Stadt
Einsprachen gegen Strassenbauprojekt − und Fragen
Zwischen Wartau und Winzerstrasse sollen sich Autos und VBZ künftig stadtauswärts die Fahrbahn auf der Limmattalstrasse teilen. Dagegen wurden Einsprachen erhoben. Und auch sonst stellen sich Fragen zum städtischen Ansinnen, «die Verkehrsproblematik im gesamten Kreis 10 übergeordnet zu betrachten».
22. März 2012 — Fredy Haffner
Im «Höngger» vom 16. Februar war das Strassenbauprojekt des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements ausgeschrieben: «Die Limmattalstrasse ist im Abschnitt von Zwielplatz bis Winzerstrasse in einem schlechten Zustand und muss umfassend saniert werden», hiess es dort. Werkleitungen und die Kanalisation sollen saniert, der gesamte Strassenoberbau ersetzt und die Tramgleise erneuert werden. «Der Strassenraum wird für eine stärkere Velobevorzugung neu aufgeteilt und gestaltet und es werden zusätzliche Bäume gepflanzt», hiess es abschliessend. Einsprachen konnten bis am 19. März eingereicht werden – was auch geschehen ist.
Strassenraum stadtauswärts teilen?
Wie die Planeinsicht den betroffenen Anwohnern nämlich zeigte, soll im Teilbereich zwischen den Haltestellen Wartau und Winzerstrasse bergseitig, nebst einem Fahrradweg, auch eine Rabatte mit Bäumen erstellt werden. Mit der Begründung, dass hier die Strasse danach ungenügend breit sei, wird der motorisierte Privatverkehr stadtauswärts auf die Tramgleise verlegt. «Wie unbefriedigend das für beide Verkehrsmittel ist, ist heute zwischen Wipkingerplatz und Wartau fast durchgehend zu beobachten», geben René Steiner und die anderen Verfasser von Einsprachen zu bedenken. Tatsächlich staut sich sowohl der private wie der öffentliche Verkehr regelmässig in den Hauptverkehrszeiten. Erst nach der Wartau entspannt sich die Situation stadtauswärts dank den getrennten Fahrbahnen wieder – oder zumindest meistens, denn von der Einmündung der Winzer- in die Limmattalstrasse her staut sich der Verkehr oft bis zum Bombachsteig zurück. Davon wird künftig auch der öffentliche Verkehr beeinträchtigt sein. Daran dürfte auch die Vortrittsschaltung der VBZ für die Lichtsignalanlage an der Winzerstrasse nichts ändern. Der Rückstau bis zum Meierhofplatz ist vorprogrammiert. Die Verfasser der Einsprache schlagen nun vor, die von der Stadt geplanten Änderungen als Versuch auszuschildern, um die Auswirkungen auf den Verkehr zu beobachten. «Wir können nicht akzeptieren, dass Staus, die bereits in der Planungsphase zu erkennen sind, auch baulich umgesetzt werden», betont Steiner und fordert, dass auf die Zusammenlegung der Fahrbahnen für den öffentlichen und privaten Verkehr verzichtet wird.
Mehr Bäume, mehr Schatten, weniger Übersicht
Auch die geplante Allee mit 18 Bäumen soll nicht erstellt werden. Die Anwohner wehren sich gegen den zu erwartenden Schattenwurf. Überdies würden einige der Bäume, so wie sie geplant sind, die Ein- und Ausfahrt oder zumindest die Sicht auf den Verkehr behindern. «Zudem gehört dieser Streckenabschnitt dank den Grünhecken auf den Grundstücken bereits heute zu den bestbegrünten Zonen der Limmattalstrasse», gibt man zu bedenken.
Abbau von Parkplätzen?
Auch gegen einen Abbau von drei der 17 Parkplätze am Zwielplatz, gleich gegenüber dem Restaurant Limmatberg, regt sich Protest in Form einer Einsprache, welche verschiedene umliegende Gewerbebetriebe unterzeichnet haben. Auch hier sollen vier neue Bäume gepflanzt werden. Auch die FDP 10 wehrt sich in einer Stellungnahme, wie deren Präsident Andreas Egli schreibt: «Viele Gewerbler nutzen die umliegenden Restaurants zur Znüni- und Mittagspause. Sie sind mit ihren oftmals etwas grösseren Fahrzeugen auf diese oberirdischen Parkplätze angewiesen. Mit etwas gutem Willen liessen sich die geplanten Bäume auch ohne Parkplatzabbau setzen: Man bräuchte die 17 Parkfelder lediglich etwas näher zur Limmattalstrasse hin anzubringen und die Bäume hätten trottoirseitig Platz, ohne Parkfelder zu beanspruchen.» Egli fordert von Stadträtin Ruth Genner den Beweis, dass in ihrem Departement guter Wille vorhanden ist und nicht lediglich ideologisch geprägter Parkplatzabbau die Oberhand behält.
