Quartierleben
Läden Höngg: Leerstände wie seit Jahren nicht
In Höngg kommt es bis Mitte Jahr zu zwei weiteren prominenten Geschäftsaufgaben: bei Wohnderbar gehen Ende April, bis sie anderswo wieder angehen, die Lichter aus und beim Schoggi-König gibt es dieses Jahr zum letzten Mal Osterhasen: Ende Mai sind die süssen Zeiten vorbei.
28. Februar 2019 — Fredy Haffner
Die Überraschung war gross, als auf Homegate neulich gleich zwei Ladenlokale in Höngg ausgeschrieben waren.
Zuerst schliesst Adrian Jaggy sein Inneneinrichtungsgeschäft «Wohnderbar» an der Limmattalstrasse 204 per Ende April und zügelt an seinen Wohnort in Illnau-Effretikon. Jaggy gründete seine Firma 1989 noch in der elterlichen Wohnung und hatte sein erstes Domizil dann ab Frühling 1990 an der Limmattalstrasse 189, dem Lokal, das er vom weggezogenen Inneneinrichter Huber übernahm. Weil die damalige Hauseigentümerin den Vertrag im Glauben, eine Bank oder Versicherung würde mehr für das kleine Lokal bezahlen, nicht verlängern wollte, zog Jaggy im Herbst 1992 auf die andere Strassenseite an die Limmattalstrasse 204. Kundschaft hatte er dort aus dem ganzen Kanton.
Seinen Wegzug aus Höngg nach 30 Jahren begründet er damit, dass die Mieten für Geschäftslokale – viele davon im Besitz weniger grosser Firmen – auf einem künstlich hohen Niveau gehalten würden und man dem Detailhandel nicht entgegenkomme. Auch er hat das so erlebt: Trotz Verhandlungen erhielt er erst nach seiner Kündigung eine Offerte für einen etwas tieferen Mietzins. Konkret sagt er: «Die Präferenzen im Zentrum Hönggermarkt werden von der Besitzergesellschaft und deren Verwaltung falsch gesetzt: Erst die engagierten Detaillisten machen eine Geschäftsliegenschaft zu dem was sie ist, und nicht die Liegenschaft selbst. Es darf nicht sein, dass aufgrund renditegetriebener Entscheidungen leerstehende Lokale an Firmen vermietet werden, welche vorhersehbar und aktiv den Geschäftsverlauf benachbarter Detailhändler stören, behindern und beeinträchtigen». Also zieht «Wohnderbar» Ende April nach Illnau-Effretikon. Wann und mit welchem Angebot an der Limmattalstrasse 204 wieder die Lichter angehen, ist unbekannt.
Schoggi-König schliesst Ende Mai
Nicht umziehen, sondern Ende Mai ganz schliessen wird «Schoggi-König», der seit 25 Jahren an der Limmattalstrasse 206 ein fester Bestandteil auf Höngger Einkaufsrunden ist, wenn es darum geht, jemanden oder sich selbst süss zu beschenken. Doch die feinen Osterhasen und die dekorativen Ostereier wird es dieses Jahr leider zum letzten Mal geben. Andere Geschäfte feiern ein Jubiläumsjahr, doch Judith Balogh und Peter Kümmin haben nach 25 Jahren erfolgreicher Geschäftstätigkeit beschlossen, aufzuhören: «Der Entschluss für die Schliessung per Ende Mai dieses Jahres wurde wie die Gründung damals spontan gefasst», erzählen die beiden dem «Höngger», «einerseits mit einer gewissen Wehmut, weil wir an die vielen Kunden denken, die jahrelang mit grosser Freude bei uns eingekauft und die Produkte sowie die Bedienung beim Schoggi-König sehr geschätzt haben. Andererseits aber auch mit dem Wunsch nach etwas mehr Freizeit». Vor allem für Judith Balogh, die als gelernte Konditorin/Confiseurin nicht nur für die Produktion, sondern auch für den Verkauf verantwortlich ist, blieb und bleibt mit einer Sechstagewoche sehr wenig Freizeit übrig.
Auch hier ist nicht bekannt, was für eine Firma allenfalls neu einziehen wird.
Wechsel an der Limmattalstrasse 164
Nicht zu einer Geschäftsaufgabe, aber zu einer Übergabe mit Standortwechsel kam es Mitte Januar beim seit 1951 hier ansässigen Traditionsgeschäft Foto Video Peyer. Elmar und Edith Föhr traten in den Ruhestand und verkauften das Geschäft an ihre ehemalige Lehrtochter Sabrina Steiger. Diese zügelte das Geschäft an die Limmattalstrasse 126, wo zuvor Bang&Olufsen eine Filiale betrieben hatte. Begleitet hatten den Standortwechsel Höngger «Dorfgerüchte», die wissen wollten, dass die Stadt Zürich, Eigentümerin der Liegenschaft und vertreten durch Liegenschaften Stadt Zürich (LSZ), das Lokal nicht an die junge Frau hatte vermieten wollen.
