Neujahrsapéro mit repopiertem «Primeur»

Am Samstag, 10. Januar, wurde zum traditionellen Neujahrsapéro ins Zweifel Vinarium geladen. Die dabei gehörten Reden waren wie der erste Wein des Jahres: Spritzig, frisch, charaktervoll trüb und mit süffigem Abgang.

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Önologe Urs Zweifel, Filialleiter Roland Meier und Geschäftsführer Walter Zweifel (v.l.n.r.) hiessen am Neujahrsapéro willkommen und stiessen mit dem «Primeur» an.
Die Gäste der Zunft zu den drei Königen lauschen Zweifels Rede: Zunftmeister Walter H. Käser (links) und sein Vorgänger, Altzunftmeister Pius Schmid.
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Ab elf Uhr stand der Fasskeller an der Regensdorferstrasse 20 offen, die ersten Gäste trafen ein, erhielten umgehend das erste Glas «Primeur», den Wein, der jeweils am Neujahrsapéro vorgestellt wird, ausgeschenkt und setzten sich an die langen Tische. Bald wurde da und dort eine der Treberwürste genossen.
Kurz vor Mittag wünschte Geschäftsführer Walter Zweifel allen Anwesenden mit einem Zitat von Georg Christoph Lichtenberg ein gutes neues Jahr: «Ich weiss nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.» Der Jahresanfang sei ja die Zeit der guten Vorsätze, und diese seien meistens mit Veränderungen im Leben verbunden, fuhr er fort. Ob es besser werde, wisse man indes nicht, das sei das Geheimnis des Lebensweges. Aber ein Glas Wein helfe, diesen Weg beschwingt zu gehen, tat Zweifel seine Überzeugung kund und darauf wurde angestossen.

Die drei Könige zu Gast

Traditionsgemäss konnte Walter Zweifel darauf hin die Gäste der Zunft zu den drei Königen begrüssen: der neue Zunftmeister Walter H. Käser, sekundiert von seinem Vorgänger, Altzunftmeister Pius Schmid, beide mit Gattinnen. Und wie es sich für den Statthalter und Vorsteher der Zunft Höngg gebührt, tat er dies natürlich mit zoiftigen Worten, die bestens zum neuen Wein passten: Spritzig, wunderbar frisch, charaktervoll trüb und mit einem süffigen Abgang, sprich mit Pointen, die nachklangen.
So hatte Zweifel anlässlich des königlichen Zunftmeisterwechsels etwa studiert, wer von den Vorstehern der Zunft zu den drei Königen noch in Zürich wohne. Und oh Schreck: massiv überfremdet sei man dort! Gerade noch einer von neun Vorstehern wohne in Zürich, und dieser erst noch in Wollishofen. Da müsse man doch direkt eine Überfremdungsinitiative für die Enge, die Heimat der drei Könige, starten, konstatierte Zweifel trocken. «In Höngg dagegen wohnen immerhin noch fünf der neun Vorsteher im Quartier, inklusive Zunftmeister». Er solle sich doch an Pro Specie Rara wenden, um einen echten Stadtzürcher Zünfter als Vorsteher zu finden, gab er dem neuen Engemer Zunftmeister zum Rat, Telefonnummer inklusive, «damit es einfacher ist».
Dann erklärte er kurz, warum die echten Drei Könige dieses Jahr auf der Etikette des ersten Weines fehlen. Diese seien eben fast wie ein optisches Ablaufdatum gewesen: Nach dem 6. Januar trank kaum noch jemand den Wein, obwohl dieser problemlos bis in den Herbst genossen werden kann. Und so heisst die Mischung aus RieslingxSylvaner und Würzer nun einfach «Primeur», auch weil es wirklich der erste Wein des Jahres ist. Nächstes Jahr sollen die Drei Könige dann wenigstens wieder auf der Rückenetikette aufgenommen werden, versprach Zweifel.
Darauf legt auch Zunftmeister Käser Wert, dessen Aufgabe es nun war, den neuen Wein abzunehmen und zu kommentieren: denn zur Überraschung aller, auch der Zweifels, verriet Käser, dass vor rund hundert Jahren sein Grossvater, Jakob Käser, an der Regensdorferstrasse 55 gewohnt habe und bei Zweifel als Küfer angestellt gewesen sei. Er selbst sei noch in Höngg bei Pfarrer Trautvetter getauft worden und so bestehe doch eine echte Verbindung von ihm, und damit der Enge, zu Höngg − da lege er doch Wert darauf, dass nächstes Jahr die Drei Könige wieder auf der Etikette erscheinen.
Die eigentliche Beurteilung des Weines fiel dann weniger fachmännisch, dafür mit zoiftigem Augenzwinkern aus: Käser bezeichnete den Wein als «Most» von einem hellen, trüben Gelb mit grünlichen Reflexen, feiner Fruchtaromatik und schöner Muskatnote – seine Frau würde sagen: leicht repopiert. Sicher sei er als Aperitifwein sehr gut geeignet, aber auch zu Süsswasserfischen oder Pouletbrüstchen. Sprach es und gab den Wein erhobenen Glases unter Applaus frei zum Trunk.

