Halbzeit für Martina Zürcher-Böni und Florian Utz

Sie sind aus Höngg und im Gemeinderat: Martina Zürcher-Böni (FDP) und Florian Utz (SP). Und seit einem Jahr präsidieren sie die ständigen Kommissionen: Zürcher-Böni die Geschäftsprüfungs- und Utz die Rechnungsprüfungskommission. Im Doppel­interview geben sie Einblicke in ihre ­Aufgabe.

Martina Zürcher-Böni und Florian Utz am Meierhofplatz in Höngg. (Foto: dad)

Für die Geschäftsprüfungs- (GPK) und die Rechnungsprüfungskommission (RPK) des Gemeinderates werden alle zwei Jahre nach einem Parteienschlüssel die jeweiligen Vorsitzenden gewählt. Dabei sollen alle Parteien zum Zug kommen. Seit rund einem Jahr werden die beiden Gremien von Höngger Politikern geleitet: Martina Zürcher-Böni (FDP) präsidiert die GPK und Florian Utz (SP) die RPK. Beide blicken im Doppelinterview auf das erste Jahr in ihren Ämtern zurück.

Frau Zürcher-Böni, würden Sie das Amt als Präsidentin der GPK als Ehre bezeichnen?
Martina Zürcher-Böni: Zunächst ist das Amt eine Ehre, aber es ist auch eine grosse Verantwortung. Als Präsidentin sorge ich dafür, dass die Kommission einwandfrei funktioniert. Die Herausforderung ist, dass wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier quasi in einer Zweck­g­meinschaft sind. Wir haben verschiedene Präferenzen und ideologische Vorstellungen. Als vor einem Jahr der Gemeinderat neu zusammengesetzt wurde, gab es auch in meiner Kommission neue Gesichter. Das Wissen gilt es, gezielt zu nutzen und alle unter einen Hut zu bringen. Die Mitglieder sollen gemäss ihren Stärken am richtigen Ort eingesetzt werden. Beispielsweise kann man eine Juristin anders einsetzen als jemand mit fundierten Kenntnissen im Gesundheitswesen.

Sehen Sie das auch so, Herr Utz?
Florian Utz: Ja, als Präsident achte ich auf eine gute Zusammenarbeit in der RPK. Das heisst nicht, dass man sich immer einig ist, gerade in inhaltlichen Fragen. Aber als Präsident nimmt man sich bei diesen Diskussionen etwas zurück. Wir haben eine Doppelrolle: Einerseits das Präsidium, das eher mit organisatorischen Aufgaben behaftet ist, andererseits ist man dennoch Teil einer Partei.

Welche Rolle spielt die Parteizugehörigkeit im Präsidium?
Martina Zürcher-Böni: Je nach Grösse der Partei ist die Zusammensetzung in den Gremien unterschiedlich. Florian und ich machen Politik für grosse Parteien, also haben wir eine entsprechende Unterstützung im Gremium. Als Präsidentin handle ich jedoch unabhängig von meiner Partei und meiner persönlichen Ansicht als Politikerin. Am Ende des Tages muss ich sicherstellen, dass die Abläufe in der GPK funktionieren.

Florian Utz: Während die GPK primär eine Aufsichtsfunktion innehat, hat die RPK auch die Verantwortung für das Budget. Dabei spielen naturgemäss auch politische Anliegen eine Rolle – beispielsweise wenn Fragen aufkommen wie jene, ob mehr Geld in den gemeinnützigen Wohnbau investiert wird. Bei den Aufsichtstätigkeiten hingegen muss die erwähnte Trennung zwischen präsidialer Aufgabe und persönlicher Meinung ernst genommen werden. Die Abläufe in der RPK müssen funktionieren, alle Anträge müssen berücksichtigt und eine faire Debatte muss ermöglicht werden.

Frau Zürcher-Böni, würden Sie die GPK daher als unparteiisch beschreiben?
Martina Zürcher-Böni: Salopp formuliert ja. Es handelt sich um eine Aufsichtskommission, wir prüfen den Stadtrat, die Verwaltung und achten auf die Rechtmässigkeit, die Angemessenheit und die Effizienz des staatlichen Handelns. Daher stehen wir in der GPK eher im Hintergrund. Wir bearbeiten Geschäfte und deren Fragen, die häufig vorerst nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Usus ist, dass wir einen Tätigkeitsbericht veröffentlichen, in dem wir über die bereits behandelten und abgeschlossenen Geschäfte Auskunft geben.

Die da wären?
Martina Zürcher-Böni: Es gibt grössere und kleinere Themen. Etwa, wenn man hört, dass eine städtische Dienstabteilung das Duzis für alle Mitarbeitenden obligatorisch macht. Dann schauen wir, was mit den Mitarbeitenden geschieht, die dem nicht zustimmen wollen. Tatsächlich gibt es viele solcher Themen. Ein grosses Thema aber, das den Weg in die Medien machte, war jenes der minderjährigen Asylsuchenden im Zusammenhang mit der Asylorganisation Zürich (AOZ). Auch dort mussten wir genau hinschauen. Wir erleben in der GPK eine Spannweite, die sehr interessant ist. Die Parteizugehörigkeit spielt am Ende nur eine untergeordnete, wenn auch namhafte Rolle: Sie bietet verschiedene Blickwinkel auf ein Thema und das ist in der Kommission sehr wertvoll.

