Kesse Biene und flotter Hahn

Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute über die Gefahren, denen sie im Alltag ausgesetzt ist.

Dagmar Schräder bringt ihre Gedanken aufs Papier. (Foto: dad)

Das Leben ist einfach gefährlich. Besonders ausserhalb der eigenen vier Wände. Ich habe es erst heute wieder erlebt. Da gehe ich völlig ahnungslos und guter Dinge spazieren. Noch vor der Arbeit kurz die Beine vertreten und die Hühner versorgen. Gedankenverloren geniesse ich die morgendliche Ruhe. Wie schön das Leben im Frühling ist.

Da, plötzlich, ein Summen direkt um meine Ohren und Augenblicke darauf ein stechender Schmerz an der Stirn. Autsch! Ein kleines Insekt summt verärgert um mich herum. Eine Biene auf Angriff. Ganz schön frech, ich hab ihr schliesslich nix getan. Wild fuchtle ich um mich herum und kann das Ding irgendwie abschütteln.

Auf meiner Stirn bildet sich ein grosser roter Fleck, leicht erhaben. Das Auge schwillt auch schon etwas zu. Sieht super aus. Und brennt höllisch. «Bin ich eigentlich allergisch?», frage ich mich, leicht panisch. Was, wenn ich jetzt auf der Stelle einen Schock erleide? Es würde eine ganze Weile dauern, bis man mich finden würde.

Die Hypochonderin in mir wacht auf. Nur die Ruhe bewahren. Ich betrete den Hühnerhof, beginne, das Wasser und die Futterbehälter aufzufüllen. Öffne die Hühnerklappe, die Hennen spazieren ins Freie, fröhlich krähend und gackernd. Tut einfach gut, das Landleben. Mir geht’s schon wieder etwas besser.

Doch ich habe die Rechnung ohne Boris gemacht. Boris ist ein Miststück von einem Hahn. Eigentlich ein Zwerghahn, aber das hat ihm offensichtlich niemand gesagt. Er denkt, er sei der Grösste und müsse jeden, der sich den Hühnern nähert, angreifen. Perfide, wie er ist, schlägt er immer dann zu, wenn man es am wenigsten erwartet. Wenn man zum Beispiel damit beschäftigt ist, den Hühnern guten Morgen zu wünschen. Und ohnehin schon etwas lädiert ist. Wer denkt da schon an Boris? Verhängnisvoller Fehler. 

Denn kaum ist die Klappe offen, hat er mich gesichtet. Und kommt in gestrecktem Galopp auf mich zugerannt. Natürlich von hinten, denn feige, wie er ist, greift er stets von hinten an. Bis ich ihn wahrnehme, ist es schon zu spät. Mit Karacho rammt er mir seine Sporen ins Bein. Die sind im Verhältnis zu seinem Körper riesig. Tut richtig weh. Und meine Hose hat jetzt ein Loch.

Keine Ahnung, welcher Teufel diesen Kerl reitet. Eigentlich kann er sich nicht beklagen. Hab ihm noch nie was zuleide getan. Doch schon geht er wieder in Kampfstellung. Stellt seine Federn auf, scharrt und pickt provozierend.

Zum Glück kommt da Günther um die Ecke, mein Ganter. Vor dem hat selbst Boris Angst. Kleinlaut verkriecht er sich und wechselt von Angriff auf Flirt, indem er seinen Hennen hinterhersteigt. Ich nutze die Chance, fliehe vom Tatort und begutachte den Schaden. Ein Loch in der Hose und eine kleidsame Beule auf der Stirn. Toll.

Kann ich so zur Arbeit gehen? Na klar.  Dann sehen die anderen wenigstens, welche Strapazen ich auf meinem Arbeitsweg auf mich nehmen muss.

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