Rückblick auf das Weinjahr 2014

Dann war es an Urs Zweifel, Önologe und damit Vater des neuen Weines, den Jahresrückblick zu halten. Doch vorher erkundigte er sich nach dem eben gehörten Begriff «repopiert». Er, dessen Vokabular önologischer Begriffe umfassend sei, habe dieses Wort noch nie gehört. Zur Erleichterung aller Anwesenden, die sich klammheimlich ebenfalls gewundert hatten, klärte Käser auf, dass dieses Wort eine freie Erfindung seiner Ehefrau sei.
Weniger «repopiert» gestaltetet sich dagegen der Rückblick auf das vergangene Rebjahr: «Der Winter war eigentlich kein Winter, dafür folgte ein warmer Frühling und die Reben trieben so früh, dass man noch befürchten musste, ein später Frost würde ihnen schaden», begann Urs Zweifel. «Doch ein solcher blieb aus. Anfang Juni blühten die Reben und trieben hoch, man freute sich bereits auf ein Rekordjahr. Doch dann begann kurz darauf der Regen und es wurde kalt.» Auch wenn es insgesamt das wärmste Jahr war seit Messbeginn, der verregnete Sommer gefiel den Winzern nicht: Der Vorsprung des warmen Frühlings wurde quasi weggeregnet und war im Herbst dahin.
Hinzu kamen die Probleme mit der berüchtigten Kirschessigfliege «drosophila suzuki». Diesem Schädling hatte der milde Winter gefallen und er vermehrte sich stark. Worunter die Obst- und Beerenbauern schon das ganze Jahr gelitten hatten, betraf im Herbst auch die Winzer, denn die Fliege legt ihre Eier nur in erntereife Früchte und nicht wie andere ihrer Art erst später, in angefaulte. So habe man in der Wümmet, die normal Ende September begann, verstärkt aussortieren müssen. Und auch mit einem Bio-Insektizid habe man eingegriffen, auch wenn man dies im Herbst, relativ kurz vor der Ernte, nicht gerne mache.

Höngg ist hochgradiger

Trotzdem lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Ernte 2014 vom Volumen her gut war und die Keller wieder angemessen voll sind. Und bei den Öchslegraden schwingt Höngg gar obenauf: Während im Kantonsdurchschnitt 85 Öchslegrade gemessen wurden, waren es in Höngg bessere 91. «Man sieht, dass wir hier am Ölberg mit mehr Sonne gesegnet sind als der kantonale Durchschnitt», hielt Urs Zweifel erfreut fest. Und auch über die neue Platzierung in den Tophundert der Schweizer Weinproduzenten darf sich das Haus Zweifel freuen – und über die an der letzten Expovina gewonnenen Auszeichnungen für den besten Aussteller mit dem besten Sortiment und den besten portugiesischen, australischen und Deutschschweizer Weinen.

Neuheitendegustation, Montag, 26. Januar: 14 bis 20 Uhr. 40 Weinproduzenten aus der ganzen Welt stellen ihre Neuheiten vor. Fasskeller Zweifel Vinarium, Regensdorferstrasse 20.

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