Eine «Tour du vin» durch Höngg

Höngg machte zum zweiten Mal am Tag der offenen Weinkeller mit – und wurde zum zweiten Mal verregnet. Was aber eigentlich völlig egal war, denn schlechtes Wetter vermag echten Genuss nicht zu trüben.

Daniel Wegmann, unentwegt am Einschenken und Erklären, was er auf seinem Hof an Innovationen alles produziert.
Im Obsthaus Wegmann gab es, nebst Wein, auch andere Köstlichkeiten zu probieren.
Das Zweifel-Sortiment: selbst die Auswahl ist eigentlich zu gross für einen einzigen Degustationsbesuch.
Im Fasskeller bei Zweifel Weine, wo modernste Technik auf altbewährte Eichenfässer stösst.
Über dem Rebberg am Chillesteig kredenzte das Team von Grün Stadt Zürich seine Spezialitäten den interessierten Gästen.
Geht bei dem Wetter denn keine Sau raus? Weit gefehlt: die weinaffinen Menschen liessen sich nicht daran hindern.
Patrick Thalmann war mit seiner «Winzerei zur Metzg» auch dieses Jahr bei WeinArt zu Gast.
Robert Zurbriggen, links, zeigt, wie man richtig quirlt statt schwenkt und so den Wein besser mit Luft in Kontakt bringt. Auf dass er munde!
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Zugegeben, die Versuchung bestand, den «Running Gag» des Schreibenden, den er an diesem 1. Mai überall dort äusserte, wo er auftauchte, in die Tat umzusetzen: den selben Bericht wie vor Jahresfrist erneut zu drucken. Zu stark erinnerten die Wetterverhältnisse an damals, als die Höngger Weinproduzenten erstmals am vom Branchenverband Deutschschweizer Wein organisierten Tag der offenen Weinkeller Deutschschweiz teilgenommen hatten – und so permanent verregnet wurden, dass es wohl einzig die Polizei freute, die bei schlechtem Wetter jeweils einen etwas weniger heissen 1. Mai zu bewältigen hat als sonst. Doch das wäre der Leserschaft, den Besuchern und vor allem den Weinproduzenten nicht gerecht geworden, die sich ihre Laune ebenso wenig verwässern liessen wie ihren Wein.

Start bei Zweifel Weine

Wie üblich, da am nächsten vom Zuhause des Schreibenden gelegen, startete der Rundgang bei Zweifel Weine. Es war noch nicht Mittag, doch dort freute man sich bereits über gute Besucherzahlen. Kein Wunder, gab es doch allerhand an Neuheiten, Bewährtem und Preisgekröntem zu degustieren. Wer wollte, konnte sich seine eigene Assemblage in der einzigen Kelterei auf Stadtgebiet gleich selbst nach eigenem Gusto zusammenmischen und die Flasche eigenhändig verkorken, assistiert und beraten vom Önologen Urs Zweifel persönlich. Auch diesmal führte das versierte Team die Gäste durch die modernen Produktionsanlagen und Keller und beantwortete kompetent jede Frage, von jener nach der Herkunft der prächtigen Eichenfässer bis hin zu jenen nach den Vorgängen in den modernen Stahltanks. Und in der Pause genoss man, regengeschützt auf der Veranda, einen kleinen Imbiss und ein Glas Wein.

Ab in den Chillesteig

Dann auf das Fahrrad geschwungen – ja, wer alle vier Höngger Veranstaltungsorte besuchen will und korrekt degustiert, ist mobil gut bedient − und ab in den Rebberg am Chillesteig. Dort warteten Donat Streuli und sein Team von Grün Stadt Zürich, Bewirtschafter des Rebbergs, in dem unter anderem der offizielle Zürcher Stadtwein wächst, auf Besucher. Mit dabei zwei Kälber und zwei junge Schweine vom Juchhof. Entgegen den Menschen, die doch auch durch den immer mal wieder aussetzenden Regen – dies ein klarer Unterschied zum letzten Jahr – in den Rebberg fanden, kamen die Tiere kaum aus ihren Boxen. Ausser ein Kind hielt ihnen etwas zu fressen hin, während seine Eltern sich im Schutz des Partyzeltes den städtischen Wein oder den neuen Schaumwein, gekeltert und gepflegt wie echter Champagner, munden liessen. Kinder? Eltern? Ja, es sollte sich an allen Orten zeigen: Das weinaffine Publikum war im Durchschnitt auffallend jung. Natürlich nicht ganz so jung wie der als fantastisch angekündigte Wein-Jahrgang 2015, der demnächst auf den Markt kommt. Aussagen über das angebrochene Weinjahr lassen sich natürlich noch keine machen. Ausser jener, dass auch einzelne Höngger Lagen vom Frost betroffen waren, der kürzlich den Frühling unterbrochen hatte. Wie gross die Schäden sind, wird sich jedoch erst mit der Rebblüte zeigen.

