Quo vadis, Hardturmstadion?

Die ZSC Lions streiten sich mit Grossveranstaltungen um freie Termine im Hallenstadion, derweil stehen sich im Letzigrund die Stadtrivalen FCZ und GC auf den Füssen herum. Credit Suisse und Stadt Zürich beharren nach wie vor auf einem Neubau des Hardturmstadions, obwohl dessen Zweckmässigkeit bestritten wird. Warum eigentlich? Was ist aus der Idee der Duplex-Arena für Fussball und Eishockey geworden? Der «Höngger» forschte nach, schliesslich liegt das Baugelände genau im Höngger Blickfeld.

Wie Phönix aus der Asche, so soll hier das neue Hardturmstadion entstehen – nur welches ist nicht ganz sicher.
Die Projektstudie des geplanten Stadions Zürich.
Die Projektstudie der Duplex-Arena.
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Am 28. Januar gewannen die ZSC Lions mit einem diskussionslosen 5:0-Sieg über Magnitogorsk die Eishockey Champions League. Notabene in Rapperswil, denn im Hallenstadion, dem eigentlichen «Heimstadion“ der Lions, gastierte «Art on Ice». Am selben Tag erteilte der Regierungsrat des Kantons Zürich eine Ausnahmebewilligung, um den Sockel des geplanten Hardturmstadions unter den mittleren Grundwasserspiegel bauen zu dürfen. Ein Entscheid, der von der Interessengemeinschaft Hardturmquartier als «politisch motiviert» eingestuft und heute, am 26. Februar, an das Verwaltungsgericht weitergezogen wird. Dies ist vorerst das letzte Kapitel in einem langen Rechtsstreit um den geplanten Bau. Seit das Stimmvolk am 7. September 2003, die Euro 08 im Blickfeld, Ja sagte zu zwei Finanzvorlagen im Zusammenhang mit einem neuen Hardturmstadion, kommt der Bau nicht zur Ruhe. Eine Einsprache jagt die andere, von Instanz zu Instanz wird prozessiert und das Projekt von verschiedenen Seiten auf dem Rechtsweg verzögert. Nicht zuletzt durch die Bauträgerschaft selbst – CS und Stadt Zürich –, die Gerichtsentscheide an die nächste Instanz weitergezogen hatten, wie Tania Schellenberg von der IG Hardturmquartier, sagt: «Die Stadion AG, also CS und Stadt Zürich, zogen den Verwaltungsgerichtsentscheid zum Gestaltungsplan im September 2004 vor das Bundesgericht und drei Jahre später die Baubewilligung. Beide Male hatten wir den Entscheid des Verwaltungsgerichts akzeptiert. Zum ersten Fall muss ich jedoch der Vollständigkeit halber sagen, zog eine Gruppe von Anwohnern wegen dem umstrittenen Schattenwurf an die nächste Instanz weiter.»

Es könnte auch anders sein

Eine Alternative indes wäre vorhanden: Seit Ende 2007 liegt das Projekt einer Duplex-Arena der Architekten Walter Wäschle und Ernst Meier auf dem Tisch. Interessantes Detail: Ernst Meier ist Präsident des Club 21, des Gönnervereins des ZSC, dessen Mitglieder- und Partner firmen listen sich wie ein «Who is Who» der Zürcher Wirtschaft lesen. Auch Walter Wäschle ist Mitglied im Club 21. Die Duplex-Arena würde nebst dem Fussballstadion mit rund 20 000 Plätzen auch eine Eishalle mit rund 12 000 Plätzen unter einem Dach vereinen. Parkplätze, Gastronomie und andere Servicebereiche würden beiderseits genutzt und auf die umstrittene sogenannte Mantelnutzung aus Bürohochhaus, Shoppingcenter und Kongresshotel würde weitgehend verzichtet. Die Idee ist bestechend – ihre Praxistauglichkeit wird seitens der Stadt und der CS jedoch stark angezweifelt.

Stadt und CS wollen nicht

Urs Spinner, Leiter Kommunikation im Hochbaudepartement, meint dazu: «Die Stimmbevölkerung der Stadt Zürich hat dem aktuellen Projekt mit grosser Mehrheit zugestimmt. Diesem Entscheid ist die Stadt verpflichtet und sie hat die Interessen der Bevölkerung in langen Gerichtsverfahren gegen die rekurrierende Anwohnerschaft erfolgreich verteidigt. Die Duplex-Arena ist darum für die Stadt Zürich kein Thema.»

Auch auf Seite der Credit Suisse gibt man sich wortkarg

Matthias Friedli, Sprecher der CS, antwortet auf die Frage, wie die CS einer Beschwerde vor Verwaltungsgericht entgegensieht, denn mit: «Gelassen, denn am grundsätzlichen Willen der Trägerschaft, das Projekt voranzutreiben, ändert sich nichts und die Voraussetzungen für die definitive Realisierung bleiben dieselben. So muss die Baubewilligung rechtskräftig sein, damit man dann die Wirtschaftlichkeit erneut prüfen und Zusagen von Investoren erhalten kann. Das wird seine Zeit brauchen.» Etwas viele Voraussetzungen, scheint es. Hält sich da die CS eine mögliche Hintertür offen, um sich aus dem heftig umstrittenen Projekt Hardturmstadion elegant zurückziehen zu können? «Nein, diese Voraussetzungen gelten seit Beginn des Projektes und wir haben sie auch immer so kommuniziert“, sagt Friedli und weiter: «Wir haben das Projekt laufend weiterentwickelt – wie auf der neuen Webseite ersichtlich ist.» Zu der Frage, wie viel Geld denn unterdessen in das Vorhaben investiert wurde, sagte die CS lediglich, dass es sich dabei um einen bedeutenden zweistelligen Millionenbetrag handle.

