Witzewelle

Die Schweiz litt vergangene Woche unter einer Hitzewelle – jeder Text, der so beginnt, würde ich im Moment sicher nicht lesen. Er würde mir Hitzepickel, juckende Rötungen in den Armbeugen und klebrige Schweissbäder im Schritt verursachen. Hitzewelle? Wenn ich das Wort nur schon höre! Bereits nach dem ersten Tag über 30 Grad überkam eine viel schlimmere Welle die Schweiz: Die mediale Hitzejammerwelle. Am Montag war es heiss und am Dienstag wurde auf allen Kanälen und in jeder Zeitung gejammert, als befände man sich gerade am Ende des Sommers vom vorigen Jahr. Liebe Medienmenschen, habt ihr so ein kurzes Gedächtnis? Erinnert sich noch jemand an den Hitzesommer 2018? Richtig, «Sommer» nicht «Tag» oder «Woche»! Nach einem bereits zu warmen Frühling schlugen die Monate Juni bis August fast alle langjährigen Rekorde, jene der Sonnenstunden wurden nach oben und jene der Regenmengen nach unten geknüttelt. Es war einfach nur heiss und eklig und man litt rund um die Uhr wie im Angesicht des Leibhaftigen im Vorhof der Hölle. Wir lebten 2018 in der Schwitz, nicht in der Schweiz. Und jetzt macht ihr so ein unsägliches Gejammer wegen einer einzigen Woche? Eine heisse Woche ist noch keinen Hitzewelle, auch wenn ab und zu eine einzelne Schwalbe gedünstet vom Himmel fallen sollte. Was ihr aus den paar Tagen gemacht habt, war eine Witzewelle (ja-ja, «lustig», ich weiss). Gut, der meteorologische Sommer dauert noch ein paar weitere Wochen und ihr habt gute Chancen, dass ihr euch als Propheten feiern lassen dürft. Nur werden euch bis dahin die Superlative ausgegangen sein, wenn ihr sie alle schon in der ersten Woche auf euren medialen Einweggrills verbrutzelt habt. Geht doch etwas sparsamer damit um: Legt ein paar ins Tiefkühlfach und setzt euch gleich dazu, das verlangsamt den Blutfluss im Gehirn und dann leidet ihr auch weniger unter dem Sommerloch – zur Not könnt ihr ja kurz ins Kühlfach nach den sauren Gurken greifen, der Blondtollenmann aus den verleidigten Staaten von Amerika füllt euch das Glas twitternd sicher regelmässig auf. Quasi ein Twittergewitter. Genau, Gewitter: Auch davon gab es diese Woche welche, ganz im Gegensatz zu letztem Jahr.

Mit kühlenden Grüssen, sich in die Ferien verabschiedend
Frank Frei

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