Höngger Fauna
Nur ein Spatz?
Kaum jemand schenkt Spatzen besondere Beachtung, diesen Allerweltsvögeln und Kulturfolgern schlechthin. Zu Unrecht, denn von allen Dächern pfeifen sie schon lange nicht mehr und Spatz ist nicht gleich Spatz.
25. März 2019 — Marianne Haffner
Mit «Spatzen» meinen wir meistens Haussperlinge. Sie wohnen gerne in unseren Hausdächern und versammeln sich in Windeseile unter dem Tisch, wenn wir im Strassen-Café ein Gipfeli essen. Passer domesticus lebt mitten unter uns und dies seit wir vor über 10’000 Jahren mit dem Ackerbau begannen. Wir haben uns derart an diese Kulturfolger gewöhnt, dass wir sie kaum mehr beachten. Und so haben denn auch die wenigsten von uns bemerkt, dass hier und heute rund ein Fünftel weniger «Spatzen von den Dächern pfeifen» als noch vor zwei Jahrzehnten. Gründe für den Rückgang gibt es verschiedene, die meisten sind menschgemacht, doch das Verspeisen von Militär-«Spatz» oder von «Spätzli» trägt keine Schuld daran. Spatzen brauchen unsere Beachtung und gerade jetzt kann man sie gut beobachten. Auffällig hüpfen sie momentan auf dem Boden herum, zupfen an allem, um schliesslich mit einem Schnabel voller Moos, dürrem Gras, Federn anderer Vögel und leider auch Plastikresten Richtung Hausdach zu verschwinden. Einige fliegen jedoch mit ihrem Nistmaterial in Baumhöhlen und Nistkästen. Auf den ersten Blick scheinen diese etwas kleinere Hausspatzenmännchen zu sein. Beim genaueren Hinsehen erkennt man einen schwarzen Fleck auf der Wange, wodurch sich der Feldsperling verrät. Und es sind nicht etwa zwei Männchen, die Nistmaterial in eine Höhle eintragen, sondern bei Passer montanus schauen beide Geschlechter gleich aus. Sobald das Nest fertig gebaut ist, legt das Weibchen im April vier bis sechs Eier. Diese werden rund zwei Wochen bebrütet, und nach weiteren zwei Wochen sind die Jungen flügge und das Ganze beginnt von vorne, bis zu dreimal im Jahr.
Wer die beiden Höngger Arten bereits kennt, sich beim Lesen geradezu langweilte, kann ja südwärts ins Tessin reisen und sich nach der dritten Spatzen-Art der Schweiz, dem Italiensperling, umsehen. Die Männchen von Passer italiae sehen denen des Haussperlings ähnlich, haben aber keine graue, sondern eine braune Kappe und eine viel ausgedehntere Schwarzfärbung von Kehle und Brust. Die Weibchen der beiden Arten sehen praktisch gleich aus. Und schliesslich kommt die grösste Herausforderung: Im nördlichen Tessin, wo ihre Verbreitungsgebiete überlappen, kreuzen sich die beiden Arten erfolgreich und ihre Nachkommen sind selbst für erfahrene Vogelkundige Knacknüsse der Bestimmungskunst. So oder so: Spatzen sind eben nicht nur Spatzen
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