Stadt
Tradition + Innovation = Zukunft
18. April 2019 — Eingesandter Artikel
Die Bilder haben sich im wahrsten Sinne in unser Gedächtnis gebrannt: Notre-Dame – ein Raub der Flammen! Ein Grossbrand hat den hölzernen Dachstock des Meisterwerks frühgotischer Baukunst vollständig zerstört. Immerhin, die Fassaden und Türme aus Mauerwerk sind erhalten geblieben, genauso wie die Fensterrosetten, die meisten Kunstschätze im Innern und Reliquien.
Unvergessen für uns Zürcherinnen und Zürcher ist das Feuer, welches 2007 das Dach und den grossen Saal des Zunfthauses zur Zimmerleuten, eines der bedeutendsten seiner Art, zerstörte. 2010 wurde es nach umfangreichen Renovationsarbeiten wieder eröffnet. Auch das Wahrzeichen von Paris mit weltweiter Ausstrahlung soll wieder aufgebaut werden. Für einmal sind die dafür notwendigen finanziellen Mittel wohl nicht das Problem. Gesucht sind nun fähige Kunsthandwerkerinnen und -handwerker, tüchtige Fachleute, die ihren Beruf von der Pike auf gelernt haben. Selbstverständlich werden modernste Hilfsmittel, herausragende Planungstools und Technik sowie die geeignetsten Materialien zum Einsatz kommen. Am Ende wird der Erfolg des Wiederaufbaus aber abhängig sein von Männern und Frauen mit fundierten Berufskenntnissen.
So tragisch die Zerstörungen sind, so lenken sie doch den Fokus auf Berufsgruppen, die in der Regel nicht zuoberst auf den Wunschlisten der Schulabgängerinnen und -abgänger stehen. Weil wir uns bei der Berufswahl ausschliesslich auf die mit Noten bewerteten Schulfächer abstützen? Weil gängige Berufslaufbahnen gesellschaftliche Akzeptanz versprechen? Weil die Möglichkeiten in sogenannten Nischenberufen – alten und neuen – nahezu unbekannt sind? Steinmetz, Zimmermann, Restauratorin… Tänzer, Bühnenbildnerin, Multimediadesigner, Goldschmiedin…
Vielleicht ist die erste nicht die beste Wahl. Berufsberatung und Laufbahnzentrum können aufklären und weiterhelfen – Offenheit und Bereitschaft, den eigenen Talenten und Neigungen nachzugehen, sind hingegen Eigenleistung. Wohin die Reise auch gehen mag, der Start mit etwas, das man gerne macht, motiviert für alles, was kommt.
Nicole Barandun-Gross, Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich
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