Vereine
«Kochen – das liebenswürdigste Männerhobby»
Männer, die kochen, sind heute breit akzeptiert. Als in Höngg 1987 die Winzer Chuchi, eine Männer-Kochgruppe, gegründet wurde, dürfte das noch anders gewesen sein. Sie hat sich aber bis heute gut gehalten.
28. April 2021 — Patricia Senn
Dass es in Höngg, gemessen an der Quartierbevölkerung, sehr viele aktive Vereine gibt, ist bekannt. Dass es auch eine Männer-Kochgruppe gibt, war der Redaktion neu, obwohl viele alteingesessene Höngger*innen die Gründungsväter noch gekannt haben dürften, auch wenn die meisten von ihnen bereits verstorben sind. 1987 gründete Ingenieur Ruedi Welti (1922-2017) zusammen mit drei Freunden, dem Ingenieur Ernst Hauser, Ewald H. Werren und Architekt Franz Scherrer, die Winzer Chuchi Zürich Höngg. Der Verein trat gleich dem Schweizerischen Club Kochender Männer bei, der schon seit 1959 existierte. Einmal im Monat, immer mittwochs, schwangen die Hobbyköche die Kellen und kredenzten an der sogenannten «Chochete» bis fünf Gänge mit reichlich Weinbegleitung. Seither sind viele der ehemaligen Mitglieder, darunter auch Bijoutier Ruedi Gloor und Grafiker Hansheinrich Pfister verstorben, doch der Verein, der immer aus maximal acht Männern bestand, traf sich ununterbrochen bis heute, meist in der Kellerküche von Malermeister David Schaub (1937-2017), der ebenfalls Teil der illustren Runde war. Obwohl es nur ein kleiner Kreis war und ist, sei es der Gruppe nie darum gegangen, elitär zu sein, erzählt Paul Blöchlinger, früherer Leiter der Bläsi-Drogerie und seit 2013 Präsident des Vereins. 1988 war er über seinen Nachbarn Welti zur Kochgruppe gestossen und lange der weit Jüngste im Bunde gewesen. «Die älteren Männer haben die Jungen immer mit offenen Armen empfangen und das ist auch heute noch der Fall», so Blöchlinger. Der letzte Koch der alten Garde war der erst kürzlich verstorbene Lebemann Hansheinrich Zweifel. Mit ihm waren eine Zeit lang drei Generationen in der Winzer Chuchi vertreten: Zweifel, Blöchlinger und dessen Sohn Marc. Heute zieht die Höngger Truppe den Altersdurchschnitt des Schweizerischen Clubs Kochender Männer weit hinunter. Obwohl Männer am Herd spätestens durch das Aufkommen von Fernsehkochshows salonfähig geworden sind, kennen auch die Kochvereine ein Überalterungsproblem.
Rezepte und Geschichten aus dreissig Jahren
Vor vier Jahren machte sich Blöchlinger im Vorstand für die Idee stark, die Rezepte, die er in den vergangenen dreissig Jahren akribisch bis zum allerersten handgeschriebenen Zettel gesammelt hatte, in ein Buch zu fassen. Entstanden ist ein Kochbuch mit 123 Menüs und über 420 Rezepten. Es ist in den Farben Hönggs gehalten: Rot, grün und weiss. Das Titelbild zeigt das Höngger Wappen mit einer goldenen Kochkelle anstelle des Stabs. Obwohl es ganz ohne Bilder auskommt, fliesst einem beim Durchblättern das Wasser im Mund zusammen. Sehr beliebt scheint das Rindsfilet in all seinen Variationen sowie Erdbeer-Desserts zu sein. Es gibt aber auch mediterrane Gerichte wie Salat von Feigen, Rosenkohlblättern und Formaggini an Baumnuss-Dressing oder ostasiatische Menüs wie frittierte Eier an pikanter Kokossauce und Pouletbeinchen an süsser Ingwer-Sojasauce. «Jeder Koch hat so seine Spezialität», erzählt der Präsident. Ruedi Welti sei ohne Zweifel der beste Koch von allen gewesen, der kreativste sei laut Blöchlingers Einschätzung einer der jüngsten, Matthias Fünfschilling.
Natürlich liesse sich auch mit den erlebten Anekdoten ein Buch füllen. Unvergessen bleibt die Geschichte der versalzenen Kürbissuppe, die von drei Männern ohne zu probieren immer wieder aufs Neue gewürzt wurde und schliesslich auch mit zwei Liter Milch, drei Liter Wasser und reichlich Rahm verdünnt ungeniessbar blieb und weggeschüttet werden musste. Oder die zahlreichen Male, als Stimmungsbombe Hansheinrich Zweifel beim Apéro einen Witz am anderen erzählte, worüber sich das Kochen und Essen immer tiefer in die Nacht verschob, bis man schliesslich in den frühen Morgenstunden noch auf einen Absacker bei Welti landete. Wohlgemerkt an einem Arbeitstag. Das zeigt sehr schön den eigentlichen Zweck der Winzer Chuchi: In guter Gesellschaft einen schönen Abend verbringen, gemeinsam kochen, lachen und gut essen und trinken.
Im Laufe der Jahre erhielt der Verein auch immer wieder Gelegenheit, im Ausland für grosse Gruppen zu kochen. «Wir versuchen jedes Jahr eine kleine Reise zu organisieren und manchmal ergibt es sich, dass wir für oder mit anderen kochen», erzählt Blöchlinger. So durften die Männer in einem Restaurant in Prag für 100 Gäste Züri-Gschnätzlets mit Röschti zubereiten und liessen eigens dafür ein Kalb schlachten. «Alle waren so begeistert von dem Gericht, dass wir das Ganze am nachfolgenden Abend für 120 Gäste wiederholen mussten», erinnert er sich stolz. Oder sie besuchten das ehemalige Clubmitglied Fredy Oertle in Denia, um sich dort von den Hobbyköchen der Gruppe «Amigos de la buena cocina» die spanische Küche zeigen zu lassen.
Kochen ist heute auch bei Männern beliebt
Die Statuten des Vereins schreiben vor, dass maximal acht Aktivmitglieder aufgenommen werden dürfen. Dennoch würde sich Blöchlinger freuen, man könnte als Höngger Verein wieder mehr Männer aus dem Quartier dazu motivieren, der Kochgruppe beizutreten, vielleicht als eine Art Untergruppe. Mittlerweile werde man auch nicht mehr schräg angeschaut, wenn man als Mann kochen wolle. Ohnehin wären die kochenden Männer gerne wieder mehr in Höngg präsent, zum Beispiel mit einer Chuchi am Wümmetfäscht. Jahrelang haben sie Treberwürste an verschiedenen Festen verkauft, diese Spezialität würde doch sicherlich auch zu einem Winzerfest passen. Vielleicht geht dieser Wunsch ja 2022 in Erfüllung. Bis dahin wird die Winzer Chuchi sicherlich noch zahlreiche kulinarische Abenteuer erleben.
Das Buch «Winzer Chuchi – 1987 bis 2017» ist in der Redaktion der Höngger Zeitung am Meierhofplatz 2 zu kaufen. Preis: 25 Franken.
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