Politik
Verkehrte Welt im Gemeinderat
Die Vernunft ist im Gemeinderat einmal mehr dem Opportunismus unterlegen. Am Ende soll es der Höngger Bevölkerung aber recht sein.
18. August 2015 — Eingesandter Artikel
Der Höngger berichtete in der letzten Ausgabe über einen Vorstoss der SP, mit welchem Oerlikon und Altstetten besser an das Rütihofquartier angebunden werden soll. Der Takt der 89er-Linie soll dabei verdichtet und bis Mitternacht geführt werden. Tönt sympathisch. Auch der Schreibende wünscht sich eine 89er-Linie, die mehr und länger fährt. Warum haben dann an der letzten Sitzung vor den Sommerferien die Grünliberalen und die Grünen gegen diesen ÖV-Vorstoss gestimmt?
Den Steuerzahler noch mehr zu belasten? Keine gute Idee!
Die in den letzten Jahren in der Stadt Zürich umgesetzten ÖV-Projekte sind alle mit dem Segen des Kantons, respektive des Zürcher Verkehrsverbunds, umgesetzt worden. Unterstützt nämlich der Kanton ein Vorhaben nicht, muss die Stadt die vollen Mehrkosten tragen. In der aktuellen finanziellen Lage die Steuerzahler noch mehr zu belasten oder sich zu verschulden, ist keine gute Idee.
Es ist das Recht des Gemeinderates, alle möglichen Wünsche gegenüber dem Stadtrat vorzubringen. Gerade im Bereich des öffentlichen Verkehrs ist es jedoch sehr wichtig, dass man dem Stadtrat auch klare Prioritäten für neue Verbindungen, respektive den Ausbau von Dienstleistungen, aufzeigt. Für die Grünliberalen liegen diese in Höngg klar in der Region Am Wasser/Breitensteinstrasse, wo die Anwohner seit Jahren ohne richtigen ÖV-Anschluss leben müssen.
50 Prozent höhere Kapazität
Die geforderte ausgebaute 89er-Buslinie würde mit Abstand zur längsten in der ganzen Stadt werden. Lange Buslinien führen in der Tendenz zu grossen Abweichungen von Fahrplänen. Da der Rütihof neu auf halber Strecke liegen würde, wäre er am meisten davon betroffen. Die beengenden Verhältnisse in den Bussen am Morgen und am Abend werden mit der Anschaffung von neuen Gelenkbussen in weniger als zwei Jahren behoben sein. Die VBZ rechnet dann mit einer 50 Prozent höheren Kapazität für die 89er-Linie.
Bei fraglichen Verbesserungen, welche durch das Postulat erzielt würden, stellt sich die Frage, was dies denn alles kosten würde. Alleine die Taktverdichtung zwischen Montag und Freitag vor 20.30 Uhr würde die Stadt jährlich gegen eine halbe Million kosten. Denkt man so wie der verantwortliche Stadtrat Türler, werden diese Mehrkosten mit einem Abbau des ÖV an einem anderen Ort in der Stadt Zürich kompensiert.
Einen Ausbau während sieben Tagen bis um Mitternacht und die direkte Verbindung bis nach Oerlikon würde die Bevölkerung jährlich sogar ganze fünf Millionen Franken mehr kosten. Wir sind gespannt, wo der Kanton, der ZVV oder die Stadt diesen Betrag dann im ÖV einzusparen plant.
Dass die SP solche Forderungen stellt, ist ihr nicht zu verübeln. Aber warum unterstützten die sogenannten Sparapostel von SVP, FDP und CVP so einen Vorstoss? Sie sind es, die jedes Jahr zur Budgetzeit poltern und toben. Purer Opportunismus? Schliesslich stehen ja bald wieder Wahlen an. Ideologie und Opportunismus sind schlechte Wegbegleiter für eine nachhaltige Politik, die Konsequenzen sind relevant.
Guido Trevisan, Gemeinderat Stadt Zürich, GLP
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