Ode an die Badi

Der Untere Letten soll bald saniert werden. Stefan Brühwiler über eine Flussbadi, die ein ganzes Quartier geprägt hat – und es immer noch tut. Ein Beitrag der SP Zürich 10.

Die Badi mit Silo, sehr hip. (Foto: Mathias Egloff)

Selbst bei miesem Juni-Wetter in diesem Jahr wissen alle in Wipkingen, was sie an der Flussbadi Unterer Letten haben. Die Badi steht für viel mehr als reines Badevergnügen. Sie ist Kulisse für die zweimal wöchentlich stattfindende Flussssbar oder für Open-Air-Kinoabende im Filmfluss.

Und sie ist Zeugin der Stadtentwicklung im Quartier Wipkingen: Schon bald nach der Eingemeindung der armen Arbeitergemeinde in die Stadt Zürich im Jahr 1893 entstand 1909 das Männerbad an der Limmat, mit einer Sonnenterrasse, damals eine Premiere. Wohl daher rührt die besondere Empfindlichkeit der Wipkinger gegen den Schattenwurf des Silos gegenüber.

Nachdem das Bad 1927 für Frauen geöffnet wurde, schaffte man 1958 mit dem neuen Kinder- und Nichtschwimmerbecken sowie dem Kiosk und Spielplatz eine Badi für die ganze Familie der in Wipkingen lebenden Arbeiterschaft. Auch der Wandel zum hippen Wipkingen ist im Unteren Letten erkennbar.

So beherbergte die Badi in Zeiten der offenen Drogenszene im Winter ein von Pfarrer Ernst Sieber betriebenes Obdachlosen-Dörfli und 2002 wurde anstelle einer Sanierung gar die Schliessung der Badi diskutiert. Der Quartierverein und die Bevölkerung wehrten sich erfolgreich, worauf das Bad saniert wurde und zusammen mit ganz Wipkingen in den folgenden Jahren enorm attraktiv und zum beliebten Treffpunkt und Wohnort wurde.

So bietet der Untere Letten heute bei freiem Eintritt für alle etwas: das Planschbecken mit Froschrutsche für die Kleinsten, das Nichtschwimmerbecken für die Grösseren und den 100 Meter langen Kanal im Fluss für die Wagemutigen, die sich mit der Strömung bis zum Rechen treiben lassen, um sogleich wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren.

Nun wird der Untere Letten ausserhalb der Badesaison in zwei Etappen bis zum Sommer 2025 saniert und umgebaut. Mit der Studie zur Verlängerung des Flussbads bis zum Wasserkraftwerk des EWZ schmiedet die Stadt sogar weitere Pläne. Das dürfte die Attraktivität des Unteren Letten noch weiter steigern.

Vielleicht kann der Untere Letten in Zukunft nicht nur ein Inbegriff für Lebensqualität, sondern mit seinem für alle offenen Gratisangebot auch Inspiration fürs Quartier sein, damit er auch weiterhin ein attraktives Zuhause für eine bunt durchmischte Bevölkerung bleibt. 

Ein Artikel von Stefan Brühwiler, Vorstandsmitglied, SP Zürich 10

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