Zeit verschwenden!

Als ein Theaterprojekt sich in Luft auflöste, entschloss Alex Brunner, den Leuten Zeit zu stehlen.

Alex Brunner stiehlt jedem die Zeit, der sich darauf einlässt.

Eigentlich wollten sein Bruder und er unter dem Namen «Brüder Brunner» mit einem satirischen Theaterstück auf Tournee gehen. Doch der Bruder wurde beruflich nach China abgeordert und Alex blieb mit einem gemieteten Schaufenster und einer LED-Anlage in Höngg zurück. Wieso nicht eine Aktion daraus machen, dachte sich der Künstler und ehemalige Redaktor des Schweizer Fernsehens. Zu sehen ist das entstandene Werk seit Anfang September im Schaufenster gegenüber dem Restaurant Da Biagio an der Limmattalstrasse 239. Es kostet nichts und doch viel: Nämlich Zeit. Diese stiehlt Brunner den Passanten, die die vorbeiziehenden Wörter auf der Anzeige lesen. Vier Minuten lang. Und er macht keinen Hehl daraus, dass er genau das will. Er stellt den Leser*innen immer wieder belanglose Fragen, um sie gleich darauf aufzufordern, weiterzugehen, ihre Zeit nicht zu verschwenden. Doch man schafft es nicht, sich von den leuchtenden Buchstaben loszureissen. Es könnte ja sein, dass der nächste Satz eine Auflösung bringt. Man könnte etwas verpassen. Dem Satiriker, der von der Künstlerloge Schlaraffia ausgeschlossen wurde, weil diesem das Stück «Schreckliche Lieder» der Brüder Brunner eine Spur zu derb gewesen war, blitzt der Schalk aus den Augen. Der Kabarettist, Filmemacher, Autor, Theaterregisseur und -Schauspieler hofft, mit der Aktion in Zürich auf Tour zu gehen, «ein Schaufenster am Paradeplatz, das wäre schon gross», meint er und lacht. Er geniesst es sichtlich, nach seiner Frühpensionierung genügend Zeit zu haben, all die Ideen und Projekte ohne Druck realisieren zu können. Man darf gespannt sein, was er sich nach «Zeit stehlen» sonst noch ausdenken wird.

Aktion «Zeit stehlen» von Alex Brunner. Noch bis 8. Oktober an der Limmattalstrasse 239 zu sehen. Danach zieht die Aktion für einen Monat in die Wartau zum Coiffeur da Pino.

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