Nächste Station: Frankental

Tatsächlich, unterdessen hatte der Regen aufgehört. Kalt aber blieb es, und dagegen sind so ein paar Pedalumdrehungen hin zum Obsthaus Wegmann im Frankental ein gutes Rezept. Mittlerweile war es – doch wer schaut an so einem Tag schon auf die Uhr – irgendetwas gegen 15 Uhr. Bis vor einer Stunde, so berichtete Daniel Wegmann, seien kaum Leute gekommen, doch dann sei es losgegangen. Und tatsächlich kam er mit Ausschenken und Erklären kaum nach: Hier ein Glas des absolut köstlichen Pinot Noir «Symphonie vom Frankental», dessen Beeren wie für einen Strohwein getrocknet und erst dann gepresst wurden, nach Art eines Amarone und diesem in nichts nachstehend. Oder die absolute Wegmann-Neuheit: ein Branntwein, den man − dürfte man − als das bezeichnen müsste, das mit «C» anfängt und mit «ognac» aufhört. Doch das darf man aus Markenschutzgründen nicht und Wegmanns würden sich hüten, dies zu tun, auch wenn es verdient wäre. Und natürlich gingen bei diesem kühlen Wetter auch etliche Raclettes über die Bar in «Wägis Wychäller» gleich nebenan auf dem Hof. Jedenfalls kam eine der Wegmanntöchter ganz aufgeregt in den Laden gerannt, um zu verkünden, dass man schon wieder Käse brauche. Ein Problem, das Mutter Zarina Wegmann mit einem Lächeln schnell erledigte.

Letzte Station: Alpenwein

Nun zurück Richtung Zentrum von Höngg. Klar, vom Frankental her gilt es nicht, den Alpenkamm zu queren, auch wenn man irgendwie ja dort landet, wenn man bei WeinArt von Robert Zurbriggen an der Imbisbühlstrasse ankommt, denn dort ist man auf Alpenweine spezialisiert. Angekommen in der warmen Stube war die Anreise, die komischerweise weiter schien als vor Stundenfrist in die Gegenrichtung, schnell vergessen, denn bereits wurde man von einer charmanten jungen Dame angesprochen und realisierte, eitel wie man ist, erst mit leichter Verzögerung, dass sie einem ja bloss ein spezielles, ovales Glas überreichen und dessen Vorzüge erklären wollte. Angeheitert, wer anderes vermutet hätte. Das mundgeblasene Weinglas, «Vinoval» genannt, bringt den Wein, mit dem richtigen Dreh versehen, derlei in Turbulenzen, dass alle Schichten mit dem Sauerstoff reagieren können. Was, so versichert die junge Dame, viel effektiver sei als das Schwenken in herkömmlichen Gläsern. Dergestalt ausgerüstet und informiert liess es sich angenehm durch die bereitgestellten Köstlichkeiten degustieren, auch durch jene von Produzent Patrick Thalmann, dessen «Winzerei zur Metzg» sich nicht nur im Zürcher Weinland, sondern auch in der Zürcher Spitzengastronomie bereits einen Namen gemacht hat.
Scho gedreht – und nischt geschwengt – wurde es dann doch langscham Seit für den Heimweg. Nicht gefahren, dasch Rad, sondern geschtossen. War ja nur noch um die Egge. Quaschi. Und wer hat da Eindings, also Eingangsch, gedacht, Zweifel Weine liege näher von Tschuhause?
(Nein, der Autor hat es nicht nochmals überprüft und die ganze Runde erneut abgefahren. Schliesslich ist nächstes Jahr auch wieder ein 1. Mai. Und wenn dann nicht besseres Wetter ist – auch egal!)

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