Tells Geschoss traf zu Höngg

Das traditionelle Volksschiessen der Armbrustschützen Höngg vergangene Woche vermittelte einen Einblick in die Welt des leisen Schiesssports – viele nutzten die Gelegenheit.

Die Begeisterung ist ihm ins Gesicht geschrieben: Reto Hunziker freut sich über den Treffer.
Marta Hunziker braucht vonPeter De Zordi nur noch wenige Ratschläge, sie ist nicht zum ersten Mal dabei.
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Auf einem Schemel sitzend, die Füsse fest auf dem Boden, die Armbrust – aufgestützt in der Halterung – im Anschlag, das Ziel ist im Visier und die Wasserwaage ausgeglichen, Druckpunkt  finden, Atem anhalten und dann langsam den Abzug durchziehen: Mit 240 Stundenkilometern schnellt der Pfeil leise surrend von der Winzeler-Armbrust und trifft mit einem leisen «Plopp» in 30 Metern Entfernung – die Acht. Die Fläche eines Fünflibers. Der «Höngger» auf den Spuren Tells ist selbst überrascht. Klar, Profis treffen auf dieselbe Distanz das Zentrum der kleinen Scheibe, kleiner als ein Fünfrappenstück. Und das im Stehen oder Knien, die Waffe frei haltend und erst noch unter Zeitdruck, denn erst das unterscheidet die blosse Faszination, die der Laie spürt, von der Hochleistungssportart, welche das Schiessen mit der Armbrust ist. An Wettkämpfen werden zum Beispiel 30 Schuss stehend und 30 Schuss kniend in je 90 Minuten mit 15 Minuten Pause abgegeben: Das Spannen des Bogens fordert Kraft, das Zielen wiederum eine ruhige Haltung und Konzentration – der Dreiminutenrhythmus wird zur meditationsähnlichen Übung, «Plopp» um «Plopp». Um diese Faszination zu vermitteln, lädt der Armbrustschützenverein Höngg, gegründet 1892, jedes Jahr im Herbst Neugierige und Vereine zum Volksschiessen. Dieses Jahr nutzten 130 Frauen und Männer die Gelegenheit, viele nicht zum ersten Mal. 15 Mannschaften aus anderen Höngger Vereinen und 11 Gästemannschaften schossen um die Wette. «Am Donnerstag war das Schützenhaus voll, der Freitag war durchschnittlich und am Samstag kamen die Gäste noch tropfenweise», erzählt Präsident Peter De Zordi. Ziel des Anlasses ist es auch, neue Mitglieder zu  finden. Doch das gelingt kaum, wie Kassier Heinz Vetsch, Schütze seit 1991, feststellt: «Das Überangebot an Freizeitbeschäftigung spüren wir schon und viele scheuen das Engagement in einem Verein.» Dabei macht dieser alles, um den Einstieg zu erleichtern: Mitbringen muss man abgesehen von festem Schuhwerk nichts – die Waffe und die Schutzkleidung stellt der Verein zur Verfügung. Vereinsmitglieder haben einen eigenen Schlüssel zum Schützenhaus und können trainieren, solange es die Lichtverhältnisse zulassen, denn gestört wird dadurch niemand. Auch in der Juniorenarbeit ist der Verein aktiv: Je nach Körpergrösse kann ab zehn Jahren mit dem Sport begonnen werden. Gerade im November startet wieder ein neuer Kurs über die 10 Meter Distanz, vier Buben haben sich angemeldet. Doch von einem Andrang kann man nicht gerade sprechen, gibt Vetsch unumwunden zu: «Auch wenn sich immer wieder Junge begeistern lassen, die Faszination wird meistens nach einiger Zeit durch eine andere abgelöst – oder dann hat der Freundeskreis und später der Beruf plötzlich Vorrang.» Doch manch einer ist Jahre später wieder auf dem Hönggerberg aufgetaucht und hat sein Hobby wieder aufgenommen – vielleicht als meditativen Ausgleich in einer hektischen Welt, «Plopp» um «Plopp» um «Plopp».

Probetraining jeden Mittwoch ab 18 Uhr oder nach Absprache möglich. Armbrustschützenstand Höngg, Kappenbühlstrasse 76. Präsident Peter De Zordi, Telefon 044 840 55 38. Ranglisten und Informationen unter www.ashoengg.ch