Wer lesen kann ist im Forteil

«Ob ich seine Tochter bin?» frage ich. «Ob sie meine Tochter ist?» fragt er einen Tisch weiter hinten ins Telefon. «Nein, dafür hat sie ein F zu wenig.» Zu wenig? denke ich. Eher hat er eins zu viel. Hafner oder Haffner? Beides ziemlich gleich ausgesprochen. Er hat drei Kinder, so abwegig ist es nicht. Und kleine Betriebe sind doch bekannt dafür, Vetternwirtschaft zu betreiben, oder? Heutzutage braucht man sowieso für alles Kontakte, die schaden nie. Und doch bin ich nicht seine Tochter. Mein Vater heisst Hafner. So wie ich. Ein F. Nur ein Nachname, nicht zwingend ein Beziehungsstatus. Dieser Name steht auch unter dem Leitartikel der letzten Ausgabe. Lara Hafner, die Journalistin. Ein seltsames Gefühl. Aber, bei aller Bescheidenheit, auch ein sehr gutes. Die erste Ausgabe während meinem Praktikum beim «Höngger» in den Händen zu halten. Das fertige Produkt zu sehen, bei dessen Produktion ich ein Teil sein durfte. «Ob ich seine Tochter bin? Nein, das klingt nur so», antworte ich in den Hörer. Ich habe wahnsinniges Glück mit dieser Zeitung und dem ganzen Team, welches dahintersteht. Einen herzlichen Empfang in eine offene Arbeitsatmosphäre. Wer wünscht sich das nicht? Und falls sich jetzt jemand denkt, mmh wird sie wohl genötigt, nette Sachen zu schreiben? Ja, natürlich. Nur deshalb habe ich überhaupt eine Kolumne bekommen. Und natürlich, um mir die Zeit zu vertreiben, damit sich nicht alle ständig neue Aufgaben überlegen müssen, die man «der Neuen» geben kann. Seine Sekretärin bin ich übrigens auch nicht, ich bin Praktikantin. Auch wenn das für viele dasselbe bedeutet. Nur manchmal bin ich eben schneller am Telefon als er. Dann leite ich das Gespräch an ihn weiter und der erste Satz, den Fredy Haffner in den Hörer sagt, klingt immer wie: «Nein, sie ist nicht meine Tochter. Dafür hat sie ein F zu wenig.» Zu wenig? Denke ich dann. Eher hat er eins zu viel.

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