Eine Baustelle bleibt eine Baustelle

Erst 15 Jahre ist es her, seit die Tramgleise im Abschnitt Meierhof- bis Zwielplatz erneuert wurden, doch diesen Sommer ist es bereits wieder so weit. Am Montag wurden die Anlieger detailliert informiert. Bei aller Planung zeigt sich: Eine Baustelle ist und bleibt eine Baustelle.

Immer häufiger und immer schwerer: Tram im Höngger Nadelöhr bald auf neuen Schienen.

Über 50 Personen, Anwohner und Firmeninhaber der betroffenen Strassen, lauschten vergangenen Montagabend im Kulturkeller des Quartiertreffs Höngg konzentriert den Ausführungen der neun Verantwortlichen von städtischen Behörden und ausführenden Baufirmen, die über die Details der Sanierungsarbeiten zwischen Meierhof- und Zwielplatz vom 9. Juli bis voraussichtlich Mitte September informierten. Das Grossaufgebot an Fachleuten illustriert einerseits, wie komplex die Bauarbeiten an Geleisen, Werkleitungen, Haltestellen und Belag sind und andererseits, wie wichtig es den Behörden ist, die Anwohner und die Bevölkerung bestmöglichst zu informieren.

Massive Einschränkungen vor Ort

Viele der Anwesenden mögen sich noch gut an die Gleisbauten von 1997 erinnern. Die Anwohner an den Lärm und die Umwege zur Haustüre, die Ladenbesitzer an erschwerte Anlieferung und Umsatzeinbussen. Dies wird wohl auch dieses Jahr nicht zu vermeiden sein in diesem räumlich sehr engen Parameter. Am 9. Juli geht es mit der Baustelleninstallation los. Der einzige freie Platz für Baucontainer und Warenumschlag ist am Zwielplatz, wo die Hälfte der 14 Parkplätze dafür beansprucht werden müssen. Gleichzeitig beginnen die Vorarbeiten für das Herausreissen der alten Geleise, den sogenannten Gleisschlag. Dieser geschieht in zwei Etappen: Am Wochenende vom 28. und 29. Juli werden die stadtauswärtsführenden Geleise auf der ganzen Länge und in der Gegenrichtung jene zwischen Bauherrenstrasse und Meierhofplatz entfernt und sogleich ersetzt. Eine Diashow der VBZ zeigte anhand einer erfolgten Sanierung, was in Höngg zu erwarten ist: Am ersten Tag fahren morgens um 5 Uhr die 90-TonnenBaumaschinen auf, ab sieben Uhr werden der Oberbeton aufgebrochen, die Geleise herausgerissen, der Unterbeton entfernt und alles abtransportiert. Noch am selben Tag beginnt der Wiederaufbau. Vlies, Kies und die Werksleitungen der VBZ werden eingebracht und ab zirka 15 Uhr werden bereits die neuen Schienen verlegt. Am zweiten Tag werden diese gerichtet, verspriesst und verschweisst. In den Tagen und Wochen darauf folgen die Belagsarbeiten. Am Freitag, 10. August, wiederholt sich das Ganze auf der kürzeren zweiten Etappe zwischen Bauherrenstrasse und Zwielplatz.

Grossräumige Umleitungen, Mehrverkehr in den Wohnquartieren

Privater wie öffentlicher Verkehr müssen in der Zeit vom 16. Juli bis 19. August umgeleitet werde (siehe auch «Höngger vom 5. April). Die Limmattalstrasse bleibt für den Privatverkehr zwischen Meierhofplatz und Imbisbühlstrasse gesperrt. Die Zufahrt für die anliegenden Gewerbebetriebe, zum Beispiel für Anlieferungen, wird individuell über drei Güterumschlagplätze ermöglicht. Einzig die Ausfahrt der Tiefgarage des Hönggermarktes wird immer frei sein. Am Gleisschlagwochenende soll jedes Fahrzeug gar von Securitasmitarbeitern über das Trottoir begleitet werden.

Komplizierte Zufahrten

Der Privatverkehr soll generell vom Meierhofplatz über die Regensdorferstrasse und von dort, zusammen mit dem von Regensdorf her kommenden Verkehr, über die Frankentalerstrasse zur Winzerstrasse umgeleitet werden. Die Signalisation Richtung Stadt wird auf die Europabrücke verwiesen, um die Achse Am Wasser/Breitensteinstrasse vor Mehrverkehr möglichst zu schützen. Vollständig verhindern lassen wird er sich nicht. Für die Anwohner und Geschäfte im Baustellenbereich bedeutet dies, dass die Zufahrt zu ihren Liegenschaften, wenn überhaupt so nur erschwert möglich sein wird. Drei Warenumschlagplätze und eine zugesagte, pragmatische Problemlösung vor Ort sollen die Unannehmlichkeiten so gering wie möglich halten. Die Betroffenen werden Ende Juni in einem weiteren Informationsschreiben noch Kontaktpersonen und Telefonnummern genannt bekommen. Ebenfalls kompliziert wird es für die Anwohner der Hohenklingenstrasse. Diese kann, da zu eng, nicht für den Gegenverkehr geöffnet werden. Die Zufahrt wird von der Bauherrenstrasse her über den für die Bauzeit für den Verkehr freigegebenen Bereich zwischen reformierter Kirche und Restaurant Mülihalde erfolgen müssen. Um den Anwohnern der Imisbühlstrasse, von der aus man nicht in die Limmattalstrasse wird gelangen können, den Umweg über das Frankental zu ersparen, wird die Wieslergasse ab 23. Juli im Gegenverkehr freigegeben. Hinweisschilder an der Frankentalerstrasse sollen verhindern, dass diese Route als Schleichweg benutzt wird. Auf besorgte Fragen aus dem Publikum versicherte Jürg Büchler von der Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich, dass man auf entsprechende Meldungen schnell reagieren werde, gab aber auch offen zu, dass man Umleitungen nur signalisieren könne – ob sie dann von den Verkehrsteilnehmern auch angenommen würden, darauf habe man nur beschränkten Einfluss.

