Quartierleben
«Heinz de Specht» kommen nach Höngg
Seit acht Jahren feiern «Heinz de Specht» Erfolg an Erfolg. Ihr drittes Programm heisst wie es ist: «Schön». Mit träfen Untertönen und feinsinnigem Witz. Dass sie am 6. Oktober in Höngg auftreten, kommt nicht von ungefähr und man braucht nicht Ornithologe zu sein, um hinzugehen.
20. September 2012 — Fredy Haffner
«Im Gegensatz zu den Beatles, die nie in Liverpool ein Konzert gaben, als sie berühmt waren, kehren wir auf dem Höhepunkt dorthin zurück, wo alles begann», kommentiert Christian Weiss im Gespräch mit dem «Höngger» augenzwinkernd und dennoch trocken den kommenden Auftritt im Rahmen des Herbstprogramms des Forums. Tatsächlich haben zwei der drei «Spechte» einen starken Bezug zu Höngg: Daniel Schaub, hier aufgewachsen und zuhause, lernte den Wipkinger Weiss in den Kellern des «Sonneggs» kennen, wo beide mit ihren damaligen Bands ein- und ausgingen, bevor sie an den ersten Höngger Openairs auftraten. Nur der St. Galler Roman Riklin lebt «erst» seit zwölf Jahren in Zürich, die letzten sechs in Wipkingen. Er steht vor dem Interview, zu dem alle drei ins Kirchgemeindehaus gekommen sind, zum ersten Mal in dessen grossem Saal. «Kirchenakustik», hält er nachdenklich fest, bevor man sich im Foyer unterhält. Ein Gespräch mit allen drei «Spechten» gleichzeitig hat etwas Dreifaltiges. Nicht dass die «Spechte» heilig wären – ganz im Gegenteil –, doch egal was man fragt, es antworten drei, jeder etwas anderes und doch als Einheit. Auch einer musikalischen Einordnung entziehen sie sich. «Wenn sich jemand dieser Aufgabe annehmen will, bitte», resümiert Weiss, «doch uns ist eine Schubladisierung nicht wichtig.»
Kleinkunst, ganz gross
Wer aber sind sie, diese drei virtuosen Musiker und Sänger? Die Spechte haben sich in der Schweizer Musik- und Kleinkunstszene einen festen Platz erobert. Von «Kleinkunst» zu schreiben, wird dem Trio jedoch kaum gerecht: Das «Klein» stört irgendwie. «Schön», das dritte Programm aus der «Specht»-Küche, erntet rundum gute Kritiken und verdient seinen Namen. «Wegen unserem Äusseren», würden die drei Protagonisten nun einwerfen, doch natürlich sind es vor allem die musikalische Perfektion und die hintersinnigen Texte, die «schön» sind. Während gewisse Lieder in Stimmung und Aussage eindeutig sind, kommen andere als wahre Ohrwürmer leicht und locker daher – versehen mit einem Zeitzünder, der den sarkastischen Charakter der Songzeilen beim Zuhörer erst verzögert zur Wirkung bringt und einem das Lachen noch im Nachhinein im Hals stecken bleiben lässt. Wenn Roman Riklin dennoch eine Einordnung wagt, dann so: «Die Bezeichnung ‹Liedermacher› wäre zu altmodisch, Begriffe wie ‹Chanson› oder ‹Mundartsongs› zu brav, ‹Musikkabarett› zu klassisch und ‹Comedy› zu irreführend. Und doch haben wir von all dem etwas.» Wer tiefer rein hört, ist versucht zu sagen: Etwas «Stiller Has», etwas «Element of Crime», etwas Mey und Wecker – humoristisch, ernst, leicht, schwarz, tiefgründig und oft herrlich selbstironisch – schön eben. Musik mit schweizerdeutschen Texten bleibt wohl der kleinste gemeinsame Nenner. Gefragt, wie ihre Programme entstehen, ob da zuerst der Text oder die Musik sei, antwortet Riklin spontan mit «Christian bringt meistens beides mit». Doch das lässt Schaub so nicht gelten: «Es kommen von allen Vorschläge, meistens bereits mit Musik verbunden. Dann geht der Entstehungsprozess los: Es wird an Textzeilen und Instrumentierung gefeilt und ausprobiert, was stimmlich besser klingt – Solo, Duett oder Trio». An Instrumenten wird gespielt, «was sich auf die Bühne schleppen lässt», wie Weiss das formuliert. Einzig Blasinstrumente kommen da nicht vor und ein Didgeridoo kann sich Riklin auch nicht vorstellen – er sinniert darüber und plötzlich findet das Instrument der australischen Ureinwohner doch einen Platz auf der imaginären «Spechten»-Bühne, kombiniert mit von Schaub gesungenen indischen Gebeten. Was ist Ernst, was Neckerei? Schwer zu sagen. Seit acht Jahren geht das so. «Als wir anfingen, dachten wir, es wäre schön, mal im Hechtplatz-Theater spielen zu können», erinnert sich Daniel Schaub. Dann wurde bereits die Premiere des ersten Programms dort gefeiert und unterdessen ist das «Hechtplatz» das Heimtheater der «Spechte». Runde 360 Auftritte im deutschsprachigen Raum hat Riklin mitgezählt. Noch während man mit dem einen Programm tourt, entsteht bereits das nächste. «Man schreibt einen Song und merkt plötzlich, dass der zu ‹Heinz de Specht› passen könnte», sagt Riklin. So kommt Stück um Stück zusammen. Beim aktuellen Programm war dann lange unklar, welches sich nach «Nomol sGliich», das in seiner Stimmung sehr gedämpft ist und gemäss Daniel das «denkbar Schlechteste» zur Eröffnung ist, als zweites Stück diese Stimmung brechen könnte. «Böuel» schaffte das und spätestens nach dem dritten, in dem sich Walti Tell darüber beklagt, Sohn eines Terroristen sein zu müssen, haben die «Spechte» ihr Publikum restlos im Griff. Das wird auch am 6. Oktober in Höngg so sein.
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