Quartierleben
«Und Action»: Filmdreh an der Winzerhalde
In Höngg wurde kürzlich gefilmt: In einer Wohnung an der Winzerhalde 97 entstand ein grosser Teil des Films «Lovely Louise». Der «Höngger» besuchte das Filmset und schaute den Filmleuten über die Schulter.
28. Juni 2012 — Redaktion Höngger
Es regnet in Strömen, doch das Team des Filmes «Lovely Louise» lässt sich dadurch nicht stören. Stoisch laufen die Frauen und Männer in Regenstiefeln und Regenjacken durch die Siedlung der Genossenschaft für neuzeitliches Wohnen an der Winzerhalde. Hier werden Szenen des Films «Lovely Louise» gedreht, bei dem Regisseurin Bettina Oberli, bekannt vom erfolgreichen Film «Die Herbstzeitlosen», für die Regie verantwortlich ist. Drehort ist heute für einmal nicht die Wohnung von Mutter Louise, gespielt von Annemarie Düringer, sondern die Tiefgarage: In einem Garagenabteil hat ihr Sohn André, gespielt von Stefan Kurt, seine Modellflugzeug-Werkstatt. Die Geschichte handelt vom 55-jährigen André, der Taxifahrer ist und noch immer bei seiner nun achtzigjährigen Mutter Louise wohnt. Beide führen ein unspektakuläres, wenn nicht gar etwas langweiliges Leben. Plötzlich taucht der charismatische Bill auf, fünf Jahre jünger als André, und stellt das Leben der beiden ziemlich auf den Kopf. Christos Dervenis, Produktionsleiter bei Hugofilm, der Produktionsfirma, erzählt: «‹Lovely Louise› wird ein Film, der lustig, aber gleichzeitig rührend ist. Er wird von der Einsamkeit in der Zweisamkeit erzählen und nicht zuletzt von der Suche nach der verlorenen Familie.» Drehorte waren nebst der Winzerhalde das Café Sprüngli am Paradeplatz, das Wärmebad Käferberg, eine Bank und die Strassen Zürichs: Für die Taxi-Szenen waren sie ein Muss.
Konzentrierte Atmosphäre am Filmset
Von der Einsamkeit, die im Film ein grosses Thema ist, spürt man am Filmset jedoch wenig: Um die 30 Leute wuseln geschäftig herum, stehen auch mal da und warten. Als Aussenstehender hat man keine Ahnung, wer für was zuständig ist. Thomas Kamer, Set-Aufnahmeleiter, hat die Redaktorin des «Hönggers» aufgeklärt: «Beim Film ist alles sehr intensiv. Auch wenn es aussieht, als ob einzelne Leute nur herumstünden, ist dies keinesfalls so. Sie warten auf ihren Einsatz, sei dies im technischen Bereich, der Ausstattung oder beim Ressort Maske und Garderobe. Alle Rädchen spielen auf dem Filmset zusammen, man ist sehr direkt aufeinander angewiesen», so der 25-jährige Zürcher. Er ist als Set-Aufnahmeleiter für alles Logistische zuständig, das nicht im Bild ist: sei dies die Kommunikation mit Anwohnern, das Bereitstellen des Caterings oder das Delegieren von Arbeiten: Er bereitet alles vor, so dass die Filmcrew mit Drehen beginnen kann. Und am Abend ist er der Letzte, der das Filmset verlässt. Dazwischen liegen tausend Dinge, die es zu erledigen gilt.
«Und Action!»
«Bereit machen für eine Probe!», ruft der erste Regieassistent Roger Schweizer, und sofort machen sich die Kameraleute, Tontechniker und natürlich Schauspieler Stefan Kurt bereit. Bettina Oberli schaut konzentriert auf den separaten Bildschirm, gibt dem Schauspieler letzte Anweisungen, wie er mit dem Modellflugzeug zu hantieren hat, und die Szenenprobe beginnt. Nach wenigen Minuten ist sie vorbei. Jetzt gilt es ernst: die Kamera läuft, die Klappe wird geschlagen, nun heisst es «Und Action!». Dies ist der Alltag auf einem Filmset. Szenen werden so lange wiederholt, bis der Regisseur zufrieden ist. Stefan Kurt, der vor allem in Deutschland ein sehr bekannter Schauspieler ist, ist ein Profi durch und durch: Locker und doch konzentriert, mit einem Lächeln auf den Lippen, nimmt er die Anweisungen von Bettina Oberli entgegen und führt sie aus. Und so wirkt er auf dem Bildschirm dann ganz als der «Chnuschti» André, den er in «Lovely Louise» auch sein soll, und nicht wie der sympathische Stefan Kurt.
Ohne Funkgerät
Derweil spricht Thomas Kamer ins Mikrofon seines Funkgerätes, dessen Knopf er ständig im Ohr trägt. Der Dreh kommt gut voran, die Köche des Cateringwagens müssen informiert werden, dass sie das Essen bereit stellen sollen. «Ohne Funkgeräte wären wir aufgeschmissen. Am Morgen ziehe ich es mit den Kleidern an und abends auch dann erst wieder aus», so der junge Set-Aufnahmeleiter, der bereits seit sechs Jahren in der Filmbranche arbeitet. Ein Kontrollblick auf die sogenannte Dispo, die Tagesplanung, zeigt ihm, was heute für Szenen auf dem Drehplan stehen. Anhand dessen plant er die Aktivitäten auf dem Set. Auf der Dispo sind aber nicht nur die Szenen aufgeführt, sondern alle wichtigen Infos, wie Telefonnummern aller Beteiligten, wann man welchen Schauspieler wo abholen muss und wer wann kostümiert und geschminkt wird. Wird einem bei so vielen Dingen, an die man denken muss, nicht ganz «sturm» im Kopf? «Nein, gar nicht. Für mich ist es Arbeitsalltag: Jeder Tag ist anders und trotzdem herrscht eine gewisse Routine. Und nach ein paar Wochen ist es vorbei, und es wartet schon der nächste Film», so Thomas Kamer.
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