Vision und Illusion – oft nahe beieinander

Die Kolumne von Nicole Barandun-Gross, Präsidentin des Gewerbeverbands der Stadt Zürich.

Nicole Barandun. (Foto: zvg)

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Kürzlich attestierte man mir in einem E-Mail, dass ich schon immer «chli» stänkern würde. Und das stimmt ja auch. Wirklich gut gemacht hat die Stadt aber die Sanierung der Pestalozzianlage. Bei «Sanierung» läuten bei mir ja erst mal die Alarmglocken, weil die Stadt oft, wie beispielsweise am Bürkliplatz, übers Ziel hinausschiesst. Doch in kurzer Bauzeit wurde aus dem tristen Grün an der unteren Bahnhofstrasse eine einladende grüne Oase mit positiver Wirkung auf Klima und Biodiversität.

Auch wenn weitere Parksanierungen folgen sollen, eine richtige Fussgängerzone in der Innenstadt haben wir dadurch weder am Limmatquai noch an der Bahnhofstrasse. Sorge machen mir in diesem Zusammenhang die Verkehrsplanungen um den Hauptbahnhof und aktuell die einspurige Führung der Uraniastrasse im Gegenverkehr mit Tempo 30. Zur Verkehrsberuhigung wäre ein grösserer Wurf nötig, der nicht nur die Schikane des Autoverkehrs im Sinn hat.

Nachhaltigkeit?

Leider endet die Nachhaltigkeit der Pestalozzianlage bereits an der nächsten Hausecke. Allzugern hängen sich auch Konzerne ein grünes Mäntelchen um und möchten zeigen, dass sie nachhaltig unterwegs sind. Ihre hohen Mieten an der Bahnhofstrasse können sich dann aber praktisch nur (noch) Luxusboutiquen und internationale Billigkleiderläden leisten. Wenn man weiss, dass in der Schweiz pro Person jedes Jahr 22 Kilogramm Kleidung gekauft wird, das sind 60 Stücke, von denen 40 Prozent nie oder nur selten getragen werden (!), erstaunt es nicht, dass solche Läden wie Pilze aus dem Boden schiessen. Dass man seine alten Kleider dorthin zurückbringen kann, ist Augenwischerei und macht’s nicht besser.

Kreislaufwirtschaft!

Wahre Kreislaufwirtschaft heisst, sich überlegen, was man kauft, und, falls nötig, dank Qualität flicken oder ändern lassen – die Königsdisziplin von Spezialgeschäften und des lokalen Gewerbes schlechthin. Wer beinahe verzweifelt, da laufend Baumärkte schliessen und kaum ein Duschkopf erhältlich ist, den kann ich beruhigen. Der Sanitär im Quartier bringt und montiert ihn auch gleich. Aber nicht erschrecken, er könnte mit dem Velo vorbeikommen

Nicole Barandun-Gross
Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich
gewerbezuerich.ch

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