Ins Grundwasser gebaut?

Diese Investitionen könnten sich als auf Sand gebaut – oder vielleicht passender: ins Grundwasser gesetzt – erweisen, denn noch während diese Zeitung durch die Druckmaschine lief, am Abend des 25. Februars, wurde in Zürich der «Verein Pro Duplex- Arena» aus der Taufe gehoben. Mit dem «Zweck, den Bau eines Doppelstadions für Fussball und Eishockey in Stadt oder Region Zürich zu fördern“, wie es in den Statuten heisst. Die ursprünglichen Initianten des Projekts, die Architekten Wäschle und Meier, treten mit der Geburt der IG Pro Duplex-Arena in den Hintergrund: «Das Projekt kommt in gute Hände», liessen sie verlauten, «es braucht uns zurzeit nicht, um zu gedeihen.»

Die Bauherrschaft bleibt standhaft

Davon und vom möglicherweise raueren Wind, der dem Stadion Zürich entgegenwehen wird, lässt sich die CS nicht irritieren: «Da es sich um eine exponierte Lage gleich beim westlichen Stadteingang handelt, muss die architektonische Qualität hoch sein. Deshalb gab es den Projektwettbewerb, in dem eine international zusammengesetzte Fachjury das Projekt Stadion Zürich wählte», so Friedli. «Und zudem», fährt er weiter, «beschäftigen wir uns doch kurz mit der Frage nach Alternativen: Das Projekt ist auf einem privaten Grundstück geplant, es wurde von Beginn weg auf die Mindesterfordernisse hin konzipiert und schöpft die Möglichkeiten der Bau- und Zonenordnung bei weitem nicht aus. Mit anderen Worten: Der private Grundeigentümer könnte auf diesem Grundstück als Alternative zum Beispiel ein viel grösseres Einkaufszentrum ohne Stadion bauen.» Ob dafür in der angespannten Wirtschaftslage ein Bedürfnis besteht, darf bezweifelt werden. Aber die CS beginnt offiziell ja erst zu rechnen, wenn die rechtskräftige Baubewilligung vorliegt. Das wird dauern, und bis dann hat sich vielleicht sogar die Weltwirtschaftslage erholt.

Wertung aus fachlicher Sicht

Der «Höngger» fragte Marcel Knörr, den Höngger Architekten FH/SIA und ehemaligen Präsidenten des Zürcher Heimatschutzes, nach seiner fachlichen Meinung. «Mit einer Höhe von rund 40 Metern wirkt das Stadion Zürich sehr hoch», meinte Knörr. «Gemäss der Zürcher Bauordnung gelten Gebäude mit einer Höhe von mehr als 25 Metern als Hochhäuser. Die Bewohner der angrenzenden, zweigeschossigen Bernoullihäuser wehrten sich denn auch vor allem gegen den Schattenwurf, die geplante Mantelnutzung und den damit verbundenen Mehrverkehr. Anders sieht das beim Projekt Duplex-Arena aus. Es hat grosse architektonische Qualitäten: Die weichen, organischen Formen finden sich in der Natur überall und wären für Zürich erst noch einmalig. Dazu stimmt die Massstäblichkeit, die Baukörper fügen sich angenehm und unspektakulär ins Stadtbild ein. Mir scheint, dass die Duplex-Arena eine grössere Chance hätte, rasch gebaut zu werden. Weshalb? Beim Stadion Zürich ist die Situation seit Jahren verfahren und weitere Einsprachen sind programmiert. Anders bei der Duplex-Arena: Weder geben die runden Baukörper einen grossen Schattenwurf noch wird die Aussicht von Höngg Richtung Alpen verbaut. Aus architektonischer wie auch aus Höngger Sicht würde ich deshalb die Duplex-Arena bevorzugen.»

Und was meinen GC und ZSC?

Von offizieller Seite sind beide Vereine erstaunlich zurückhaltend. Die Grasshoppers lassen verlauten, sie unterstützten das Projekt Stadion Zürich und erwarteten in absehbarer Zeit den definitiven Entscheid seitens der Credit Suisse und der Stadt Zürich über dessen Bau. Für die Verantwortlichen von GC stünde deshalb eine Prüfung von Alternativen nicht zur Diskussion. Ähnlich klingt es beim ZSC: «Wir äussern uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu einem Projekt auf dem Grundeigentum der CS, bis diese über das weitere Vorgehen das Fussballstadion betreffend entschieden hat», schreibt stellvertretend Peter Zahner, Chief Executive Officer der ZLE Betriebs AG. Andernorts ist man da weniger geduldig: Am 4. Februar reichten Gemeinderat Daniel Meier (CVP) und 22 Mitunterzeichner eine Motion an den Stadtrat ein mit dem Auftrag, dem Gemeinderat eine Projektierungsvorlage vorzulegen, die den Bau eines Stadions für Eishockey- Spiele ermöglicht. Der Standort ist dabei nicht auf das Stadtgebiet zu beschränken. Der Stadtrat hat sechs Monate Zeit, diese Motion zu beantworten. Für Gesprächsstoff ist gesorgt.

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