Von «Mumienmusik» und Familien-Wahnsinn

Viermal spielte die Zürcher Freizeit-Bühne ihr neues Stück «Heavy Beethoven» im reformierten Kirchgemeindehaus. Wer es verpasst hat, kann es dieses Wochenende noch in Zürich-Wollishofen anschauen gehen.

Johann Sebastian Dürrnagel, Rockmusik-Fan, zeigt seiner Mutter (ganz links) und dem Rest der Familie, was richtig rockt.
Mutter Tabea Stoll, Christoph Stoll, ihr Sohn sowie Verlobter von Carmen Dürrnagel (rechts), haben ein Chrüsimüsi.
1/2

Der grosse Saal im reformierten Kirchgemeindehaus war sehr gut gefüllt am Premièren-Donnerstag letzte Woche, und gespannt warteten die zahlreichen Besucher jeden Alters darauf, dass der Vorhang sich lüftete. Doch zuerst palaverten der Lümmel Johann Sebastian Dürrnagel (Jörg Fuchs) und seine Mutter Dorothea Dürrnagel (Vreni Jenni) darüber, wer denn jetzt wem Geld spenden solle, und warum es sich lohne, wieder einmal zu duschen – und natürlich, dass man in den zahlreichen Pausen des Abends die Festwirtschaft mit Risotto, Kuchen und Getränken reichlich nutzen solle.

Schaufelbaggerlärm-Musik im Kirchgemeindehaus

Der Vorhang schwang auf, und es vermischten sich klassische und Rockmusik zu einem unsäglichen Brei – die beiden Verursacher Ludwig Dürrnagel (Alfrèd Hullai) und sein Sohn, der Gymischüler Johann Sebastian, kamen beide aus ihren Zimmern, um sich gegenseitig «anzumeckern». So fand der Vater, dass ihn die Musik der Heavy Metal-Band Metallica an den Lärm eines Schaufelbaggers in einem Steinbruch erinnere, während sein Sohn fand der «Herr Vatter mit seiner Mumienmusik» solle sich nicht so aufführen. «Herr Vatter, Herr Vatter! Jetzt hör einmal auf damit!», rief dieser aus, worauf der schlagfertige Sohnemann, notabene im Metallica-T-Shirt, altklug stänkerte, dass «Frau Muetter» ja wohl auch nicht korrekt wäre.

Weder Mann noch Sohn im Griff

Mutter Dorothea hatte weder Mann noch Sohn im Griff und bekundete der Nachbarin, dass Ludwig van Beethoven ihren Gemahl als einziger im Griff habe. Der einzige Fan von Ludwig Dürrnagel war seine Mutter Aida Dürrnagel (Renate Suter), die im selben Haus wohnte und herausposaunte, dass ihr Sohn doch sowieso «gescheiter die Frau mit dem Klavier» geheiratet hätte.
Im Wohnzimmer der Familie Dürrnagel, welches der Handlungsort des ganzen Theaterstückes war, gaben sich alle immer wieder gehörig «auf den Deckel» und bekamen immer wieder Schocks – so etwa, als sich herausstellte, dass Tochter Carmen Dürrnagel (Liliane Salzmann) schwanger war. Nur Bruder Johann Sebastian nahm es gelassen: «Soso, nur weil du die Partymurmel (die Antibabypille) auf der Kommode vergessen hast, bist du jetzt schwanger. Und was ‚workt‘ der Gute denn?» Als er erfährt, dass der Kindsvater Christoph Stoll (Johannes Schmid) Bäcker ist, meint er lakonisch: «Da häsch wenigstens immer e Turte ide Hütte!» Der einzige Verbündete des Rockmusik-Schnösels, der auf der Bühne auch mal die Gitarre schwingt, ist sein Grossvater Albert Kottmann (Heinz Jenni), ein alter Rocker, der seinem Enkel die neuesten Rock-CDs schenkt und mit träfen Sprüchen die hysterische Runde nicht wirklich beruhigt – so findet er beim bevorstehenden Besuch von Kindsvater Christoph und seiner Mutter Tabea Stoll (Jessica Di Vincenzo), dass sich Mutter Dorothea «wieder in chliine Kaftan» zwänge: «Oh je. Geteilte Schock isch halbe Schock.»

Von Äpfeln und Zwiebeln – oder Frau und Mann?

Zu guter Letzt kommt alles doch noch gut, Carmen und Christoph – ein leidenschaftlicher Heino-Musikfreund mit Ghettoblaster unter dem Arm und einer Brille mit Gläsern dick wie Flaschenböden – heiraten, Ludwig und Johann Sebastian Dürrnagel werden vom zwielichtigen, unheimlichen, augenkneifenden Psychiater Professor Doktor Flattergang (Lajos Lüscher) von ihrer Musik-Sucht geheilt und Rock-Opa Albert kann zum ganzen Brimborium nur sagen: «Frauen sind wie Äpfel – mit roten Backen schauen sie einen an, und wenn man reinbeisst, ist der Wurm drin…» Worauf die Frauen finden, Männer seien wie Zwiebeln: «Was unter der Schale hervorkommt, ist einfach ‚zum Brüele‘!»

Aufführungen «Heavy Beethoven»
Freitag, 20. März, 19.30 Uhr, Samstag, 21. März, 14.30 Uhr, im Zentrum Hauriweg, Hauriweg 17, Zürich-Wollishofen. Saalöffnung und Wirtschaft jeweils eine Stunde vor Beginn. Ticketreservationen: Telefon 044 482 83 63 oder per E-Mail: zfb@bluewin.ch. Weitere Informationen: www.zfb-hoengg.ch. An allen Aufführungen wird für eine gemeinnützige Institution gesammelt.

0 Kommentare


Themen entdecken