Quartierleben
Entwarnung an der Michelstrasse
Gross war die Aufregung an der Kreuzung Michel- und Segantinistrasse, als letztes Wochenende das Fahrzeug einer bekannten Erotik-Sauna vor dem ehemaligen Quartierladen stand und Handwerker Material anlieferten. Doch wer nur vermutete, hat sich unnötig echauffiert.
9. Juni 2015 — Fredy Haffner
Die Telefone beim «Höngger» liefen vergangenes Wochenende heiss und jene der für die Michelstrasse 44 zuständigen Liegenschaftenverwaltung am Montag. Grund der Aufregung: das Auto mit der Aufschrift «Renos Relax-Sauna», das seit Freitag regelmässig vor dem ehemaligen Quartierladen an der Michelstrasse parkiert ist. Dass es sich dabei nicht um einen Saunabetrieb im klassischen Sinn handelt, sondern um einen in der Erotik-Szene einschlägig bekannten Club, das erfuhr nur, wer sich auf der entsprechenden Internetseite schlau machte. Doch diese «Schläue» führte in die Irre, wie der «Höngger» recherchiert hat.
Als der neue Mieter, Dominic Bachl, endlich ausfindig gemacht und kontaktiert werden konnte, lachte dieser herzlich, denn was in diesem ruhigen Wohnquartier neu entsteht, nachdem mehr als ein Lebensmittelhändler die Kisten packen musste, ist eine Produktionsstätte für edle Billard-Queues mit angeschlossenem Verkaufsraum und viel Platz für den Onlinehandel und Versand in die ganze Welt.
Keine Viertelstunde nach dem ersten Telefon steht der «Höngger» bereit zum Interview in den erstaunlich grossen, leeren Räumen, in denen bereits die Handwerker zu Gange sind. Darunter auch Dominic Bachl selbst, in einer besonders staubigen Ecke gerade mit Abrissarbeiten beschäftigt.
Bachl ist Höngger, aufgewachsen an der Segantinistrasse wohnt er heute mit Frau und zwei Kindern im Rütihof. Trotzdem hat ihn die Reaktion der Nachbarschaft überrascht: «Was so ein kleines Auto alles auslösen kann, unglaublich.» Nur ganz wenige hätten den Mut gehabt, ihn direkt anzusprechen, und dann habe er natürlich gerne Auskunft gegeben. «Ja, der Sauna-Club gehört mir», erzählt er, «aber mit dem habe ich fast keine Arbeit mehr und so mache ich nun mein Hobby, das Billardspiel, zusammen mit meinem Kollegen Michelangelo Sorace zum Beruf.»
Vor ihm ausgebreitet liegen die Pläne. Sie zeigen den kleinen Shop und Ausstellungsraum, in dem neben den Billard-Queues auch Zubehör für Dartspiele verkauft werden wird. In den Räumen dahinter ist viel Platz für Lager und Versandabteilung, aber auch für die Produktion der Queues: Die sogenannten Kanteln, die Rohlinge der Queues, lässt Sorace, der schon seit vier Jahren online mit Queues handelt, aus Edelhölzern in einer Solothurner Drechslerei fertigen. Hier in Höngg werden die Queues künftig noch veredelt und mit individuellen Verzierungen, Spitzen und Lackierungen versehen. Eben ganz nach Kundenwunsch. Drei CNC-Maschinen-Fräsmaschinen helfen beim verarbeiten der kleinen Teile. Wann der Umbau fertig ist und Eröffnung gefeiert werden kann, das weiss Dominic Bachl noch nicht – aber so, wie seit der Schlüsselübergabe gearbeitet wird, kann es nicht mehr lange dauern.
Also alles klar − und wer sich über das Wochenende mehr echauffierte als es vom Wetter her schon gegeben war, darf nun wieder abkühlen. Wer weiss, vielleicht wird Dank dieser Nachbarschaft ja sogar ein neues, cooles Hobby entdeckt, denn Bachl landete bei der letzten Billard-Schweizermeisterschaft immerhin auf dem neunten Rang und ist bestimmt ein kompetenter Ratgeber.
Weitere Informationen derzeit erst zum bestehenden Onlineshop unter www.cueshop.ch
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