Florian Utz: Vertraulichkeit kann im Einzelfall wichtig sein. Dennoch denke ich, dass zu wenig von den Geschäften an die Öffentlichkeit gelangt. Persönlich habe ich mich dafür eingesetzt, dass die Protokolle der RPK zumindest im Gemeinderat gezeigt werden. In der Regel soll es so sein, dass ein Gemeinderat in alle Protokolle Einsicht hat. Auch die Geheimhaltung gegenüber der Öffentlichkeit halte ich nur selten für sinnvoll; die Steuerzahler haben ein Recht zu wissen, was mit ihrem Geld geschieht.

Welche Themen oder Vorgänge wären heikel?
Martina Zürcher-Böni: Man muss differenzieren und die verschiedenen Facetten der Geschäfte beachten. Diese Frage stand bereits zur Debatte im Gemeinderat. Persönlich bin ich der Ansicht, dass abgeschlossene Geschäfte durchaus im Rat offengelegt werden sollen. Dennoch ist es wichtig, dass gewisse Informationen unter Geheimhaltung stehen. Wir behandeln auch Hinweise aus der Bevölkerung und diese Personen gilt es schützen. Es gibt weder schwarz noch weiss in dieser Frage, es ist eine Abwägung der Interessen.

Erhalten Sie beide auch die Ge­legenheit, miteinander zu arbeiten?
Florian Utz: Während die GPK die Aufsichtsfunktion über die Geschäfte von primär nichtfinanzieller Natur hat, geht es in der RPK gerade um finanzielle Themen. Aber es gibt auch Überschneidungen, und dann ist eine Zusammenarbeit gefragt. Dort sprechen wir uns ab, wer welches Thema übernimmt. Beispielsweise bei den Submissionen; dort übernimmt die GPK. Theoretisch wäre es auch möglich gewesen, dass wir dieses Geschäft behandelt hätten, da es eine finanzielle Relevanz hat. Wir sprechen uns ab und das funktioniert mit Martina sehr gut; wir haben uns nie aufgrund einer Entscheidung gestritten.

Martina Zürcher-Böni: Es gibt auch einen regen Austausch zwischen den Kommissionen, das bedeutet, dass die jeweiligen Mitglieder bei bestimmten Themen die Sitzungen der anderen besuchen. Das ist mittlerweile institutionalisiert.

Gab es in diesem Jahr für euch beide ein Highlight oder ein Thema, das besonders prägend war?
Martina Zürcher-Böni: Mein persönliches Highlight war kein spezifisches Geschäft, sondern ein Besuch bei der GPK der Stadt Bern. Das war ein wertvoller Austausch und längst überfällig, da der Besuch wegen der Pandemie lange nicht möglich war. Das ist einerseits ein Erlebnis, andererseits ist es auch eine Weiterbildung. Wir können viel voneinander lernen.

Florian Utz: Das grösste Geschäft war sicherlich die Budgetdebatte, die auch sehr politisch war; hier ging es ja um die Frage, für die Lösung welcher Probleme man wie viel Geld einsetzt. Das Schöne war und ist aber auch, wenn wir von der RPK die Resultate unserer Bemühungen sehen, etwa die vorgezogene Umsetzung des Parks am Wasser in Höngg.

Stichwort Höngg: Erhalten Sie auch Feedback aus der Bevölkerung?
Martina Zürcher-Böni: Das Quartier ist mein Zuhause, entsprechend erhalte ich immer wieder Nachrichten von Menschen, deren Anliegen unterschiedlich sind. Seien es Ansichten über die Sprayereien in Höngg oder Fragen zu unbequemen Bauprojekten. Ich versuche stets, Hand zu bieten, um eine Lösung des Problems zu finden. Meist werde ich aber als Gemeinderätin kontaktiert, weniger als GPK-Präsidentin.

Florian Utz: Als RPK-Präsident und vor allem als Ratsmitglied erhalte auch ich viel Feedback aus der Bevölkerung, positives wie negatives. Das ist beides in Ordnung. Auch kritische Zuschriften können am Ende des Tages wertvolle Inputs liefern.

Besten Dank für das Gespräch.

Zur Person: Martina Zürcher-Böni

Seit 1989 ist Martina Zürcher-Böni, geboren im Jahr 1986, in Höngg zu Hause. Die Ökonomin UZH und Versicherungsaktuarin ist verheiratet und Mutter eines Kindes. Zürcher ist Präsidentin der FDP Kreis 10. Als Gemeinderätin bekleidet sie seit einem Jahr das Amt der Präsidentin der Geschäftsprüfungskommission. Zuvor war sie Vizepräsidentin und ist seit 2018 Mitglied im Gremium.

Zur Person: Florian Utz

Florian Utz, Jahrgang 1980, ist in Höngg aufgewachsen und zur Schule gegangen. Heute wohnt der Jurist im Kreis 4. Dem Quartier blieb er verbunden: Utz ist Vorstandsmitglied der SP Zürich 10 sowie der IG Am Wasser/Breitenstein. Seit einem Jahr ist der Gemeinderat auch Präsident der Rechnungsprüfungskommission. Zuvor war er Vizepräsident und ist seit 2010 Mitglied im Gremium.

0 Kommentare


Themen entdecken