Höngg persönlich: René Graf

René Graf erkennt man leicht an seiner strohblonden Mähne, um die ihn jeder Wikinger beneiden würde – und an seinem federnden Gang. Doch der 39-jährige Vater zweier Kinder fährt weder zur See noch spielt er Basketball. Er ist Zimmermann bei der Firma Kropf Holz in Höngg.

René Graf, vom Fotografen «gestört» bei der Arbeit vor dem Wohnzentrum Frankental.

Aufgewachsen ist Graf in der Grünau. Sein Vater war Schreiner und Holz war somit dem jungen René früh vertraut. Doch die Arbeit seines Vaters war für seine Hände zu fein und er konnte sich auch nicht vorstellen, die ganze Zeit in einer Werkstatt zu arbeiten. Also lernte er Zimmermann. Gut könnte man sich Graf in der Kluft des Zimmermanns auf der Walz vorstellen, doch er zog nie durchs Land und fragte in der Fremde nach Arbeit und Unterkunft, wie es eine uralte Berufstradition ist. Seit 1993 wohnt er in Höngg und arbeitet bei Kropf Holz. Zuerst noch bei Jürg Kropf und seit Anfang 2008 auch bei dessen Sohn Urs, der den Betrieb nun bereits in dritter Generation führt. René Graf hat mit Urs Kropf bereits gearbeitet, als dieser seine Lehre im Betrieb des Vaters machte. Dass aus dem «Stift» der Chef wurde, war nie ein Problem, zu gut sei das Verhältnis, sagt Graf. Überhaupt kann man sich nicht viel vorstellen, dass etwas Graf aus der Ruhe bringen könnte. Er nimmt die Dinge, wie sie kommen, gewissenhaft und Stück um Stück. Sein Beruf habe sich sehr verändert in den letzten Jahren, sagt Graf. Aufrichten, also das Erstellen ganzer Dachstühle, eigentlich das Kerngeschäft der Zimmerei, seien heute selten geworden. Heute würden grössere Firmen die ganzen Aufbauten nach Computerplänen vorfertigen und liefern – Handwerkern wie ihm bleibe nur die Endmontage auf dem Bau.

Arbeit wurde mehr ins Freie verlegt

Doch Graf sieht darin nicht zwingend einen Nachteil: er, der ja gerade die Arbeit im Freien einem Arbeitsplatz in der Schreinerei vorgezogen hatte, stört dies nicht sonderlich. Stiller Schaffer, der er ist, wischt er die Frage des «Hönggers» mit einem «Man kann das Rad der Zeit nicht zurückdrehen» beiseite. Komplette Dachstockausbauten inklusive Lukarnen und Dachflächenfenstern, Renovationen und Innenausbau: So umschreibt der Zimmermann das Auftragsgebiet «seiner» Firma. Die Abwechslung und die kleine Grösse des Betriebs schätzt er. Seine Freizeit gehört der Familie. Bis vor einem Jahr verbrachten sie zusammen viel Zeit im Schrebergarten, doch nun haben sie diesen aufgegeben: «Jetzt, da die Kinder alt genug wären, um wirklich eine Hilfe zu sein, wollen sie nicht mehr – früher war das umgekehrt», lacht Graf und fügt den wahren Grund gleich an: «Nebst der Schule sind die Kinder im Cevi engagiert, am Samstag fehlt einfach die Zeit.» Bevor er die Frage nach anderen Hobbys beantworten kann, verstummt im Hintergrund endlich die Kreissäge des Kollegen Christian Morger: Zeit, um am Bodenrost der Pergola im Wohnzentrum Frankental weiter zu arbeiten. Die wievielte Schraube seiner Kariere er hier wohl rein drehe? «Die Zigmillionste», kommt die Antwort lachend, «alleine bei diesem Rost werden gut 4000 Schrauben in das naturbelassene Lärchenholz gedreht – über all die Jahre müssen das Berge von Schrauben gewesen sein.» Sagt’s und verlegt mit seinem Kollegen den nächsten Teil des Bodens, Stück um Stück, ganz nach Art René Graf.

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