Wem sagt der Fuchs noch gute Nacht?

Wie war es doch aufregend, als Kind Ostereier zu suchen. Riesig erschien einen aus der Knirpsen-Perspektive Grossmutters Garten, unendlich vielfältig die Verstecke, die der Osterhase ausgesucht hatte. Doch nach dem Glauben an den Osterhasen verschwanden leider auch die Feldhasen.

Auch beim Schoggi-König ist dies leider die letzte Hasen-Saison.

Vor etwas mehr als zehn Jahren konnte ich auf dem Hönggerberg im Gebiet Bergholzweg-Russenbrünneli zwei Hasenmännchen beim Boxen zuschauen. Aufmerksamkeit heischend auf den Hinterläufen aufgerichtet, schlugen sie mit den Vorderpfoten aufeinander ein und kämpften so um die Gunst der Weibchen. Dies waren denn auch die letzten Hasen, die ich bei uns sah. Wildhüter Erwin Nüesch bestätigte auf Anfrage leider meine Vermutung: Es gibt im Hönggerwald keine Hasen mehr. Doch wie konnte es nur soweit kommen? Feldhasen wären doch eigentlich dafür prädestiniert, sich stark zu vermehren. Die Fortpflanzungszeit ist lang, beginnt bereits im Februar und dauert bis in den Herbst. Die Zeit zwischen den Würfen wird verkürzt, indem die Häsin bereits eine Woche vor der Geburt wieder trächtig werden kann – «Superfötation» heisst dies im Fachjargon. So sind bis zu fünf Würfe pro Jahr und total etwa zehn Junge möglich. Die Jungen sind bereits nach fünf Monaten geschlechtsreif – und viele pflanzen sich bereits im ersten Lebensjahr fort. Wie konnte also ein derart fruchtbares Tier einfach aus Höngg verschwinden? Die Antwort ist erschreckend: Es gibt keine Kinderstuben mehr und die Überlebenschancen für die Jungen sind gleich null! Eigentlich würde die Häsin nach einer Tragzeit von gut 40 Tagen in einer Wiese in Waldrandnähe ihre Jungen gebären. Diese sind bei der Geburt behaart und haben geöffnete Augen. Während drei Wochen sucht die Hasenmutter jeden Abend ihre Jungen auf und säugt sie mit der nährstoffreichen Milch. Danach lässt sie die Jungen in der Wiese zurück, wo diese in einer flachen Mulde bis am nächsten Abend auf ihre Rückkehr warten. Dass sich die Fussballplätze und die intensiv bewirtschafteten Landwirtschaftsflächen beim Waldrand nicht als Kinderstuben eignen, ist einleuchtend. Doch selbst wenn eine Häsin einen geschützten Fleck für die Geburt finden würde, hätten ihre Jungen keine Überlebenschancen. Zu gross ist der Fressfeinddruck durch Katzen und Hunde, Krähen und Füchse. So traurig das Schicksal der Höngger Hasen ist, die Kinder von heute können nichts dafür und sollen sich weiterhin an der Existenz des Osterhasen freuen. Mich jedenfalls konnte nichts vom Osterhasenglauben abbringen, nicht einmal das wundersame Rohr im Gartenboden, das von meiner Tante hinter meinem Rücken laufend neu mit bunten Eiern bestückt wurde.

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