Politik
Zwei Jahrestage ohne Feiern
Mit den Jahren wächst die Verdrängung. Einige Geschehnisse sollten jedoch nicht in Vergessenheit geraten. Die Atom-Katastrophen von Fukushima und Tschernobyl jähren sich in diesem Jahr zum fünften beziehungsweise zum dreissigsten Mal.
12. April 2016 — Eingesandter Artikel
Jubiläen sind beliebt und wir feiern sie, um die Erinnerung an ein besonderes Ereignis wachzuhalten und sie damit noch einmal aufleben zu lassen. Ein rundes Jubiläum eignet sich besonders gut dazu. Aber an den beiden Jahrestagen von Fukushima und Tschernobyl ist bestimmt niemandem ums Feiern zumute.
Atomausstieg in Griffnähe?
Nach dem Atomunfall in Fukushima war sich auch die Schweiz der Gefährlichkeit der Kernenergie sehr bewusst. Fast hätte das Unterschriftensammeln für die Atomausstiegs-Initiative Spass gemacht, wenn der Anlass dafür nicht so traurig gewesen wäre. Soviel Zuspruch auf der Strasse für ein politisches Anliegen ist selten. Sogar der Bundesrat sprach vom nötigen Atomausstieg, und viele Leute prophezeiten uns, dass die Initiative bis zum Abstimmungstermin bereits überholt sein werde. Aber auch bei Bundesrat und Bundesparlamentariern funktioniert die Verdrängung bestens, vom mutigen Entscheid von damals ist nicht mehr viel übrig. Die Bundespolitik spielt heute wieder auf Zeit und Risiko.
Gefährlich und unrentabel
Die Diskussion über die (Un-)Sicherheit der uralten Schweizer Atomkraftwerke bricht nicht ab. Eine Sicherheitsprüfung im weltweit ältesten AKW in Beznau fand in den Wänden der beiden Reaktordruckbehälter über 1’000 Schwachstellen. Auch nach Jahrzehnten kann die Nagra die Frage nach einem Endlager für die verbrauchten Brennstäbe nicht schlüssig beantworten. Hier eine Lösung zu finden, wird zur politischen Herkulesaufgabe. Zudem kommen Studien, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren, zum Schluss, dass die Atomenergie auch aus ökonomischer Sicht keine Zukunft hat. Demnach ist es geradezu fahrlässig, weiterhin an dieser gefährlichen und unrentablen Energieform von gestern festzuhalten.
Energiewende jetzt
In den nächsten Monaten werden wir zweimal Gelegenheit haben, an der Urne über eine Atomstrom-freie Zukunft zu entscheiden. Im Juni stimmen wir bereits darüber ab, ob die Stadt Zürich die bestehenden AKW-Beteiligungen verkaufen soll. Kurz darauf kommt im Herbst die eidgenössische Abstimmung über die Atomausstiegs-Initiative. Diese fordert maximale Laufzeiten von 45 Jahren für bestehende AKWs und eine Energiewende, die auf Einsparungen, Energieeffizienz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien basiert. Mit diesen Forderungen verfolgt die Initiative die gleiche Stossrichtung wie die Energiestrategie 2050 des Bundesrates – ausser dass sie verbindliche Fristen nennt und nicht auf Zeit und somit auf Risiko spielt.
Kathy Steiner, Kantonsrätin Grüne
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