Gewerbe
Traditionsbetrieb in neuen Händen
50 Jahre Erwerbsleben seien genug, befand Reini Elsener und übergab letzten Samstag sein Fachgeschäft «2 Rad Elsener» an einen jüngeren Nachfolger.
26. Mai 2011 — Fredy Haffner
Der Name Elsener wird in Höngg seit 1938 automatisch mit Fahrrädern gleichgesetzt. Damals eröffnete Albert Elsener an der Schärrergasse sein Geschäft und seither trugen Generationen von kleinen Kindern die geplatzten Reifen ihrer «Trottinetts» – als diese noch Luft enthielten und nicht als «Micros» durch die Gegend rollten – zu Elsener, später die immer grösser gewordenen Fahrräder, zwischendurch sogar Mofas und Motorräder, um dann, selbst Eltern geworden, gleich nach dem Kinderwagenzeitalter wieder ganz unten an der Leiter der Mobilität zu beginnen. So entstehen Traditionsbetriebe, und zu einem solchen hat Albert Elseners Sohn Reinhard, den seine Freunde einfach Reini nennen, das Fachgeschäft gemacht. Er hatte 1981 das Geschäft seines Vaters, unterdessen im Untergeschoss der Liegenschaft an der Regensdorferstrasse 19, wo heute das Modegeschäft Il Punto zuhause ist, übernommen. Und in diese Lokalität traten eines Tages in den frühen 80er Jahren Studierende der ETH Zürich auf der Suche nach Bauteilen. Sie wollten an der «Tour de Sol», dem ersten Rennen für Fahrzeuge mit Solarantrieb, teilnehmen. Elsener, der sich am Abendtechnikum zum Elektroingenieur weitergebildet hatte, liess es nicht beim Materialverkauf bewenden, sondern engagierte sich auch zeitlich und finanziell für das Projekt. Zweifel-Chips und die Altstadtversicherung sponserten mit. Im ersten Jahr konnte das «Solar Team Höngg» wegen einem technischen Defekt die Tour nicht beenden, in den Folgejahren – die Tour wurde bis 1993 durchgeführt − ging es in seiner Kategorie aber drei Mal als Sieger hervor. Auf jene Zeit geht auch Elseners Affinität für Elektroantriebe zurück und so wundert es nicht, dass er das Potenzial der E-Bikes früh erkannte – heute macht dieser Geschäftszweig bereits rund einen Drittel aus. Aus dem «Solar Team Höngg» ging 1990 die Esoro AG hervor, die sich bis heute mit alternativen Antriebssystemen, Produkte- und Prozessentwicklungen sowie mit Konzeptfahrzeugen einen Namen machte. (Geführt wird Esoro von Diego Jaggi, auch er ein Höngger.) Der Raum für Elseners Vorstellungen eines Fachgeschäfts wurde am alten Standort bald zu klein und als sich 1991 die Möglichkeit bot, zusammen mit einem Architekten das Haus an der Regensdorferstrasse 4 zu erwerben, zögerte er nicht lange, baute eine Werkstatt an das Gebäude an und richtete sich neu ein. Doch nun – er erwähnt es nicht gerne und man sieht es ihm auch nicht an – erreicht Reini Elsener das Pensionsalter. «50 Jahre Erwerbsleben sind genug», sagt er schlicht. So suchte er über eine Vermittlerfirma einen Nachfolger für seinen gut etablierten Betrieb. Fündig − oder gefunden − wurde er beim beziehungsweise vom gebürtigen Berner Lukas Staub. Dieser, mit dem Abschluss als Maschinenbauingenieur der ETH Lausanne im Gepäck, wollte schon immer seine eigene Firma. Nach einem Nachdiplomstudium in KMU-Management hat er dieses Ziel nun, kurz bevor er 40 wird, erreicht. «Es ist genau so reizvoll, bestehende Arbeitsplätze in einem soliden Betrieb weiterzuführen, wie etwas ganz Neues aufzubauen. Zudem sind Fahrräder etwas Nachhaltiges, und das liegt mir sehr», begründet Staub seinen Entscheid für das Höngger Fachgeschäft. Staub ist nicht gelernter Fahrradmechaniker, hat aber einen starken Bezug zu Zweirädern: Zusammen mit seiner Frau reiste er vor zwei Jahren sechs Monate per Rad durch Australien, Neuseeland und Südamerika – über Reisevelos und Mountainbikes weiss er also ganz praktischen Rat. Zudem bleibt Ferdinand Vogel, als gelernter Mechaniker seit drei Jahren bei 2 Rad Elsener tätig, mit im Team und auch Reini Elsener ist bis in den Sommer hinein noch an zwei bis drei Tagen die Woche im Laden anzutreffen. «Das Geschäft hat sich einen extrem guten Namen für E- und CityBikes gemacht», sagt Lukas Staub, angesprochen auf die Zukunft. «Ich möchte die sportliche Seite noch etwas mehr bedienen, auch wieder etwas im Bereich Rennvelo anbieten.» Und er scherzt, bevor er sich mit Reini Elsener wieder über die Inventarlisten beugt, in breitestem Berndeutsch: «Ich muss wohl, gerade wegen meinem Namen, etwas dagegen kämpfen, dass der Laden nicht als ‹verstaubt› wahrgenommen wird.» Dieser Kampf dürfte kein Problem sein.
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