Obschon das Turnen vor 150 Jahren den Männern vorbehalten war, spendeten die dazu erstaunlicherweise gezielt aufgerufenen Höngger Frauen für die Anschaffung der Vereinsfahne dermassen grosszügig, dass zusätzlich ein Trinkhorn erworben werden konnte. Dieses wird hier von Carolin Hauer, der heutigen Präsidentin der Damen- und Frauenriege des Turnvereins, präsentiert. Die Gründung dieses weiblichen Vereinszweigs fand erst 50 Jahre später statt, weil sportliche Aktivität von Frauen damals allenthalben als eher ketzerisch eingestuft wurde. 1918 war dann immerhin auch finanzielle Unterstützung männlicherseits im Spiel, und geturnt wurde vorerst unter Leitung des Präsidenten. Der erste öffentliche Auftritt erfolgte in selbst geschneiderten Tenüs, aber lediglich als sogenannte Kranz-Jungfern am Kunstturnertag.
Wie sehr sich die Bedeutung des weiblichen Geschlechts im Turnverein mit seinen annähernd 500 Mitgliedern seither verändert hat, zeigt die aktuelle Statistik: Die Männer sind insgesamt sehr deutlich in der Minderheit. Insbesondere in der Jugendförderung geben die Frauen den Ton an, wo sich 21 Leiterinnen der Pflege des Nachwuchses auf allen Altersstufen widmen. Aber auch in der Männerriege halten drei Vorturnerinnen die Herren der Schöpfung auf Trab. Am letztjährigen 100-Jahr-Jubiläum der Damen- und Frauenriege wurde zurecht auf deren markante Beiträge in der Vereinsgeschichte hingewiesen. Ohne feminine Prägung wären zum Beispiel die legendären Abendunterhaltungen nie so erfolgreich über die Bühne des Restaurants Mülihalde gegangen, dass sogar für die jeweilige Hauptprobe Billette verkauft werden konnten. Als logische und durchaus erfreuliche Folge der Zusammenarbeit auf dieser und anderer Ebene sei vermerkt, dass im Laufe der Zeit diverse Turner-Ehen geschlossen wurden. Einträchtig vereint traten die Höngger Turnerinnen und Turner auch am eben zu Ende gegangenen Eidgenössischen Turnfest in Aarau auf. Auch an der kommenden Gymnaestrada in Dornbirn, einem Sportfestival mit über 20‘000 Teilnehmenden aus aller Welt, werden Turnerinnen und Turner den Turnverein Höngg vertreten und in mannigfaltiger Weise modernste Gymnastik präsentieren.
Zurück zum eingangs erwähnten Sponsoring von Fahne und Trinkhorn: Die im Protokoll vor 149 Jahren ausgedrückte Dankbarkeit gegenüber den «Höngger Jungfrauen» gipfelte in herzliche Wünsche «auf ihr zeitliches und ewiges Wohl.» Die Erfolgsgeschichte der turnenden Damen zeigt, dass diese Wünsche offensichtlich gewirkt haben!

Eingesandt von F. M.