Löölizüügs

Neulich in einem Open-Space-Workplace. Ich musste mich in so einen «trendy» Raum verziehen, weil ich anderswo keine Ruhe fand. Dort allerdings auch nicht, denn am Tisch gegenüber von mir arbeitete so ein Typ. Hoch konzentriert, und der hatte, im Gegensatz zu mir, sein Umfeld komplett ausgeblendet. Dies nicht wissend hatte ich begrüssend meinen Namen genannt und er mürrisch «Mike» geknurrt. Dann schwiegen wir. Bis er plötzlich laut «Jetzt haut’s mer dänn aber dä Nuggi use!» schnaubte. Ich schaute ihn an und fragte mich wo? Denn im Mund hatte er keinen. Dann war wieder Ruhe – bis zu diesem vorwurfsvollen «Warum machsch du das jetzt nöd?». Vorsichtig hob ich den Kopf, doch Mike schaute nicht mich an, sondern seinen Bildschirm, in den er nun ein «Woher söll ich DAS denn jetz wüsse?» murmelte. Er tippte irgend etwas ein und liess sein für ihn nicht existentes Umfeld dann wissen «Also da isch es nöd». Weiteres Getippe, stummes Warten und dann laut: «lies doch eifach mis Mail, du Lööli!». Das war aber glaub nicht das, was er dem Lööli gleich schrieb, denn einen Schluck Kaffee später kombinierte ich, dass Mike versucht hatte, etwas in eine Eingabemaske der Webseite des Löölis einzugeben. Und das klappte eben nicht. Klar, Löölis machen eben Lööliseiten. Worauf Mike dem Support-Lööli eben ein fragendes Mail gesandt hatte und nun eine Antwort las. «Guet dänn machemer das halt au no», murmelte er verzweifelnd, tippte, fluchte, zückte seine Kreditkarte und… «Was!? ‹Nöd korräkt oder abglaufe›, gaht’s no!». Ich duckte mich instinktiv, was hinter einem iPad-Mini gar nicht so einfach ist. «Blaas mer doch, du (hier wurden Adjektive zensuriert) Tubel, dänn gani ebe doch is Gschäft», manifestierte sich Mikes Nuggi-Rausgedönnere, er schlug seinen Laptop zu und stampfte aus dem Open-Space.
Ich blieb geduldig sitzen und verschob meinen nächsten Termin, damit ich die nächste Stunde sicher nicht Tramfahren muss. Denn bei meinem Glück wäre ich dem Mike dort wieder begegnet. Man kennt sie ja, diese potent bedrohlichen Typen, die sich in leeren öffentlichen Verkehrsmitteln neben einem setzen und dann lautstark wirres Zeugs absondern, über «Tuble», den FCZ, die «Manager», die versteckten Medikamente in der Gassenküche und wir, ihre Sitznachbarn, seien bestimmt darin verwickelt und sollen uns doch weiss Gott was alles. Derweil wir uns mit Liftfahrerblick versuchen unsichtbar zu machen und sieben Haltestellen zu früh aussteigen. Nun aber würde irgend ein ahnungsloser öV-Fahrgast Mikes Gebrabbel mitanhören müssen, über diesen Internet-Lööli und seinen Vetter im Geschäft danach, der sich mit ihm verschworen hatte und die Kreditkarte auch nicht akzeptieren wollte. Steig sofort aus, lieber öV-Benutzer, denn ich kann dir nicht sagen, wie lange Mike sein Löölizüügs nur verbal durchzieht.

So von Löu zu Löu
Frank Frei

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