Quartierleben
Sehenswerte Ausstellung im Ortsmuseum
Das Ortsmuseum Höngg zeigt noch bis zum 26. November die Werke des Künstlerpaars Albert und Melanie Rüegg-Leuthold. Das Buch zur Ausstellung beleuchtet das Leben und Schaffen der beiden Höngger.
16. August 2017 — Patricia Senn
«Spannend wie ein Krimi», so beschreibt Yvonne Türler, Kunsthistorikerin und Autorin der von der Ortsgeschichtlichen Kommission in Auftrag gegebenen Mitteilung Nr. 54 «Albert und Melanie Rüegg-Leuthold – ein Höngger Künstlerpaar», die Recherchearbeit für das Buch. Die Stiftung Kunstsammlung der beiden Künstler hatte ihr uneingeschränkten Zugang zu ihrem Archiv gewährt, «die Zusammenarbeit war hervorragend», schwärmt Türler. Im Gegensatz zu anderen ehemals in Höngg ansässigen Künstlern wie Bill oder Morgenthaler, wurde über die Rüeggs bislang noch wenig geschrieben, was die Arbeit umso spannender machte – Grundlagenforschung sozusagen. So erfährt man in der Mitteilung unter anderem, dass Albert Rüegg schon früh wusste, dass er Maler werden wollte. Er besuchte zwei Jahre lang die Staatliche Hochschule für angewandte Kunst in München und setzte sich mit Künstlern wie van Gogh, Munch und Rembrandt auseinander. Mit Ferdinand Hodler fühlte er sich besonders verbunden. Später führte der Maler sein eigenes Grafikatelier, wo sich Melanie Leuthold 1930 als Volontärin bewarb. 1927 war sie am Bauhaus Dessau aufgenommen worden und hatte drei Semester bei Koryphäen wie Wassily Kandinsky und Paul Klee studiert. Dennoch konnte sie – ähnlich wie ihr zukünftiger Ehemann – der abstrakten Kunst nie viel abgewinnen. Zwei Jahre nachdem sie bei Albert Rüegg begonnen hatte, heirateten die beiden Künstler und zogen nach Höngg, wo sie zwar eher zurückgezogen lebten, aber dennoch an den hiesigen Kunstaustellungen teilnahmen. Einen grossen Teil ihrer Schaffenszeit nahm die Produktion und Publikation der Kunstzeitschrift «Kunst und Volk» in Anspruch, die sie ab 1938 sechsmal jährlich von ihrer Stube aus vertrieben – sogar während der Kriegsjahre. Ziel des Ehepaars war, das Interesse auch bei kunstfernem Publikum zu wecken. Welche Werke besprochen wurden, entschied Albert Rüegg. Seine eher traditionellen Kriterien machten ihn einerseits unbestechlich, andererseits wurden der Leserschaft auch wichtige Entwicklungen, wie die der Künstlergruppierung «Allianz», eine Vereinigung moderner Schweizer Künstler, vorenthalten. Nach zwanzig ziemlich erfolgreichen Jahren stellten die Rüeggs den Vertrieb der Zeitschrift schliesslich ein, um sich wieder vermehrt ihrem eigenen Kunstschaffen zu widmen.
Eigenständige Kunstwerke
Die Werke der beiden Künstler – sie Bildhauerin, er Maler – sind noch bis zum 26. November im Ortsmuseum Höngg zu sehen. Melanie Rüeggs Bronze-Skulpturen sind von zeitloser Grazie und Eleganz, während die Bilder ihres Gatten Albert von ihm selber als «expressiver Realismus» bezeichnet wurden. Die Eigenständigkeit der beiden Künstler, die ihre Ateliers im Dachgeschoss ihres Hauses am Rebbergsteig hatten, ist sehr ausgeprägt. Beiden gemein ist ihre Gegenständlichkeit – sie arbeiten figurativ, wenn auch frei in ihrer künstlerischen Interpretation. Bei Albert zeigt sich das in den Farben und den teilweise überzeichneten Gesichtszügen seiner porträtierten Figuren, während Melanie auf Reduktion und Stilisierung setzt. Viele ihrer Werke haben eine besondere Dynamik, die dargestellten Figuren «scheinen nicht nur miteinander im Dialog, sondern auch in Bewegung zu sein», schreibt Türler. Diese Bewegung nimmt auch Albert Rüegg auf einigen seiner Bilder wieder auf. Die Ausstellung im Ortsmuseum lässt sowohl die Gemeinsamkeiten, als auch die Eigenständigkeit der beiden Künstler zum Vorschein kommen. Die schön arrangierte Auswahl von Bildern und Skulpturen bieten einen guten Überblick über das Schaffen des bislang eher unbekannten Künstlerehepaars aus Höngg. An der öffentlichen Führung vom Sonntag, 27. August, erfährt man ausserdem noch weitere interessante Details aus dem Leben der Rüeggs.
Ausstellung im Ortsmuseum Höngg: Albert und Melanie Rüegg-Leuthold: Ein Höngger Künstlerpaar. Ausstellung bis zum 26. November. Jeweils sonntags, 14 bis 16 Uhr. Öffentliche Führung: Sonntag, 27. August, 14 Uhr, ohne Anmeldung. Kostenlos. Das Buch zur Ausstellung: Mitteilung Nr. 54 der Ortsgeschichtlichen Kommission des Verschönerungsvereins Höngg. Geschrieben von Yvonne Türler, erhältlich im Infozentrum Höngg, 30 Franken.
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