Kuno Gurtner, Kommunikationsverantwortlicher LSZ, korrigiert nun auf Anfrage des «Hönggers», dass «die Stadt» das Lokal wie alle freiwerdenden städtischen Lokale und Wohnungen habe ausschreiben müssen, letztlich aber an Föhrs Nachfolgerin habe vermieten wollen. Am Tag der geplanten Vertragsunterzeichnung habe diese sich aber zurückgezogen, weil sie eine andere passende Lösung gefunden habe. Als Begründung habe sie, so schreibt Gurtner, auch angegeben, dass ihr das Vermietungsverfahren zu lange gedauert habe – zwischen dem ersten Kontakt Anfang September und dem Unterschriftstermin waren zweieinhalb Monate vergangen.
Einer wird sich darüber freuen: Per 1. April kann «das tapfere Schneiderlein», der Jet-Schneider, der zuvor gleich nebenan seine beliebte Schneiderei betrieben hatte und seit geraumer Zeit an der Limmattalstrasse 195 eingemietet ist, wieder an die passantenfreundlichere Lage am Meierhofplatz ziehen. Wer sein Nachfolger in der Nummer 195 wird, ist offen.
Weiter Leerstände
Doch damit ist die Liste noch nicht voll: Auch «MedForming» an der Limmattalstrasse 274, im gleichen Gebäude wie «Bravo» und «Steiner», hat das 68 Quadratmeter grosse Lokal ausgeschrieben. Terminlich «auf Anfrage». Ebenfalls leer steht das Lokal an der Limmattalstrasse 224 am Zwielplatz. Dort war «Coiffeur Tanja» zu Hause, bis sie nun an die Regensdorferstrasse 9 zog: Wo früher der «Hunter Store» seine Hundeartikel zu verkaufen versuchte, hat sich «Coiffeur Tanja» ein helles, modernes neues Heim geschaffen.
Seit längerer Zeit leer steht die Lokalität des ehemaligen Restaurants Rütihof an der Rütihofstrasse 19. Dort versucht man, die «ehemalige Restaurantküche mit Nebenräumen zum Beispiel für Foodproduktionen» zu vermieten, allerdings mit dem Hinweis, dass die technischen Anlagen wie Lüftung und Kühlung nicht mehr den heutigen Standards entsprächen. Zusammen oder auch separat zu mieten ist der ehemalige Gastraum, gerne «als Büros, oder Künstlerateliers, Vereinslokal oder an eine Brockenstube mit wenig Lärmimmissionen». Was auf Homegate nicht steht, der «Höngger» aber aus sicherer Quelle erfahren hat: es handelt sich wohl nur um eine Zwischennutzung, denn derzeit ist eine Immobilienfirma damit beauftragt, eine Bedarfsabklärung im Rütihof durchzuführen, mit dem Ziel, das Lokal ab September wieder zu vermieten. Ein reiner Restaurantbetrieb, so habe man festgestellt, habe im Rütihof schlechte Karten – gut möglich also, dass sich aus einer als Zwischennutzung ausprobierten Lösung eine längerfristige Geschichte entwickeln wird.
Ebenfalls im Rütihof läuft aktuell mit ungewissem Ausgang die Neuvermietung des Bistros der konkursiten Beck Keller AG.
Und was am Meierhofplatz im Dauerleerstand im Gässli 2 läuft, wagt man nach nunmehr sieben Jahren fast nicht mehr zu fragen. Ende 2017 lagen dieser Zeitung Informationen vor, wonach eine Zürcher Zahnarztklinik hier einen zweiten Standort eröffnen wolle. Seither ist aber nichts mehr geschehen und besagte Klinik hat auf eine Anfrage des «Hönggers» bis Redaktionsschluss nicht reagiert.
Fazit: Seit damals, 2012, als der Verein Handel und Gewerbe Höngg seine grosse Bevölkerungsumfrage zum Detailhandel durchführte, ist nur zwischenzeitlich eine leichte Besserung eingetreten. Weitere Traditionsgeschäfte sind seither verschwunden und die Leerstände sind aktuell so hoch wie kaum je. «Höngg, quo vadis», wie vor sieben Jahren gefragt wurde, bleibt aktuell.
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