Politik
Nein zur Durchsetzungsinitiative
Gerade nach den inakzeptablen Vorkommnissen in Köln ist man versucht, für die Durchsetzungsinitiative ein klares Zeichen setzen zu wollen. Unser Rechtsstaat darf aber nicht der Willkür preisgegeben werden.
20. Januar 2016 — Eingesandter Artikel
«Jetzt reicht‘s, kriminelle Asylsuchende haben das Gastrecht verwirkt, die Behörden machen ja eh nichts», so hört man viele spontane Äusserungen. «Nur» ein Zeichen wollten viele Schweizerinnen und Schweizer auch bei der Abstimmung zur Masseneinwanderungsinitiative setzen und haben nicht damit gerechnet, dass die Vorlage angenommen wurde.
Die Befürworter der Durchsetzungsinitiative versprechen dem Schweizer Volk vermeintlich mehr Sicherheit, verschweigen aber, dass es auch die hohen Folgekosten zu tragen hat. Wegen der Drohung einer sofortigen Ausweisung wird es viel weniger Geständnisse von Delinquenten geben. Dies benötigt mehr amtliche Verteidigungen und führt zu mehr formalen Einsprachen. Die bereits heute möglichen verkürzten Verfahren nehmen ab.
Rechtsstaat darf nicht ausgehebelt werden
Die Schweizerinnen und Schweizer sind stolz auf den gut funktionierenden Rechtsstaat, der durch die Bundesverfassung gestützt ist. Diesen gilt es beizubehalten und nicht auszuhebeln. Die Skepsis gewisser Politikerkreise gegenüber fremden Richtern kann man noch gelten lassen. Das Misstrauen gegenüber den eigenen Richtern ist jedoch mehr als fragwürdig, werden doch von Bezirks- bis eidgenössischer Ebene Richterstellen nach dem Parteienproporz vergeben. Bezeichnend ist, dass unter den Strafrechtlerinnen und Strafrechtlern, welche die Durchsetzungsinitiative ablehnen, auch SVP-Mitglieder sind und sich selbst die Initiativ-Partei nicht einig darüber ist, was die Durchsetzungsinitiative für Secondos bedeutet. Klar ist, dass Secondos, also in der Schweiz geborene Ausländerinnen und Ausländer, mit Kriminaltouristen in den gleichen Topf geworfen werden.
Bestehende Regeln und Gesetze konsequent anwenden
Statt eine rechtswidrige, bürokratische und teure Initiative zu unterstützen, müssen in unserem Land die bereits bestehenden Regeln und Gesetze konsequent angewendet werden. Auch die Integrationsverantwortlichen sind gefordert. Sehr schnell werden gewisse Vorkommnisse mit anderen Wertvorstellungen und Traumata relativiert. Tatsächlich haben viele Kriegsflüchtlinge unvorstellbar Schreckliches erlebt, was sie aber nicht daran hindern kann, die Werte und Gesetze unseres Landes zu respektieren. Die freisinnige Ständerätin Karin Keller-Sutter aus St. Gallen schlägt genau hierzu einen Vertrag vor mit Asylsuchenden, Migrantinnen und Migranten. Politikerinnen, Politiker und Integrationsverantwortliche sind gefordert, dieses Anliegen zu unterstützen und voranzutreiben.
Die Durchsetzungsinitiative ist am 28. Februar klar abzulehnen, damit unsere schweizerische Errungenschaft, ein funktionierender Rechtsstaat, nicht der Willkür preisgegeben wird.
Claudia Simon, Gemeinderätin FDP
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