Singende Männer und schwelgende Frauen

Der Männerchor Höngg lud am Freitag und Samstag im reformierten Kirchgemeindehaus zum Schlagerfestival. Im Mittelpunkt standen Schlagerlieder für die Frau – Stücke zum Mitschunkeln wie «Michaela», «Bianca» oder «Bionda, bella Bionda» erhielten herzlichen Applaus.

Grosse Begeisterung auf allen Seiten: Der Männerchor Höngg besang einen Abend lang die Frauen.
Dirigent Luiz Alves da Silva sang bei der Zugabe voller Herzblut selbst mit.
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Samstags um Punkt 20 Uhr eröffnete der Männerchor Höngg sein zweites Konzert – in ausverkauftem Haus, es mussten gar noch weitere Stühle zu den bereitstehenden 120 herbeigeholt werden. Conférencier Hans Ruchti begrüsste das Publikum mit den Worten: «Ihr laufed no strahlender use, als das ihr inecho sind – das wird es super Konzert!» Er sollte Recht haben. Es standen nicht nur 26 Sänger jeglichen Alters in dunklen Anzügen und roten Vereinskrawatten auf der Bühne, sondern auch eine Band mit Schlagzeug, Kontrabass, Piano, Akkordeon und Violine. Eingeleitet wurde das Konzert mit der «Ballade pour Adeline», weiter ging’s mit «Monja». «Dieser Abend steht ganz im Zeichen der Frau – ob von Stockholm bis Palermo oder von Albisrieden bis Höngg, die Songs geben einen Einblick in die Männerseele », so Hans Ruchti mit einem Augenzwinkern.

Nase zugehalten und Gymnastik betrieben

Einen grossen Teil des Konzertes standen die Sänger auf der Treppe zur Bühne und präsentierten die Songs stehend und mit amüsanten Einlagen: So wurde im Rhythmus mit den Fingern geschnippt, die Hand aufs Herz gelegt und sich die Nase zugehalten, um beim Stück «Oh Donna Clara» nasal singen zu können – derweil im Hintergrund Kastagnetten klapperten. Auch Gymnastik gab es zu sehen: Abwechslungsweise wurde in die Knie gegangen und sich gestreckt, passend zum Stück. Schön zu erleben war auch, dass im Publikum rege mitgesungen wurde. So hörte man nicht selten eine Männer- oder Frauenstimme schwelgerisch einen Refrain mitsingen.

Crashkurs im «handlungsorientierten Singen»

Zum Song «Bianca» gab es einen Crashkurs im «handlungsorientierten Singen», wie der Conférencier ankündigte: Und zwar musste das Publikum als Echo des Männerchors den Namen «Bianca» des gleichnamigen Stückes singen – was bestens gelang. Als Überraschungsgast stand ein Mann im köstlich schrillen Schlageroutfit auf der Bühne: Der Winterthurer Tenor Reto Hofstetter hatte sich in ein hellgrünes Satinhemd, schwarze Schlaghosen, breiten Elvis- Gürtel und weissen Satinblazer sowie eine riesige Sonnenbrille geworfen und imitierte diverse Schlagerstars. Mit seinem Gesang überzeugte er stimmlich, seine Präsenz brachte das Publikum zum Lachen, gab er doch Sprüche wie «Meine Schönheitsoperationen haben sich ausbezahlt – und Haartransplantationen kann ich also auch empfehlen!» zum Besten. Grinsend meinte ein Zuschauer zu seiner Begleiterin «Ich wott au sones Hämp!» – was wohl nicht ganz ernst gemeint war. Nicht ganz ernst gemeint waren auch einige der Liedtexte, so etwa im Stück «Lieschen»: «Küsse übertragen nur Bazillen» sang der Chor, und weil das Stück nach drei Strophen schlimm enden würde, dichtete der Männerchor eigenhändig noch eine vierte, positive Strophe dazu, die das arme Lieschen wieder in ein besseres Licht rückte. Rassig ging es beim Stück «Kalinka » zu und her, das der junge Akkordeonist Srdjan Vukasinovic mit ausdrucksstarker Mimik auf der Treppe spielte. Anhaltender Applaus war ihm und dem Rest der Band, welche perfekt spielte, sicher. Leger wurde es bei «Veronika, der Lenz ist da»: die Krawatten schlenkerten offen um die Hälse, die Hemdsärmel wurden hochgekrempelt. «Die Sänger spüren den Frühling», witzelte Hans Ruchti.

Abschiedsapplaus für Dirigenten Luiz Alves da Silva

Nicht vergessen werden durften die Frauen, welche hinter den Männern des Chors stehen: Mit dem Stück «All my Loving» wurden alle Namen der Männerchor-Frauen verlesen. Gelächter gab es bei «Doris 1, Doris 2», welches noch grösser wurde, als man beim Buchstaben M angelangt war: «Margrit 1, Margrit 2 und Margrit 3». Grinsend meinte eine Besucherin: «Das sind ja unglaublich viele Namen. Haben da ein paar Männer mehrere Frauen?» Am Schluss des einstündigen Konzertes gab es Blumen für den Dirigenten Luiz Alves da Silva, da er nach sieben Jahren den Männerchor Höngg verlässt – er zieht nach Lissabon, um eine Doktorarbeit über Alte Musik zu schreiben. Das Publikum stand auf und applaudierte dem sympathischen Dirigenten lange, und sichtlich berührt griff er zum Mikrofon: «Schade! Ihr seid super! Ich durfte eine schöne Zeit hier verbringen. Und falls es einmal eine Dirigentenvertretung braucht, dann komme ich gerne!»

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