Einmal über den roten Teppich gehen

Der 5. Dezember war der UNO-Tag der Freiwilligen. Die neue IG Engagiertes Höngg lud zum Gang über den roten Teppich – zur Ehrung des kleinen und grossen freiwilligen Engagements.

500 Päcklein wurden verteilt – danach musste man auf Couverts ausweichen.

Kalt war es und die Bise wehte durch Höngg, als wolle sie die Menschen möglichst schnell von der Strasse haben. Doch da war an der Regensdorferstrasse dieser rote Teppich ausgelegt. Und in dessen Umgebung wurde man mit einem Lachen und fröhlichen Zurufen aufgefordert, einmal selbst über den roten Teppich zu gehen. Wer sich darauf einliess, wurde am Ende bejubelt und beschenkt. Hinter der Aktion stand die IG Engagiertes Höngg, ein Zusammenschluss der beiden Kirchgemeinden, der Nachbarschaftshilfe Höngg, des Frauenvereins und des Gemeinschaftszentrums Höngg/Rütihof. Zusammen wollen sie Freiwilligenarbeit, welche in Höngg eine lange Tradition hat und ohne die in vielen Bereichen nichts funktionieren würde, wieder mehr ins Bewusstsein der Allgemeinheit rücken. Und so wurden denn am Ende des roten Teppichs kleine Geschenkpakete verteilt. Darin ein Set mit Aufklebern, welche unter dem Grundmotto «zusammen erleben» sieben Betätigungsfelder nennen, wie zum Beispiel «Handwerk und Basteln» oder «Spielen und Sammeln», immer versehen mit dem Hinweis «Ich mache:» und einer Leerzeile. Da ist nun eigenhändig einzutragen, was man im ausgesuchten Bereich macht – dann nur noch am eigenen Briefkasten oder an der Wohnungstüre anbringen und es kann losgehen. Patrick Bolle vom GZ Höngg/Rütihof erzählt, wie er selbst «Schmetterlinge züchten» eintrug und so viele interessierte Leute kennenlernte – im Gegenzug erfuhr er über den Kleber eines Nachbarn, dass dieser pensionierter Elektriker ist und so weiss Bolle nun, an wen er sich bei kleineren Elektroproblemen wenden kann. So seien sehr schöne und nützliche Kontakte entstanden und Potential sichtbar geworden, von dem man vorher nichts gewusst hatte – obwohl man Tür an Tür wohnte. «Wo passiert das kleinste Engagement? », habe man sich gefragt, erklärt Bolle und gibt gleich die Antwort: «In der unmittelbaren Nachbarschaft. Das ging und geht leider oft vergessen. Die Kleber sollen diese Möglichkeiten, diese Ressourcen wieder sichtbar machen.» Der soziale Effekt sei enorm und, weil er im Kleinsten seine Wurzeln hat, auch nachhaltig, ist Bolle aus Erfahrung überzeugt.

Eine IG, die wachsen soll

Mehr zufällig als absichtlich haben gerade diese fünf genannten Institutionen und Vereine zusammengefunden. In Gesprächen stellte man fest, dass für alle das selbe Thema unter den Nägeln brannte: Die Freiwilligenarbeit, und wie sie immer mehr an Beachtung verliert. Anstatt langem Wehklagen und Reden schritt man kurzerhand zur Tat. Bolle dazu: «Wir sehen diese IG als Prozess für das Quartier: sie ist kein geschlossenes System, sondern offen für alle, die sich auch mit Freiwilligenarbeit beschäftigen. Zum Beispiel alle Vereine. Was dort alles an Freiwilligenarbeit geleistet wird, ist unbezahlbar und der eigentliche Kitt, der eine Gemeinschaft weit über die Vereinsgrenzen hinweg zusammenhält ». Sie alle sind aufgerufen, sich an der IG zu beteiligen und mit dem Kleber «Engagiertes Höngg» Freiwilligenarbeit sichtbar zu machen. So soll das Bewusstsein geschaffen werden, dass alle Quartierbewohner bei unzähligen Gelegenheiten von Freiwilligenarbeit profitieren, weil vieles ohne Freiwilligenarbeit schlicht nicht stattfände.

Ein Trend zeichnet sich ab

Die Gedanken schweifen auch schon weiter, denn freiwilliges Engagement ist mancherorts ein Thema. So gibt es beispielsweise in der Innerschweiz eine Bewegung, welche freiwillig geleisteten Einsatzstunden einem persönlichen Konto gutschreibt: Wer später selbst einst die Hilfe von Freiwilligen in Anspruch nehmen will oder muss, profitiert davon. Der eigene Einsatz wird somit zu einer Art Währung. «Solche Bewegungen», stellt Bolle fest, «sind permanent am Entstehen. Auch oder gerade junge Leute schliessen sich ihnen an, das ist ein regelrechter Trend und die neue Form, miteinander etwas zu machen anstatt nur zu kaufen und zu konsumieren.»

Resonanzen

Die Startaktion in Höngg mit dem roten Teppich letzten Donnerstag war erfolgreich. Die Reaktionen der angesprochenen Menschen reichten von einem erstaunten «Was? Ich soll nichts unterschreiben, nichts kaufen? » bis zur mehrfach gehörten Feststellung, dass diese Aktion längst nötig gewesen sei, und Höngg so ein Zeichen gut gebrauchen könne. Der Anfang ist gemacht.

Mehr Informationen unter www.engagiertes-hoengg.ch oder auf Facebook.