Umleitungen des öffentlichen Verkehrs

Abgesehen von den Buslinien 38 und 46 werden alle anderen Tram- und Buslinien betroffen sein. Die Buslinie 80 wird vom 16. Juli bis zum 19. August in beiden Richtungen über das Frankental, die Frankentaler- und Regensdorferstrasse geführt und alle Haltestellen auf diesem Abschnitt werden in den gewohnten Zeitintervallen bedient. Vor der Post Höngg wird es für die Gelenkbusse eng: Nur durch bauliche Anpassungen und einen Verkehrsdienst wird das Abbiegen in die Gsteigstrasse möglich sein. Die Tramlinie 13 wird vom 28. Juli bis zum 19. August nur zwischen Albisgüetli und Escher-Wyss-Platz verkehren. Ab dort werden Busse via Meierhofplatz zur Endhaltestelle ETH Hönggerberg geführt. Die Linie 89 verkehrt nur zwischen Sihlcity und Bahnhof Altstetten. Dort muss auf die umgeleitete Linie 80 umgestiegen werden.

Einstellung des öffentlichen Verkehrs

Ganz auf den öffentlichen Verkehr auf der Limmattalstrasse muss zwischen Winzerstrasse und Zwielplatz verzichtet werden, was besonders für ältere Anwohnende beschwerlich werden wird. Man habe, so sagte Roger Müller von der VBZ, alle Varianten geprüft, doch da vor dem Zwielplatz selbst für Kleinbusse zu wenig Wenderaum vorhanden sei, habe man keine Lösung gefunden, was man bedaure.

Fragerunde und Umtrunk

Nach diesen Informationen war die Runde für Fragen freigegeben. Und sie kamen zahlreich. Dass die Geleise nach nur 15 Jahren bereits wieder ersetzt werden müssen, wurde grundsätzlich in Frage gestellt. Mehrverkehr mit schwereren Fahrzeugen und dadurch schnellerer Abnutzung der Geleise reichten nicht allen als Begründung, ist aber offenbar Tatsache. Probleme wie Hauszufahrten und Müllentsorgung werden die Verantwortlichen individuell mit den Betroffenen zu lösen versuchen – auch hier wurde ein pragmatisches Vorgehen zugesichert. Und mit Schutz und Rettung Zürich habe man die Zufahrtsrouten für Rettungsfahrzeuge entsprechend abgesprochen. Eine weitere Frage betraf die mangelnde Kapazität der Kanalisation im Baustellenbereich. Wie sich bei jedem grösseren Sommergewitter zeigt, vermag sie die Niederschläge nicht zu fassen. Keller und die Tiefgarage des Hönggermarktes werden regelmässig überschwemmt. Dafür kommt keine Versicherung auf, die Kosten bleiben an den Hausbesitzern hängen. Doch jetzt, bei der Sanierung, wird an den Hauptleitungen der Kanalisation nichts geändert. Das Problem, so hofft man, wird sich dann erledigen, wenn frühestens nächstes Jahr der Abschnitt Zwielplatz bis Winzerstrasse saniert und dort der Durchmesser der Kanalisation vergrössert wird – der Abfluss vom Meierhof her soll so zumindest unterirdisch beschleunigt werden. Nicht ein einziges Mal tauchte die Frage nach finanzieller Entschädigung für die Geschäfte auf. Wahrscheinlich, weil alle die Antwort bereits kennen: Es besteht schlicht kein rechtlicher Anspruch. Später als erwartet – wie dies bei Fragerunden in Höngg meistens der Fall ist – wurde zum Apéro übergegangen, wo die Fachleute noch weitere, individuelle Fragen beantworteten. Was deutlich zu spüren war: Seitens der Verantwortlichen ist man bemüht, für alles eine Lösung zu finden. Doch an einer Tatsache kann niemand etwas ändern: Eine Baustelle bleibt eine Baustelle. Sie bringt selbst bei der besten Planung Einschränkungen, Lärm und Schmutz mit sich. Aber sie ist spätestens Mitte September Geschichte. Für die nächsten 15 bis 20 Jahre.

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