Mensch ärgere dich nicht

Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute über die Stärke des Om …

Dagmar Schräder bringt ihre Gedanken aufs Papier. (Foto: dad)

Nicht, dass ich Sie mit meinen ewigen Tiergeschichten langweilen möchte, irgendwann ist auch mal gut mit den Viechereien, aber ich habe heute eine Erleuchtung gehabt. Denn ich war mal wieder schon früh am Morgen im Stress. Musste ins Büro, vorher aber noch tausend Dinge erledigen. Und natürlich ging mein Zeitplan nicht auf. Meine Laune also im Keller. Und wer musste drunter leiden? Natürlich der sprichwörtlich arme Hund, der mich auf meinem Weg begleitete.

Im Gegensatz zu mir war er nämlich gut gelaunt, wie immer. Treu trottete er hinter mir her, hier ein wenig schnüffelnd, dort seine Duftmarke hinterlassend. Allzu schnell war er allerdings nicht unterwegs, er gehört eher der gemütlichen Gattung an. Ich wurde ungeduldig, zog an der Leine, versuchte ihn zu beschleunigen. Er schaute beleidigt, liess sich aber nicht beirren. Also begann ich zu fluchen und liess ihn wissen, dass ich genervt war. «Komm jetzt, ich habe keine Zeit. Musst doch auch nicht an jedem blöden Grashalm schnüffeln.» Nützte natürlich genauso wenig, mein Ärger prallte an ihm ab.

Um meine Nerven zu schonen, liess ich ihn von der Leine, in der Hoffnung auf erhöhte Kooperationsbereitschaft. Falsch gedacht. Denn das brachte ihn nur auf die Idee, in die entgegengesetzte Richtung zu laufen. Zum Komposthaufen: genau dahin, wo ein Vollpfosten immer Knochen deponiert. Für den Hund der Himmel auf Erden, für mich das Worst-Case-Szenario. Denn von dort, das wusste ich aus Erfahrung, war er kaum noch abrufbar. Und er wusste es auch.

Plötzlich war es vorbei mit seiner Gemütlichkeit, er beschleunigte seine Schritte, nicht ohne provozierend zu mir zurückzublicken. «Fang mich doch!», schien er sagen zu wollen. Ich merkte, wie mein Puls stieg. Kurz erwog ich, hinter ihm herzurennen, verwarf die Idee aber wieder. Das hatte ich schon mehrmals probiert – ausser einem roten Kopf und der Blamage vor der halben Nachbarschaft war der Erfolg der Methode bescheiden gewesen.

Schon wollte ich zu meiner üblichen Tirade ansetzen. Doch da überkam sie mich, die Erleuchtung: «Out of the Box–Handeln», das hatte ich mir doch mal vorgenommen! Statt zu schreien, besann ich mich und atmete kurz durch. «AJ», flötete ich dann, und es klang tatsächlich überzeugend, «Kuck mal, was ich hier Spannendes gefunden habe!» Ich nahm irgendeinen belanglosen Tannenzapfen zur Hand und imitierte gekonnt die Begeisterung, die er zeigt, wenn er etwas ganz besonders Spassiges entdeckt.

«Oh, wie toll», spielte ich mich in Rage. War ich albern? Völlig egal. Es wirkte: Der Hund schaute sich verdutzt um. «Wo bleibt denn die Schimpftirade?», schien er sich zu fragen. «Und was passiert da Interessantes?» Begeistert kam er mit flatternden Ohren angaloppiert. Ich war ganz gerührt. Zur Belohnung erhielt er einen Keks. So einfach war das also! Weniger ärgern und mehr Spass haben ist die Devise. Lässt sich wunderbar auf ganz viele andere Situationen im Leben übertragen.

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