Sparen heisst nicht Verzicht

Die Kolumne von Nicole Barandun-Gross, Präsidentin des Gewerbeverbands der Stadt Zürich.

Nicole Barandun. (Foto: zvg)

Der Begriff «Strommangellage» ist aussichtsreicher Kandidat für das Wort des Jahres 2022. Alle reden darüber, an Appellen fürs Stromsparen mangelt es nicht. Wehret den Exzessen, ist die Botschaft. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir bisher wahnsinnig verschwenderisch gelebt haben müssen. Für vieles gäbe es sicher energiefreundlichere Lösungen, wenn man sich denn mal Gedanken darüber machen und Elektrofachleute, Installateure und Entwickler beiziehen würde.

Duschen zu zweit

Duschen zu zweit hat sicher gewisse Vorteile, dürfte das aktuelle Problem aber nicht lösen. Vermutlich haben viele Private keine Ahnung, wie viel sie für Strom ausgeben. Wäre das ein gewichtiger Posten im Haushaltsbudget, würde dem Verbrauch generell – Strommangellage hin oder her – mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Anders sieht es bei den Unternehmern aus. Strom ist je nach Branche ein grosser Aufwandposten, der mit über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet. In der Stadt Zürich lassen sich Betriebe vom Öko-Kompass beraten, optimieren die Abläufe, tauschen sich aus über ökologischen Umgang mit Ressourcen. Und das Bewusstsein wächst weiter. Dass künftig weniger Leuchtreklamen und Schaufensterbeleuchtungen einsam die ganze Nacht werben, geht in die richtige Richtung.

Es gibt nicht nur Schwarz und Weiss

Smarter Umgang mit Ressourcen bewahrt uns vor Verzicht. Es überrascht, dass die Stadt auf dem Weg in die 2000-Watt-Gesellschaft nicht besser auf die aktuelle Situation vorbereitet ist. Sie, die hohe Standards propagiert und von der Bevölkerung gleiches verlangt, überlegt z.B. die Lichter zu löschen. Entweder ist das Abschalten der Strassenbeleuchtung reine Symbolik, da der Stromverbrauch unwesentlich ist. Oder… Mit dem Abschalten kann tatsächlich Strom gespart werden. Dann sei die Frage erlaubt, warum nicht schon früher an Bewegungsmelder oder Muster wie «jede zweite aus» gedacht wurde und der bedenkenswerte Sicherheitsaspekt jetzt gleich ganz über Bord geworfen werden soll. Das Erreichen der 2000-Watt-Ziele heisst eben nicht nur Velovorzugsrouten bauen.

Nicole Barandun-Gross, Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich, www.gewerbezuerich.ch

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