Widersprüchliche Planung und kein runder Tisch?
Wirft man nun einen Blick auf die gesamte Situation, wie sie an der Limmattalstrasse geschaffen werden soll, so zeigt diese gewisse paradoxe Züge: Da wird von der Dienstabteilung für Verkehr (DAV) immer wieder betont, dass man darauf bedacht sei, den privaten Durchgangsverkehr möglichst von neuralgischen Punkten wie dem Meierhofplatz fern zu halten und möglichst flüssig aus der Stadt hinauszuführen. Diesem Ansinnen folgend müsste der Privatverkehr, wenn schon, dann stadteinwärts in Richtung Meierhofplatz auf die Tramgleise verlegt werden, und nicht stadtauswärts. Tatsächlich stellt sich die Frage, ob eine übergeordnete Planung überhaupt stattfindet? Noch am 21. September 2011 erhielt der Stadtrat vom Gemeinderat ein weiteres Jahr Zeit zur Erfüllung der von den damaligen Gemeinderäten Anton Stäbler und Robert Schönbächler (beide CVP) 2003 eingereichten «Motion Meierhofplatz» (siehe «Höngger» vom 29. September 2011 unter www.höngger.ch, PDF- Archiv).
Um diese Motion zu erfüllen, hatte die DAV 2010 ein Verkehrskonzept vorgeschlagen – Stichwort Rechtsabbiege-Gebot am Meierhofplatz. Worauf es Einsprachen hagelte und das Polizeidepartement entschied, die Situation neu zu überdenken. Im Vordergrund stand dabei die Überlegung, die Verkehrsproblematik im gesamten Kreis 10 − Höngg und Wipkingen − übergeordnet zu betrachten und den Fokus vom Meierhofplatz auch auf dessen Umgebung zu erweitern. Dazu sollte ein runder Tisch geschaffen werden, der, wie GLP-Gemeinderat Guido Trevisan damals den «Höngger» noch aus der Ratssitzung wissen liess – gemäss Stadtrat Daniel Leupi «demnächst anlaufen soll». Bis heute ist offenbar nichts dergleichen geschehen. Ausser dass nun mit den ausgeschriebenen Massnahmen einmal mehr Tatsachen geschaffen werden, die, sollten sie denn umgesetzt werden, einer besseren Lösung möglicherweise im Wege stehen.
Und eine «Begegnungszone Regensdorferstrasse»?
Ein weiteres Detail mit gleichen Folgen: Am 14. März erst reichten die GLP-Gemeinderäte Gian von Planta und Guido Trevisan ein Postulat ein, in dem sie den Stadtrat bitten zu prüfen, wie er an der Regensdorferstrasse zwischen Brühlweg und Holbrigstrasse, also quasi zwischen alter und neuer Migros, eine Begegnungszone mit Tempo 20 einrichten könnte. «Der Bereich entwickelt sich immer mehr zum Begegnungszentrum von Höngg. Bestehende und neue Geschäfte beidseits der Strasse führen zu einem noch grösseren Fussgängeraufkommen und vermehrten Fahrbahnquerungen. Trotz Fussgängerstreifen kommt es immer wieder zu gefährlichen Verkehrssituationen», schreiben sie als Begründung und liefern weitere Anregung nach. Auf den ersten Blick mag das Anliegen etwas Gewinnendes haben. Im entsprechenden Informationsblatt der DAV zu Begegnungszonen steht jedoch im Internet für alle abrufbar bereits im Einleitungssatz: «Die Begegnungszone gehört allen Nutzern gleichermassen! Die Strasse ist nicht mehr nur Verkehrsfläche, sondern gleichzeitig auch Aufenthaltsort für Kinder und Erwachsene.» Und auszugsweise weiter: «Fussgänger geniessen gegenüber Fahrzeugen den Vortritt. Es gibt keine Fussgängerstreifen, die Strasse darf an beliebigen Orten betreten und gekreuzt werden.» Der Stadtrat wird keine grosse Mühe haben, das Postulat zu Recht abschlägig zu beantworten. Wenn schon neue Begegnungszonen, so liessen sich in den umliegenden Wohnstrassen bessere Objekte dafür ausmachen. Zum Beispiel an der Imbisbühl- oder der Singlistrasse und allgemein nördlich der Limmattalstrasse, um nur einige zu nennen. Doch auch dies wäre, so sollte man meinen, Teil des erwähnten Ansinnens, «die Verkehrsproblematik im gesamten Kreis 10 übergeordnet zu betrachten und den Fokus vom Meierhofplatz auch auf dessen Umgebung zu erweitern». Wie lange Höngg noch auf diese Betrachtung warten muss, bleibt offen.
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