Gott will den aufrechten Gang

Vergangenen Samstagabend führte der Reformierte Kirchenchor Höngg unter der Leitung von Peter Aregger zusammen mit der Sinfonietta Höngg, der Sopranistin Franziska Wigger, Christian Marthaler, Bass, und Claudia Beck, Hackbrett, in der reformierten Höngger Kirche Peter Roths «Toggenburger Passion» auf.

Franziska Wigger, Sopran
Der Chor im Einsatz
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Die «Toggenburger Passion» von Peter Roth ist eine «grosse Kiste» für einen Kirchenchor – Orchester, Solisten und der gesamte Chor sind während gut einer Stunde konstant und fordernd im Einsatz. Zudem wechseln – im Hintergrund projiziert – immer wieder Bilder aus Willy Fries’ Bilderzyklus «Die grosse Passion», die alles in Allem zu einem Gesamtkunstwerk zusammenschmelzen sollen. Zudem geht dem Werk ein gewisser Ruf voraus, sodass mit einer grossen Zuhörerschaft gerechnet werden musste. Nun, Peter Areggers Wagnis wurde mit einer bis auf den letzten Platz besetzten Kirche und einem präzisen Zusammenspiel belohnt. In die gespannte Stille dringen dunkle Fagotttöne, eine Oboe setzt ein. Allmählich stimmt das Orchester sanft ein und Christian Marthaler liest einen Teil des Prologs, der zusammengefasst lautet: «Gott will den aufrechten Gang», in den Franziska Wigger einstimmt. Die Tonlage der Orchesterbegleitung ist noch immer reduziert, karg, archaisch, die aber immer mehr einen «helvetisierten» Beiklang bekommt. Und jäh setzt der Chor machtvoll und «lüpfig» mit einem volksmusikalischen Choral ein, worauf Christian Marthaler und Franziska Wigger wechselweise mit ihren klaren, machtvollen Stimmen, die nie aufgesetzt wirken, die Geschichte weitertreiben.
Es geht so immer weiter: Wenn der Chor zwischendurch «lüpfig» singt, so konterkariert das Orchester mit herben, auch quietschenden, durchaus barocken Akkorden mit Clusterelementen, was dem Ganzen Dramatik und gleichzeitig Bodenhaftung gibt. Und wenn in der Kreuzesnacht das Lamento mit einer Kantate und jiddischen Klezmertakten wiederum mit archaischen Grundtönen von Trompete, Fagott und Oboe unterlegt wird, dann überkommt einen Hühnerhaut. Dem folgen Alpsegen und eine «Alpenarie», ein Choral und nochmals ein bewegendes Marthalersches Halleluja, das in ein langes Amen von Orchester und Franziska Wigger und dem Chor mit Appezöller- und Rossini-Einschlägen findet und bildhaft mit einem Aufruf zum Frieden endet. Dem Autor selber wird es hier etwas «gschmuech»: Die immer wieder eingebauten Aufrufe zum Positiven, vor allem gegen den Schluss hin, sind zu viele und machen das Werk – nicht die Musik und nicht die Bilder – in der Aussage zu beliebig. Die Zuhörenden bedanken sich mit stehendem Applaus für diese bewegende Aufführung, die so locker und selbstverständlich dargeboten wurde und die die intensiven Proben von Chor, Solisten und Instrumentalisten reich belohnt hat!

Eingesandt von François Baer

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