen mit und ohne Behinderung, berührt viele der Gottesdienstbesucher. Eigentlich sollte sie selbstverständlich sein; Generalvikar Josef Annen sagt: «Wenn Menschen mit Behinderung in der Kirche fehlen, sind wir nicht Kirche.»
Inklusion ist das neue Wort, das man überall hört. Inklusion – was ist das eigentlich, was genau bedeutet dieses Wort? Inklusion heisst wörtlich übersetzt «Dazugehören», also das Gegenteil von Ausschliessen. Wenn jeder Mensch, mit oder ohne Behinderung, überall dabei sein kann, dann ist es Inklusion.
Ein erster Schritt dahin ist heute geschehen. Am Ende des Gottesdienstes dürfen alle, die möchten, den Blasiussegen empfangen. Zum krönenden Abschluss werden alle von der «Gruppe für gesellschaftliche Anlässe» mit einem feinen Apéro verwöhnt.

Patricia Lieber und Matthias Braun, Katholische Kirche Heilig Geist

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