Aus der Wipkinger Zeitung
Rosengartenstrasse: Ist ein Dialog noch möglich?
Die Stadt möchte im nächsten Jahr einen Dialogprozess zur Entwicklung der Rosengartenstrasse in Gang setzen. Zur Vorbereitung wurde eine Spurgruppe ins Leben gerufen. Doch längst nicht alle sind zum Gespräch bereit – und selbst bei denjenigen, die daran teilgenommen haben, macht sich Frustration breit.
11. Dezember 2025 — Dagmar Schräder
Man kann das Thema fast nicht mehr hören: Was soll mit der Rosengartenstrasse geschehen? Und wie wird man der Lärm- und Schadstoffemissionen Herr? Seit Jahrzehnten wird darüber gestritten. Doch einer einvernehmlichen Lösung ist man bisher kaum nähergekommen.
Hier die jüngsten Ereignisse im Schnelldurchlauf: Im Jahr 2020 wurde die vom Kanton geplante Tram- und Tunnellösung vom Stimmvolk deutlich abgelehnt. Als Massnahme gegen die Lärmbelastung entschied der Stadtrat daraufhin 2021, auf der Rosengartenstrasse Tempo 30 einzuführen. Die Kantonspolizei verweigerte jedoch die Zustimmung, wogegen die Stadt ihrerseits rekurrierte.
Der Rechtsstreit zwischen Stadt und Kanton liegt mittlerweile beim Verwaltungsgericht. Die Annahme der kantonalen Mobilitätsinitiative Ende November befeuert diese Auseinandersetzung weiter, da der Kanton damit über Tempolimiten in den Städten zu entscheiden vermag.
Unabhängig davon soll vonseiten der Stadt im kommenden Jahr zumindest eine kleinere Massnahme umgesetzt werden: Im November genehmigte der Gemeinderat den Baukredit für zwei Fussgängerübergänge über die Rosengartenstrasse.
Parallel dazu erarbeitet das Tiefbauamt aktuell einen Dialogprozess.
Dieser ist Bestandteil einer Motion des Gemeinderats aus dem Jahr 2021, welche die «Entlastung und stadtverträgliche Umgestaltung der Rosengartenachse» fordert. Der Mitwirkungsprozess mit verschiedenen relevanten Interessensvertreter*innen soll «ergebnisoffen zu einer tragfähigen Entwicklungsstrategie» führen.
Holpriger Start
Im Verlauf dieses Jahres haben dafür zwei Vorbereitungstreffen einer Spurgruppe stattgefunden. Doch die Zusammenarbeit gestaltet sich als äusserst harzig. Denn von den 21 eingeladenen Interessensvertreter*innen sind bei Weitem nicht alle zu einem Dialog bereit.
So ist zum Beispiel der Vertreter des kantonalen Amts für Mobilität der Spurgruppe ferngeblieben. Auf eine Anfrage dieser Zeitung hat das Amt bisher nicht reagiert. Wie jedoch Sabina Mächler, beim Tiefbauamt der Stadt für die Kommunikation zuständig, auf Anfrage erklärt, habe der Kanton eine «aktive Rolle bei der Planung im Dialogprozess abgelehnt und die Teilnahme an den Spurgruppensitzungen abgesagt».
Ebenso wenig teilgenommen haben die beiden Verkehrsverbände ACS und TCS. Für den ACS, so Ruth Enzler, die Präsidentin der Zürcher Sektion, sprächen mehrere Punkte gegen eine Teilnahme: So sei etwa die Auswahl der Teilnehmenden mehrheitlich mobilitätsfeindlich und der Prozess kaum ergebnisoffen, sondern diene eher der politischen Legitimation angedachter Pläne.
«Kommt hinzu, dass es sich bei der Rosengartenstrasse um eine der wichtigsten drei Einfallachsen in die Stadt handelt und diese in die Kompetenz des Kantons fällt. Seit dem deutlichen Abstimmungsresultat vom 30. November zum Strassengesetz gibt es für uns erst recht keinen Sinn, dass wir an einer rein städtischen Echogruppe zu diesem Thema teilnehmen.»
Der Gewerbe- sowie der Hauseigentümerverband Zürich verzichten ebenfalls auf eine Mitarbeit. Wie Albert Leiser, Direktor des Hauseigentümerverbands Zürich (HEV) erklärt, stellt auch der HEV die Ergebnisoffenheit des Prozesses infrage: «Wir partizipieren gerne an Veranstaltungen, wo man sich einbringen kann. Aber hier sind die Meinungen bereits gemacht, neue Erkenntnisse sind nicht vorhanden.»
Gemischte Gefühle
An beiden Sitzungen teilgenommen hat dagegen der Verein Klimastadt Zürich. Man beteilige sich, so der Geschäftsleiter Martin Busekros, «auch wenn der Dialog ohne die Gegenseite nicht so effektiv ist.» Es habe sich tatsächlich schon die Frage gestellt, ob der Prozess noch sinnvoll sei. Die Meinung, dass die Konsensfindung dennoch konstruktiv sei, überwiege aber.
Die IG Westtangente Plus dagegen hat sich nach den ersten Sitzungen für einen Rückzug aus dem Dialogverfahren entschieden. Die Nichtteilnahme von ACS und TCS sowie des Kantons verunmögliche den Dialog, ein Spielraum für konsensuale Entscheidungsfindung sei zudem aufgrund der unvereinbaren Positionen nicht gegeben.
Der Dialogprozess sei damit nicht nur zum Scheitern verurteilt, sondern führe sogar dazu, dass kapazitätsbegrenzende Bauprojekte verzögert würden, so die IG in einem Schreiben an das Tiefbauamt.
Kritik übt auch der Wipkinger Quartierverein (QV). Eine Spurgruppe ohne die wichtigsten Akteure sei sinnlos, ein Dialog zwischen Stadt und Kanton während des Rechtsstreits nicht möglich. Die Spurgruppenarbeit verkomme zur Alibi-Übung, wofür die Zeit der freiwillig Engagierten schlicht zu schade sei, erklärt Präsident Beni Weder.
In einem offenen Brief an alle Beteiligten plädiert der QV dafür, sich für das zukünftige Verfahren ein Beispiel an der kürzlich fertiggestellten Autobahneinhausung in Schwamendingen zu nehmen. Hier sei eine «städtebauliche Wunde geheilt worden», während an der Rosengartenstrasse eine für die Anwohnerschaft annehmbare Lösung politisch seit Jahrzehnten blockiert sei.
Es gehe nun darum, sich zurückzubesinnen auf das Kernproblem: die «unzumutbare Belastung der Anwohnerschaft durch Lärm und Schadstoffe».
Und die Stadt?
Wie die Rosengartenstrasse macht also auch das geplante Dialogverfahren offenbar niemanden wirklich glücklich. Die Stadt bedauere die Absagen der Interessensvertreter*innen, erklärt die Vertreterin des Tiefbauamts, Sabina Mächler. Sie betont, dass ein Einstieg beziehungsweise Wiedereinstieg in die Arbeit jedoch jederzeit möglich sei.
Man bemühe sich um eine «möglichst ausgewogene Vertretung der Stakeholder im Dialogprozess». Wie gross die Beteiligung hier sein wird, wird sich nach den gemachten Erfahrungen allerdings erst noch weisen müssen.




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