Quartierleben
Zehn Jahre vor der Türe
Sharan ist Türsteher. Heute Abend bewacht er wie bereits seit zehn Jahren den Eingang zum JuFo in Höngg. Vor dem Eingang, draussen in der lauen Frühlingsnacht, sitzen Jugendliche und unterhalten sich angeregt. Leute gehen ein und aus – Sharan kennt sie fast alle persönlich.
28. April 2011 — Redaktion Höngger
Sharan Betschart, den alle einfach beim Vornamen nennen, ist zwar nicht sehr gross, doch mit seiner breiten Statur füllt er den Türrahmen locker aus. Schon seit zehn Jahren arbeitet er ungefähr einmal im Monat freiwillig für das JuFo Höngg (siehe Kasten). Angefangen hat alles, als er selber als Jugendlicher ins JuFo ging. Damals gab es noch keinen Türsteher, dafür hin und wieder Streitereien. Sharan zeigte Eigeninitiative: Er schlichtete Streit, oder er half den Betreibern – wenn es nicht anders ging –, auch einmal Störenfriede rauszuschmeissen. Diese Aufgabe gefiel ihm so gut, dass er eine Ausbildung absolvierte, welche ihm heute erlaubt, schweizweit bei jeder Sicherheitsfirma zu arbeiten. Besonders reizt ihn an seinem Beruf die psychologische Komponente: Es ist für ihn eine stete Herausforderung, gefährliche Situationen schon im Voraus zu erkennen und dann mit friedlichen Mitteln eine Eskalation zu vermeiden. Dazu ist eine hohe Präsenz sowohl vor als auch in der Bar notwendig. Er muss beispielsweise erkennen können, wenn sich irgendwo zwei anzupöbeln beginnen: «Meistens genügt es, wenn ich mich dann für zwei Minuten zwischen die Streithähne setze und kurz mit ihnen rede», so Sharan. Aber warum arbeitet er gratis für das JuFo? Weil er dieses Angebot unterstützen will, denn er findet es gut, dass die Jugendlichen am Abend nicht draussen rumlungern müssen. Zudem geniesst er es, hier alle zu kennen. So kann er sich hin und wieder einen Spass mit den Jugendlichen erlauben und den Job manchmal ein bisschen lockerer nehmen, ohne gleich seine Autorität zu verlieren. Denn die Jugendlichen kennen seine Ansprüche und wissen, dass er – falls nötig – durchaus ernst sein kann. Wenn er dagegen im Niederdorf eine Bar bewacht, kann er es nicht so locker angehen: «Ein Türsteher, der Spässe macht, wird nicht ernst genommen», sagt Sharan. Wie Sharan arbeiten auch die Mitarbeiterinnen hinter der Bar ehrenamtlich. Beide sind ehemalige Pfadi-Leiterinnen, die unter anderem hier den Kontakt zur jüngeren Pfadigeneration pflegen. Unter den Jugendlichen, die an diesem Samstagabend im JuFo sind, befinden sich einige Pfadileiter. Sie suchen im JuFo vor allem den Kontakt zu Kollegen, für die der Ort ein beliebter Treffpunkt ist – zumal einer mit kurzem Heimweg und Preisen, welche nicht so exorbitant sind wie im Zürcher Nachtleben üblich. Oft wird das JuFo für spezielle Anlässe wie etwa einen Geburtstag gemietet. Dafür bieten die zwei Räume unter dem katholischen Kirchgemeindehaus, in denen bis um zwei Uhr in der Nacht gefeiert werden kann, die perfekte Location. Die Drinks werden professionell gemixt, und das alles zu einem unschlagbaren Preis. Das JuFo wird sicher auch in den nächsten Jahren regelmässig gut besucht sein. Und wie sieht Sharan seine Zukunft? Er möchte auf jeden Fall noch lange als Türsteher arbeiten – sicher auch beim JuFo. Vielleicht sogar noch einmal zehn Jahre.
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