Fokus
«Ich bin sehr Höngg-patriotisch»
Er mag Rap und das Spiel «Dungeons and Dragons». Sein liebster Rückzugsort ist der «Kasten» im Rütihof, dort ist Martin Faehnrich häufig anzutreffen. Was in seinem Leben sonst noch wichtig ist, erzählt er dem «Höngger» in einem Gespräch.
26. Februar 2019 — Lara Hafner
Junge Gesichter aus Höngg
Was wäre ein Fokusthema zum Thema Jugend, ohne Porträts von Jugendlichen aus Höngg?
Um junge Menschen zu verstehen, herauszufinden, was sie denken, planen und sich wünschen, reicht es nicht, sich selber ein stereotypenreiches Bild der Jugend zusammenzustellen. Die verlässlichste Quelle sind die Jungen selber, denen der «Höngger» in diesem Fokusthema eine Stimme gibt. Einen Einblick in das Leben von drei jungen Menschen, welche Höngg ihr Zuhause nennen.
«Ich habe kürzlich einen Test bezüglich meiner Studienrichtung gemacht und dieser empfiehlt mir Theologie – eher nicht», lacht Martin Faehnrich. Der 17-Jährige besucht das Gymnasium der Kantonsschule Zürich Nord, im mathematischen Profil. Mathematik zu studieren kommt für ihn, wie die Theologie, aber überhaupt nicht in Frage, dann lieber Geschichte oder Germanistik. Vielleicht wäre auch der Lehrerberuf etwas für ihn, meint er. Seit der vierten Klasse wohnt Martin im Rütihof und verbringt dort auch den grössten Teil seiner Freizeit. Denn wenn er nicht in der Schule oder zu Hause ist, ist er im Kasten. «Der Kasten ist unser Zufluchtsort. Oft sind auch ein paar ältere da, die einen Schlüssel haben und uns dann auch unter der Woche reinlassen. Denn der Kasten ist offiziell nur während den Angeboten der Jugendarbeit offen, die restliche Zeit über wird er von zwei jungen Erwachsenen selbstverwaltend genutzt.» Seit 2010 ist der blaue Container im Rütihof ganz den Jugendlichen gewidmet. Martin und seine Freunde sind besonders im Winter froh um dieses Angebot, denn in dieser Jahreszeit haben Jugendliche in Höngg sehr limitierte Möglichkeiten, sich ausserhalb ihres Daheims ins Warme zurückzuziehen. «Wir spielen manchmal UNO und einmal in der Woche treffen wir uns für eine Runde <Dungeons and Dragons>. Ein super Spiel», erzählt Martin. «Dungeons and Dragons» ist ein Pen- and Paper-Rollenspiel, in dem die Spieler verschiedene Fantasie-Charaktere einnehmen und gemeinsam durch Erzählen Abenteuer erleben. Am Freitag- oder Samstagabend geht es manchmal auch ins Stadtzentrum. «Meistens kaufen wir uns einfach Alkohol, hören gemeinsam Musik und geniessen im Sommer das Wetter am See. Für den Winter haben wir einen anderen Ort gefunden, eine windgeschützte Stelle in der Nähe einer Brücke. Diejenigen aus meinem Freundeskreis, die keine Lehre machen, haben kaum Geld, um in eine Bar zu gehen oder so. Höchstens ab und zu mal», so Martin, dem der See als Schüler ebenfalls besser ins Budget passt und der froh um offene Räume wie den Kasten ist.
Volg gleich Kaff
Martin bezeichnet sich selbst als «Höngg-patriotisch». Er ist sehr oft im Quartier und wohnt auch gerne hier. Auf der einen Seite mag er die Läden und das Städtische, das Höngg mit dem Meierhofplatz seiner Meinung nach hat. «Es ist nicht so, als gäbe es hier einen Volg, der einen gleich als Kaff abstempelt.» Seine Kleidung besorgt er sich allerdings im Letzipark oder in Altstetten. Auf der anderen Seite mag er den Wald, in den man sich im Sommer zurückziehen kann, die Fussballplätze bei den Schulhäusern und den Fakt, dass Höngg quasi ein Berg ist. Laut seiner Einschätzung gibt es in Höngg schon vieles, im Rütihof allerdings fehle einiges. Er fände es zum Beispiel angenehm, wenn ein Denner in das Lokal des ehemaligen Beck Keller einziehen würde, seine Freunde dagegen wünschen sich dort eine Shisha Bar. Das Angebot für Junge im Quartier sei begrenzt, in Jugendräumen wie dem Kasten sieht Martin jedoch eine super Möglichkeit. Andere Jugendangebote nutze er nicht und würde sich wahrscheinlich auch gar nicht dafür anmelden. Ab und zu informiere er sich darüber, was sonst noch so läuft, mehr als Kindergartenaktivitäten seien ihm allerdings bisher noch nie aufgefallen.
Auch Drogen sind ein Thema
«Wie fast jeder Höngger, habe auch ich früher etwa ein halbes Jahr lang beim SV Höngg gespielt. Heute treffe ich mich manchmal einfach noch mit Freunden, um ein wenig zu spielen.» Aktiv trainiert Martin zurzeit im Kraftraum der Schule und würde sehr gerne in naher Zukunft einen Kampfsport ausprobieren. Klavier spielen lernen steht ebenfalls auf seiner Liste. Neu hinzugekommen ist die Aufgabe, YouTube-Videos hochzuladen. «Ich habe gegen einen Freund eine Game-Wette verloren und nun nehme ich einfach meine eigenen Spiele auf und stelle sie ins Netz.» Gamen sei schon noch ein Thema in seinem Leben, aber längst nicht mehr so zentral wie vor ein, zwei Jahren. Heute gehe er lieber in den Kasten, um seine Kollegen zu treffen, wenn er an einem Abend Zeit habe. In den sozialen Medien hingegen ist er relativ aktiv, auf Instagram mag er Memes, WhatsApp hat sowieso jeder. «Wir haben einen Chat, in dem rund 18 Jungs aus Höngg drin sind. Dort diskutieren wir manchmal über die verschiedensten Dinge, ein aktuelles Gesprächsthema ist zum Beispiel das Militär, weil das langsam für alle aktuell wird», erzählt Martin. Mit seinen Freunden spricht er über beinahe alles. Auch Drogen sind ein Thema, denn die bravsten Kids seien auch sie nicht. Dafür anscheinend super, wenn es um Teamwork geht: «Ich bin auf Snapchat geradezu süchtig nach «Streaks». Die bekommt man, wenn man innerhalb von 24 Stunden mit einer Person einen Snap hin und her schickt. Mit Mauro, einem Kollegen habe ich bereits etwa 170.»
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