Baugeschichte Höngg
Höngg ist nicht gebaut
Raumplanung, Städtebau, Gebäudesanierung, Ersatzneubauten und Verdichtung sind als Schlagworte in aller Munde. Und in Höngg? Ist Höngg, um die ehemalige Stadträtin Ursula Koch (unvollständig) zu zitieren, «gebaut»? Nein, denn jedes Siedlungsgebiet entwickelt sich dynamisch. Das zeigt sich auch im Fokusthema dieser und der folgenden Ausgaben des «Hönggers».
1. März 2017 — Fredy Haffner
Wer sich den Katasterplan von Höngg anschaut sieht vor allem eines: Massenhaft kleine Parzellen, in denen sich heute noch mehrheitlich die ursprünglichen Rebbau- oder Landwirtschaftsflächen erkennen lassen: Sehr viele, aber kleine Grundstücke, die grösstenteils in Privatbesitz sind. Wie entwickelt sich ein solches Gebiet? Nach welchen Regeln wurde oder wird es erstmals bebaut? Wer gibt vor, was wo erlaubt ist? Gibt es so etwas wie einen Masterplan für ein Gebiet wie Höngg? Oder wird einfach nach den Bedürfnissen der Landbesitzenden oder des Marktes gebaut? Und nach welchen Kriterien werden alte Gebäude abgerissen und durch neue ersetzt? Offensichtlich ist, dass in Höngg seit geraumer Zeit eine rege Bautätigkeit eingesetzt hat. Da werden die letzten Parzellen oder Lücken überbaut, dort alte Gebäude und teils ganze Siedlungen abgerissen und, stark verdichtet, neu aufgebaut. Die Höngger «Skyline» ist im Umbruch.
Hönggs Bevölkerung wird immer jünger
Auch die Bevölkerungsstruktur verändert sich, wobei sich die Frage nach dem Huhn oder dem Ei stellen liesse. Ein Blick auf die Erhebungen von «Statistik Stadt Zürich» beweist jedenfalls: Höngg verjüngt sich (siehe Abbildung). Vergleicht man die Zahlen von 1995 mit jenen von 2015, so sieht man, dass die Altersgruppe 0 bis 9 Jahre gemessen an der Gesamtbevölkerung von 7,96 auf 10,34 Prozent zugelegt hat. Nur geburtenstarke Jahrgänge? Nein, denn im gleichen Zeitraum sind die Altersgruppen 10 bis 19 und 20 bis 29 ziemlich stabil geblieben, während die vermutlichen Eltern der Gruppe 0 bis 9 markant zugenommen hat: Bei den 30- bis 39-jährigen von 16,11 auf 18 Prozent und bei den 40- bis 49-jährigen von 13,89 auf 15,34 Prozent. Es zogen also in den diesen zwölf Jahren vermehrt Familien nach Höngg. Höngg sei überaltert, heisst es seit Jahren hartnäckig. Davon ist definitiv Abschied zu nehmen: Die Altersgruppen ab 50 nahmen kontinuierlich ab: die 50- bis 59-jährigen von 14,43 auf 12,3 Prozent, die 60- bis 69-jährigen von 13,03 auf 9,89 Prozent und die 70- bis 79-jährigen von 9,84 auf 8,85 Prozent. Erst die Generation 80-plus verzeichnete dank den gestiegenen Lebenserwartungen wieder einen Anstieg von 5,77 auf 6,81 Prozent. Die Bevölkerungsverjüngung und weil viele der Bauten aus den «Höngger Jahren des Baubooms» ein sanierungsbedürftiges Alter erreicht haben oder demnächst erreichen werden, führen dazu, dass Höngg «nicht gebaut ist» – und überdies wurde Ursula Kochs Aussage vom 16. März 1988 kaum je vollständig zitiert, denn im Originalmanuskript lautete es: «Die Stadt ist gebaut. Sie muss nicht neu- sondern umgebaut werden. Umgebaut zu einem lebenswerten Zürich, mit hohen urbanen Qualitäten». Zürich hat seither diesen Weg eingeschlagen und bereits sehr weit realisiert. Ganz Zürich? Nein, in Höngg macht man sich gerade erst an diesen Prozess. Ersetzt man «Zürich» in Ursula Kochs Satz durch «Höngg» und erlaubt sich aus ihrem «urbanen» noch ein «dörflich-urbanen» zu machen, dann sieht man schnell, dass Höngg tatsächlich nicht gebaut ist. Wohin die Reise wohl geht? Wer hat sie gebucht und wer leitet sie?
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