«Wir könnten gar nicht zufriedener sein!»

Wie meistern ältere Menschen die ihnen begegnenden Probleme, welche Bilanz ziehen sie über ihr bisheriges Leben und was erwarten sie noch für die Zukunft? Ein Ehepaar im Alters- und Pflegeheim Riedhof gibt darüber Auskunft, wie es ihnen geht.

Paul und Margrit Kühne wissen das Leben zu geniessen

Paul und Margrit Kühne, 88 und 84 Jahre alt, laden zum Interview ein. Sie empfangen den «Höngger» in ihren zwei Zimmern im vierten Stock des Alterswohnheims Riedhof – mit schöner Aussicht und einem Schlückchen Wein zum Apéro. Ein bisschen Spass muss sein, und Wein degustieren, das gehört sowieso zu ihren Hobbys.

Ein aktives Leben

An Hobbys mangelt es den beiden ohnehin nicht. Neben dem Verkosten von Wein, das sie mit Freunden und Familienangehörigen praktizieren und bei dem sie sich gegenseitig die Flasche stets verpackt schenken und dann raten müssen, aus welcher Gegend und von welcher Traube der edle Tropfen stammt, geht Paul jeden Tag mindestens eine Stunde Alphorn spielen, draussen auf dem Parkplatz des Freibads «Zwischen den Hölzern». Auch das interne Fitnessstudio besuchen die beiden täglich – «ausser sonntags», wie sie schmunzelnd gestehen, «für eine halbe Stunde, manchmal sogar schon vor dem Frühstück.» Dann ist da natürlich noch die Familie, die Kinder, Enkel und mittlerweile schon die Urenkel, die alle gar nicht weit weg wohnen und mit denen die beiden regen Kontakt haben. Vor allem Margrit ist oft im Einsatz und betreut die Urenkel regelmässig, «für sie bin ich schon fast wie eine zweite Mutter, so innig ist unser Verhältnis», erzählt sie.

Lieber zu früh als zu spät umziehen

Die Kühnes sind vielbeschäftigt – und sehr zufrieden. Sie wohnen seit 1,5 Jahren im Alterswohnheim Riedhof und haben sich sorgfältig auf ihren Umzug vorbereitet. «Wir wussten schon immer, dass wir hier wohnen wollen», erzählen sie. Das Ehepaar war schon früher jahrelang freiwillig im Riedhof engagiert und hat das Café betreut, bevor die öffentliche Cafeteria im Alterswohnheim existierte. Rund ein Jahr lang waren sie bereits im Riedhof angemeldet, als sie Bescheid bekamen, dass ein Doppelzimmer frei sei. So auf die Schnelle wollten sie eigentlich gar nicht umziehen, waren aber nach der Besichtigung schnell davon überzeugt, dass die kleine Wohnung die richtige für sie ist und konnten mit der Heimleitung eine zweimonatige Frist für den Umzug vereinbaren. So hatten sie die Möglichkeit, sorgfältig vorzubereiten, was sie mitnehmen, welche Möbel aussortiert werden und wo diese hinkommen sollen. «Für uns war es genau richtig, frühzeitig ins Riedhof umzuziehen, solange wir noch fit sind. Man weiss in unserem Alter ja nie sicher, was am nächsten Tag passiert. Und wir kennen viele Menschen, die lange mit dem Umzug gewartet haben – und schliesslich notfallmässig ins Krankenhaus mussten und nicht mehr nach Hause zurückkonnten. Da ist das Heimweh nach der alten Wohnung, die Reue über die Möbel, die schnell alle wegmussten, oft gross», erklären die beiden. Sie versuchen daher, auch andere zu überzeugen, den Schritt ins Altersheim frühzeitig zu wagen, sprechen mit Freunden und Bekannten darüber, wie leicht ihnen der Schritt gefallen ist. «Uns geht es doch hier super, es fehlt uns an nichts. Und wenn wir dann in zehn Jahren merken, dass wir immer noch fit sind und eigentlich noch länger hätten zu Hause bleiben können, ist das doch umso besser», strahlen die beiden, «dann können wir die Zeit hier noch so richtig auskosten.»

Ziele? Leben geniessen

Generell sehen die beiden ihr Leben äusserst positiv. Klar haben sie beide auch ihre Probleme gehabt, Paul hatte bereits drei Herzinfarkte, weswegen er sich mit 60 bereits frühzeitig hat pensionieren lassen, Margrit musste sich schon dreimal einer Rückenoperation unterziehen. Doch sie sind sehr dankbar für all das, was sie bis jetzt erleben durften – eine reichhaltige Fülle an Erfahrungen. «Wir haben vieles erlebt, ich war Mechaniker, Wagenführer, Buschauffeur, gemeinsam haben wir unsere eigene Beiz gehabt – es gibt gar nichts in unserem Leben, das wir rückblickend anders machen würden», schwärmt Paul, «wir würden alles nochmals genauso erleben wollen, wie es war.» Deswegen haben die Kühnes mitnichten nicht das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben oder noch dringend etwas erledigen zu müssen. Kleinere Ziele haben sie aber durchaus noch: Ferien machen, Ausflüge und Reisen etwa. Auch das Alphornspielen auf verschiedenen Gipfeln in der Schweiz steht noch an.

Mit dem Tod auseinandergesetzt

Doch den beiden ist sehr bewusst, dass das Leben endlich ist. Der Tod ist für sie immer ein Thema. «Wir sprechen eigentlich täglich darüber», erklärt das Ehepaar. «Uns ist klar, dass jeden Tag einer von uns gehen kann und der andere dann alleine zurückbleibt.» Deswegen haben sie die Einrichtung ihrer Zimmer so organisiert, dass sie sie gut aufteilen können, wenn einer von ihnen alleine in ein kleineres Zimmer umziehen muss. Auch mit den anderen Bewohner*innen im Riedhof sprächen sie offen und oft über das Thema, so die Kühnes. Vor einiger Zeit haben sie ihren Schwiegersohn verloren, «das hat uns schon mitgenommen, dass er vor uns sterben musste», trauert Margrit. Angst vor dem eigenen Tod allerdings haben sie keine – «warum sollten wir, wir sind einfach dankbar für jeden Tag, den wir noch gemeinsam verbringen dürfen.» So gut geplant und organisiert wie ihr Leben ist, so gut vorbereitet sind die beiden deshalb auch auf ihren Tod: «Wir möchten auf keinen Fall unseren Kindern und Enkeln zur Last fallen und ihnen Entscheidungen überlassen, die sie eigentlich gar nicht treffen können», sind die beiden überzeugt. Für den Fall ihres Ablebens ist daher bereits alles geregelt und festgehalten, sogar die Todesanzeigen sind schon seit Jahren fertig geschrieben, «unsere Kinder müssen nur noch das Datum und die Todesursache einsetzen», erläutern die Kühnes nicht ohne ein Augenzwinkern. Doch bis dahin werden es die beiden verstehen, ihr Leben noch in vollen Zügen zu geniessen und jeden Tag so zu nehmen, wie er ist.

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