Offene Weinkeller und offene Wolken

Wenn es an zwei Tagen trockenes Wetter ist und am dritten dazwischen nur ein Mal regnet, dann ist das sicher der 1. Mai – nicht nur der Tag der Arbeit, sondern auch der Tag der offenen Rebberge und Weinkeller. Der «Höngger» zog von Glas zu Glas durch den Regen.

Die Kuh auf dem Regenschirm beim Rebberg «Chillesteig» machte deutlich, was sie vom Wetter hielt.
Es müssen nicht immer eine Prinzessin sein: Auch Rambo und Regula heischten, gerade zehn Tage alt, bereits um Aufmerksamkeit.
Das Team von Grün Stadt Zürich trotzte den Wassermassen: Nando Oberli, Lorenz Kern, Donat Streuli und Martina Hager (v.l.n.r.)
Sich bei Zweifel selbst eine Flasche Wein assemblieren war sehr gefragt.
Und die Flasche gleich selbst mit dem Korken verschliessen machte allen Freude.
Geschäftsführer Walter Zweifel führte persönlich viele der Gäste durch die moderne Kelterei.
Die neue Glasabdeckung der Pergola liess auch an diesem trüben Tag genug Licht einfallen.
Zarina und Daniel Wegmann, Obsthaus Wegmann, bei einer kurzen Pause in «Wägis Wychäller».
Die ausgefallenen Betriebsführungen liessen dafür Zeit, sich selbst um die Gäste zu kümmern.
Landweinproduzent Patrick Thalmann, links, genoss mit seinen Weinen und dem Maskottchen der Winzerei zur Metzg Gastrecht bei Robert Zurbriggen, WeinArt.
Robert Zurbriggen, WeinArt, war als Gastgeber im Element und fand für alle immer einen Platz an seinen Tischen.
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Im Rahmen des vom Branchenverband Deutschschweizer Wein organisierten Tags der offenen Weinkeller Deutschschweiz taten sich heuer zum ersten Mal die Höngger Weinproduzenten und der Weinweg Höngg zu einem gemeinsamen Auftritt zusammen. Die Organisatoren hatten alles im Griff – bis auf das Wetter eben, und das machte ihnen nicht nur einen, sondern unzählige, senkrechte und wässrige Striche durch die Rechnung. Doch eigentlich auch nur auf den ersten Blick, denn was sich die spärlicher als erhofft erschienenen Besucher eindeutig nicht verderben liessen, war die gute Laune.

Erste Station: Ortsmuseum

Zum Beispiel beim Ortsmuseum, dem Ausgangspunkt für zwei Führungen auf dem Weinweg Höngg: Um 13 Uhr fand sich bei strömendem Regen gerade mal eine Interessentin ein, die Mutter der Gebrüder Beat und Christian Stiefel, die beim Weinweg die Führungen organisieren. Man nahm‘s mit trockenem Humor und begab sich «en famille» auf den Weg. Bei der 16-Uhr-Führung dann doppelt so viele Besucher: Ein Vater mit Kind stiess dazu und man begab sich auch mit ihnen auf eine angepasste Runde zu den Zeugen Höngger Weinkultur im Dorfzentrum.

Zweiter Fixpunkt: Chillesteig

So persönlich, doch mit deutlich mehr Besuchenden, ging es auch an den anderen Standorten weiter. Im Rebberg am Chillesteig hatten die guten Geister von Grün Stadt Zürich (GSZ), Bewirtschafter des Höngger Rebberg-Wahrzeichens, ihre Zelte aufgeschlagen. Donat Streuli und sein Team trotzten den Wassermassen mit dem Holzkohlegrill, hielten immer ein paar Würste und heisse Suppe bereit, schenkten Wein aus und informierten die unentwegten Interessenten, die Regenschirm um Regenschirm im Rebberg auftauchten, über ihr Engagement für den Zürcher Stadtwein. Mit dabei waren auch die gerade mal zehn Tage alten Kälber Rambo und Regula, die sich wahrscheinlich wunderten, warum die Jungtiere der Menschen in so seltsam bunte Plastikhäute gehüllt waren. Ja, es konnte einem wirklich leidtun, das GSZ-Team, aber auch sie nahmen es mit Humor und nutzten die Gelegenheit dazu, sich um die wenigen Besucher individuell kümmern zu können.

Dritter Halt im Traditionshaus Zweifel

Besser, weil im Trockenen, ging es bei der nächsten Station zu und her. Bei Zweifel Weine sprach man zwar auch nicht von einem Besucheransturm, doch im Vinarium, auf der neu glasgedeckten Veranda und auf dem Rundgang durch die moderne Kelterei und den Fasskeller war stets interessiertes, weinaffines Publikum unterwegs. Darunter auffallend viele Junge, was Geschäftsführer Walter Zweifel besonders freute, der nebst seinem Team ebenfalls persönlich alle möglichen Fragen rund um das Thema Wein gewohnt kompetent beantwortete. Wahrscheinlich die einzige, die er nicht beantworten konnte, war jene, in welchem Verhältnis man sich denn die beiden Rotweine zusammenmischen, pardon assemblieren, solle, bevor man sie selbst in die Flasche füllen und verkorken konnte – denn das ist nun mal eine persönliche Geschmackssache.

Mit dem Tram zu Wegmanns

Danach ging es für den Schreibende mit dem Tram weiter zum Obsthaus Wegmann, dem dritten Höngger Weinproduzenten. Auf dem kurzen Fussweg vom Frankental bis zum Obsthaus kam ihm nicht nur das Wasser aus überlaufenden Schächten entgegen – was ihn an alte Fotos von Überschwemmungen an dieser Stelle erinnerte −, sondern auch diverse Personen mit Einkaufstaschen. Im Laden bei Wegmanns gaben sich die Kunden zwar die Klinke nicht nahtlos in die Hand, doch auch Zarina und Daniel Wegmann hatten mit ihrem Team stetig genug Arbeit. Die geplanten Führungen durch die eigenen Rebberge hatte man nicht nur mangels Interessenten abgesagt, sondern auch aus Sicherheitsgründen: zu rutschig war es im Gelände und Stürze wären wohl fast unvermeidlich gewesen. Dafür hatte denn auch Daniel Wegmann genug Zeit, um seine Gäste im trockenen, sprich im Hofladen oder im «Wägis Wychäller», dem hauseigenen Gast- und Partyraum, zu beraten und zu bedienen und seine Frau Zarina, sonst immer in Bewegung und kaum mal für einen kurzen Schwatz zu bremsen, genoss es ebenfalls, sich mit einem Glas Traubensaft – sie empfiehlt ihn mit einem Spritzer Mineralwasser verdünnt – zu den Gästen zu setzen.

Schlusspunkt WeinArt

«Sich dazu zu setzen» war auch Programmteil beim vierten Organisator, bei WeinArt an der Imbisbühlstrasse 7. Gastgeber Robert Zurbriggen hatte seinem guten Freund Patrick Thalmann und dessen «Winzerei zur Metzg» Gastrecht geboten. Thalmann ist ein junger Quereinsteiger im Winzergeschäft, der erst seit 2009 im Zürcher Weinland eigene Weine produziert, von den Reblagen bei Benken bis in eine der gegen 14‘000 Flaschen pro Jahr. Auf Thalmanns Visitenkarte steht «Landweinproduzent – Genussmensch» und beidem wird er gerecht. Nebst seinen Weinen hatte er kulinarische Leckereien wie Würste, Hohrückensteaks und Markbeine nicht nur mitgebracht, sondern bereitete sie in seiner Entdeckung, einem auf 800 Grad heizbaren Gasgrill, auch laufend zu und liess sie auf Holzplättchen angerichtet zirkulieren. Zusammen mit dem Risotto, den Zurbriggens Freunde aus der Gruppe für Gesellschaftliche Anlässe der Pfarrei Heilig Geist, kurz GGA, zubereiteten, ein Hochgenuss. So wurde denn auch hier wie an allen anderen Standorten dieses ersten gemeinsamen Auftrittes am Tag der offenen Weinkeller Flasche um Flasche zur Degustation geöffnet und meistens auch geleert.
Wie kann man besser Werbung machen für hiesigen Wein, hiesige Genuss- und Gaumenfreude, als diese vier Höngger Organisatoren? Richtig, nur noch mit besserem Wetter, doch diesen Gedanken hatten bestimmt alle, die sich durch die Regenmassen auf den Weg gemacht hatten, längst vergessen. Er sei hiermit, quasi als gedankliche Post in einer der vielen leergetrunkenen Flaschen, der prallvollen Limmat als guter Wunsch für nächstes Jahr anvertraut.

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